Online-Nachricht - Donnerstag, 03.04.2025
Umwandlungssteuer | Formwechsel als Veräußerung im Sinne der Regelung über den Einbringungsgewinn II (BFH)
Eine Veräußerung, die zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006) führt, liegt auch dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Rahmen eines qualifizierten Anteilstausches in eine andere Kapitalgesellschaft eingebracht worden sind, innerhalb von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt in eine Personengesellschaft formgewechselt wird (BFH, Urteil v. 27.11.2024 - X R 26/22; veröffentlicht am 3.4.2025).
Hintergrund: Soweit im Rahmen einer Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG 2006) oder eines Anteilstausches (§ 21 Abs. 1 UmwStG 2006) unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert werden und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, ist der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern (Einbringungsgewinn II gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der zwei beigeladene natürliche Personen als Kommanditisten mit 90 % bzw. 10 % beteiligt waren. Die Beigeladenen waren außerdem zu jeweils 98 % bzw. zu jeweils 2 % an der XA-GmbH sowie an der X-GmbH beteiligt. Zwischen der Klägerin als Besitzgesellschaft und der XA-GmbH als Betriebsgesellschaft bestand eine Betriebsaufspaltung. Die von den Beigeladenen an beiden GmbHs gehaltenen Anteile gehörten zu deren Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin.
Im Zuge einer Kapitalerhöhung bei der X-GmbH übernahmen die Beigeladenen die neuen Anteile verhältniswahrend und brachten zur Anrechnung hierauf ihre jeweiligen Anteile an der XA-GmbH ein (Anteilstausch). Damit wurde die X-GmbH Alleingesellschafterin der XA-GmbH. In einer notariellen Urkunde vom selben Tag über eine Gesellschafterversammlung der XA-GmbH heißt es demgegenüber, Gesellschafter der XA-GmbH seien die X-GmbH zu 98 % und die XA-Verwaltungs-GmbH zu 2 %. Feststellungen zu der Frage, durch welchen Vorgang zwischenzeitlich ein 2 % Anteil an der XA-GmbH auf die XA-Verwaltungs-GmbH übertragen wurden, hat das FG nicht getroffen. Taggleich ist die XA-GmbH in die XA-GmbH & Co. KG – steuerlich zu Buchwerten – formgewechselt worden. Kommanditistin mit einer Beteiligung von 100 % am Kapital wurde die X-GmbH. Die XA-Verwaltungs-GmbH, die nach den Feststellungen des FG zuvor mit 2 % an der XA-GmbH beteiligt war, wurde Komplementärin ohne Kapitaleinlage.
Das Finanzamt vertrat nach einer Betriebsprüfung die Auffassung, dass der heterogene Formwechsel der XA-GmbH die durch den vorangegangenen Anteilstausch ausgelöste Sperrfrist nach § 22 UmwStG verletze. Im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung für die Klägerin erfasste das Finanzamt einen Einbringungsgewinn II.
Die hiergegen erhobene Klage wies das FG als unbegründet zurück (FG Münster, Urteil v. 30.12.2021 - 4 K 1512/15 F (EFG 2022, 538), s. hierzu Jordan, NWB 3/2023 Seite 191).
Die Richter des BFH hoben das FG-Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück:
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Eine Veräußerung, die zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006) führt, liegt auch dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Rahmen eines qualifizierten Anteilstausches in eine andere Kapitalgesellschaft eingebracht worden sind, innerhalb von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt in eine Personengesellschaft formgewechselt wird.
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Jedenfalls dann, wenn die eingebrachten Anteile durch den Formwechsel nicht wieder in denjenigen ertragsteuerlichen Status zurückfallen, den sie vor der Einbringung hatten, ist weder eine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 vorzunehmen noch ist die Besteuerung eines Einbringungsgewinns II unbillig im Sinne des § 163 AO.
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Die EU-Fusionsrichtlinie (RL 2009/133/EG) ist auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht anwendbar, wenn der nationale Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, innerstaatliche und grenzüberschreitende Fälle nicht gleich zu behandeln. Dies ist hinsichtlich der deutschen Regelung über den Anteilstausch (§ 21 UmwStG 2006) der Fall.
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Das FG hat zwar zu Recht erkannt, dass durch den Formwechsel ein dem Grunde nach steuerpflichtiger Einbringungsgewinn II entstanden ist. Allerdings ist bisher offen, ob auch die Teilanteilsübertragung, die schon vor dem Formwechsel stattgefunden haben muss, den Tatbestand des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 verwirklicht hatte.
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Aus den vorliegenden notariellen Urkunden ergeben sich nämlich widersprüchliche Angaben hinsichtlich der Gesellschafter der XA-GmbH. Das FG hat Feststellungen darüber zu treffen, ob die Gesellschafter der XA-GmbH zu 98 % die X-GmbH und zu 2 % die XA-Verwaltungs-GmbH sind. In diesem Fall hätte die X-GmbH zwischenzeitlich einen 2 % Anteil an der XA-GmbH auf die XA-Verwaltungs-GmbH übertragen haben müssen.
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Sollte es sich bei dieser Anteilsübertragung um eine "Veräußerung" im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006, oder um einen der in § 22 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 bis 5 UmwStG 2006 a.F. genannten Vorgänge, gehandelt haben, wäre schon dadurch - und nicht erst durch den nachfolgenden Formwechsel - in Bezug auf den 2 % Anteil ein Einbringungsgewinn II realisiert worden. Andernfalls wären die festgestellten Einbringungsgewinne II jeweils um 2 % zu kürzen.
Quelle: BFH, Urteil v. 27.11.2024 - X R 26/22; NWB Datenbank (lb)
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