Online-Nachricht - Donnerstag, 10.04.2025
Stromsteuer | Steuerbefreiung für Strom zur Stromerzeugung und für Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, entnommen worden ist (BFH)
Die Entnahme von Strom im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StromStG erfolgt nicht ausschließlich durch die Person, die "den Schalter umlegt", sondern kann auch Personen zugerechnet werden, die aufgrund einer besonderen Einwirkungsmöglichkeit auf eine andere Person und die stromverbrauchenden Anlagen die tatsächliche Sachherrschaft über diese ausüben (BFH, Urteil v. 15.10.2024 - VII R 31/21; veröffentlicht am 10.4.2025).
Hintergrund: Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StromStG entsteht die Stromsteuer dadurch, dass der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnimmt.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG ist Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird, von der Steuer befreit. Zur Stromerzeugung entnommen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG wird nach § 12 Abs. 1 StromStV Strom, der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung (Nr. 1) oder der in Pumpspeicherkraftwerken von den Pumpen zum Fördern der Speichermedien (Nr. 2) zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird.
Sachverhalt: Streitig ist, ob es sich bei den Stromentnahmen für die Entladekräne, die Kohleförderbänder, das Kohlekreislager, die Tagesbunker, die Bearbeitung von Kohle, die Anlieferung und Lagerung von Kreide, der Lagerung von Ammoniakwasser und der Aufbereitung des Abwassers um Verbräuche handelt, die in einem engen Zusammenhang mit der Stromerzeugung im eigentlichen Sinne stehen und damit gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG, 12 Abs. 1 StromStV zu privilegieren sind (Vorinstanz: FG Hamburg, Urteil v. 21.9.2021 - 4 K 19/20).
Die Richter des BFH urteilten wie folgt:
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Die Entnahme von Strom im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StromStG erfolgt nicht ausschließlich durch die Person, die "den Schalter umlegt", sondern kann auch Personen zugerechnet werden, die aufgrund einer besonderen Einwirkungsmöglichkeit auf eine andere Person und die stromverbrauchenden Anlagen die tatsächliche Sachherrschaft über diese ausüben. Maßgeblich sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls.
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Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates v. 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union 2003, Nr. L 283, 51) - EnergieStRL -, wonach elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Steuer zu befreien ist, ist bislang nicht in nationales Recht umgesetzt worden. Allerdings ist diese Vorschrift inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, sodass sich der Einzelne unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL berufen kann.
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In Übereinstimmung mit der EuGH-Entscheidung RWE Power v. 9.3.2023 - C 571/21, EU:C:2023:186, Rz 45 ff. ist laut dem Senat die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG nur für solchen Strom zu gewähren, der zur eigentlichen Stromerzeugung entnommen wird, und der Stromerzeugung vor- und nachgelagerte Vorgänge unter den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL privilegiert sind. Demnach sind bestimmte Vorgänge in einem Kraftwerk, die der eigentlichen Stromerzeugung vor- oder nachgelagert sind, von der Stromsteuer befreit, wenn sie der Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, dienen.
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Ausgehend von diesen rechtlichen Grundlagen hat das FG zu Recht entschieden, dass die für den Betrieb der Förderbänder zu den Kohlekreislagern und weg von den Kohlekreislagern sowie für den Betrieb der Kohlekreislager entnommene Menge elektrischen Stroms gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL von der Stromsteuer befreit ist. Demgegenüber sind die für den Betrieb der Aschesilos und den Betrieb des Gipskreislagers entnommenen Strommengen nicht von der Stromsteuer befreit.
Quelle: BFH, Urteil v. 15.10.2024 - VII R 31/21; NWB Datenbank (lb)
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