Online-Nachricht - Donnerstag, 13.03.2025

Einkommensteuer | u.a. Verfas­sungs­mäßig­keit des § 15b Abs. 1 EStG (BFH)

Die Verlustaus­gleichs- und -abzugs­beschrän­kung nach § 15b EStG verstößt auch im Fall sog. defini­tiver Verluste nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Handelt es sich bei dem Steuer­stundungs­modell um eine Per­sonen­gesell­schaft, erfasst § 15b Abs. 1 EStG auf der Rechts­folgen­seite auch den Sonder­betriebs­verlust des Mi­tunter­nehmers (BFH, Urteil v. 21.11.2024 - IV R 6/22; veröf­fent­licht am 13.3.2025).

Hintergrund: Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammen­hang mit einem Steuer­stundungs­modell weder mit Einkünften aus Gewerbe­betrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunfts­arten ausge­glichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abge­zogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuer­pflichtige in den folgenden Wirt­schafts­jahren aus derselben Einkunfts­quelle erzielt (§ 15b Abs. 1 Satz 2 EStG). Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn auf Grund einer modell­haften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen, § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG.

Sachverhalt: Der Kläger beteiligte sich als Komman­ditist an einer im Jahr 2005 gegründeten GmbH & Co. KG, die ein Werk zur Herstellung von Biodiesel aus Raps errichtete und betrieb. Im Anleger­prospekt des geschlossenen Fonds wurden den potentiellen Anlegern für die Anfangsjahre 2005 bis 2007 kumulierte steuerliche Verluste in Höhe von 3,973 Mio. € prognos­tiziert. Gewinne sollten ab 2008 anfallen. Bis 2020 sollten die Anleger einen Total­überschuss von rund 155 % erwirt­schaften. Tatsächlich wurde jedoch im Jahr 2009 das Insolvenz­verfahren über das Vermögen der Gesell­schaft eröffnet und ihr Betrieb aufge­geben.

Das Finanzamt stufte die Gesellschaft als Steuer­stundungs­modell ein und behandelte die Verluste der Komman­ditisten als nur mit zukünf­tigen Gewinnen verrechen­bar (und nicht als sofort ausgleichs- und abzugs­fähig). Die gegen den Fest­stellungs­bescheid für 2009 gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (FG Mecklen­burg-Vor­pommern, Urteil v. 25.1.2022 - 3 K 348/17).

Die Richter des BFH wiesen die Revision des Klägers zurück:

  • Der Kläger hat sich an einem Steuer­stundungs­modell i.S. des § 15b EStG beteiligt. Die Annahme eines solchen Modells setzt nicht voraus, dass sich eine Investition im Einzelfall als betriebs­wirt­schaft­lich nicht oder wenig sinnvoll darstellt.

  • Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass auch der Sonder­betriebs­verlust des Klägers - und damit dessen Sonder­betriebs­ausgaben - von der Verlust­ausgleichs­beschränkung des § 15b Abs. 1 EStG erfasst werden.

  • Der Anwendung des § 15b EStG steht nicht entgegen, dass die im Streitjahr 2009 nicht ausgleichsfähigen Verluste aufgrund der Insolvenz der Gesellschaft und der Betriebs­aufgabe nicht mehr mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunfts­quelle verrechnet werden können.

  • Die Verlustausgleichs- und -abzugs­beschrän­kung erweist sich auch im Fall solcher definitiven Verluste als verfas­sungs­gemäß.

  • Zwar liegt im Streitfall eine Ungleich­behand­lung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG darin, dass bei einer Personen­gesell­schaft, deren Unter­nehmens­gegen­stand im Betrieb eines Steuer­stundungs­modells liegt (vgl. § 15b Abs. 4 Satz 4 EStG), Verluste selbst in Definitiv­situa­tionen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden dürfen, wohingegen bei Personen­gesell­schaften (beziehungs­weise ihren Gesell­schaftern), die nicht im Zusammen­hang mit einem Steuer­stundungs­modell stehende Verluste erzielen, ein Verlust­ausgleich und -abzug regel­mäßig eröffnet ist.

  • Diese Ungleichbehandlung ist aber gerecht­fertigt. Ein hin­reichender sachlicher Grund für die Ungleich­behand­lung liegt in den mit § 15b EStG verfolgten Lenkungs­zwecken sowie der beabsichtigten Missb­rauchs­vermeidung (ebenso FG Hamburg, Urteil v. 20.2.2020 - 2 K 293/15, rechts­kräftig, Rz 27; Brandis/Heuermann/Hohmann, § 15b EStG Rz 53; vgl. auch KKB/Beck, § 15b EStG, 7. Aufl., Rz 73; dazu unter aa).

Quelle: BFH, Urteil v. 21.11.2024 - IV R 6/22; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von ehem. Richter im IV. Senat des BFH Walter Bode gelangen Sie hier (Login erforderlich).