Online-Nachricht - Donnerstag, 20.03.2025

Verfahrensrecht | Inan­spruch­nahme des Trägers eines wirt­schaft­lichen Geschäfts­betriebs für Kapital­ertrag­steuer (BFH)

Ein wirtschaft­licher Geschäfts­betrieb ist "Dritter" im Sinne des § 171 Abs. 15 AO. Die Fiktion in § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG ist auch bei der Anwen­dung von § 171 Abs. 15 AO zu beach­ten mit der Maß­gabe, dass der fik­tive Gläu­biger der Kapital­erträge, die Träger­körper­schaft, zu­gleich als Steuer­schuldner (Schuldner der Kapital­ertrag­steuer) und der fik­tive Schuld­ner der Kapital­erträge, der wirt­schaft­liche Geschäfts­betrieb, zu­gleich als Steuer­ent­rich­tungs­pflich­tiger im Sinne der Vor­schrift gelten (BFH, Urteil v. 11.12.2024 - VIII R 24/23; veröf­fent­licht am 20.3.2025).

Hintergrund: Soweit ein Dritter Steuern für Rech­nung des Steuer­schuldners einzu­behalten und abzu­führen oder für Rechnung des Steuer­schuldners zu entrich­ten hat, endet die Fest­setzungs­frist gegen­über dem Steuer­schuldner nicht vor Ablauf der gegen­über dem Steuer­entrich­tungs­pflich­tigen geltenden Fest­setzungs­frist, § 171 Abs. 15 AO. Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage ange­fochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechts­behelf unan­fechtbar ent­schieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechts­behelf erst nach Ablauf der Fest­setzungs­frist eingelegt wird, § 171 Abs. 3a Satz 1 AO.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten u.a. um die Frage, ob die Festsetzungsfrist für einen Kapitalertragsteueranspruch gemäß § 171 Abs. 3a AO erst mit Ergehen der gericht­lichen Ent­scheidung zu dem für einen Haftungsbescheid zum Kapitalertragsteueranspruch geführten finanz­gericht­lichen Verfahren endet, wenn über dieses Verfahren im Zeitpunkt des Erlasses eines Nachforderungsbescheids für diesen Kapital­ertrag­steuer­anspruch und gleich­zeitiger Aufhebung des Haftungs­bescheids noch nicht unan­fechtbar entschieden worden ist.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Ein wirtschaftlicher Geschäfts­betrieb ist "Dritter" im Sinne des § 171 Abs. 15 AO.

  • Die Fiktion in § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG ist auch bei der Anwendung von § 171 Abs. 15 AO zu beachten mit der Maßgabe, dass der fiktive Gläubiger der Kapital­erträge, die Trägerkörperschaft, zugleich als Steuerschuldner (Schuldner der Kapital­ertrag­steuer) und der fiktive Schuldner der Kapital­erträge, der wirt­schaft­liche Geschäfts­betrieb, zugleich als Steuer­entrich­tungs­pflich­tiger im Sinne der Vorschrift gelten.

  • Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO ist sachlich auf den im ange­fochtenen Bescheid fest­gesetzten Anspruch und persönlich auf die Person des Anfech­tenden beschränkt (Anschluss an BFH, Urteil v. 6.6.2019 - IV R 34/16, BFH/NV 2019, 1078, Rz 40).

  • Die Fiktion des § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG ist auch bei der Anwendung von § 171 Abs. 3a AO zu beachten mit der Maßgabe, dass zwischen der Träger­körper­schaft als Schuldner der Kapitalertragsteuer und dem wirtschaft­lichen Geschäfts­betrieb als fiktivem Steuer­entrich­tungs­pflich­tigen Personen­ver­schiedenh­eit anzu­nehmen ist.

Quelle: BFH, Urteil v. 11.12.2024 - VIII R 24/23; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VIII. Senat des BFH Dr. Christian Levedag gelangen Sie hier (Login erforder­lich).