Online-Nachricht - Donnerstag, 08.05.2025
Umsatzsteuer | Verwaltung "unselbständiger Stiftungen" (BFH)
Für eine steuerbare Verwaltungsleistung reicht es aus, dass diese sich auf ein Sondervermögen bezieht, ohne dass es für die Bejahung eines verbrauchsfähigen Vorteils beim Leistungsempfänger darauf ankommt, ob dieser entgeltlich eigene Vermögensinteressen oder die Vermögensinteressen Dritter – wie etwa gemeinnützige Interessen – verfolgt (BFH, Urteil v. 5.12.2024 - V R 13/22; veröffentlicht am 8.5.2025).
Hintergrund: Zivilrechtlich unterscheidet sich eine nichtselbständige Stiftung dadurch von einer rechtsfähigen Stiftung, dass erstere keine juristische Person ist, sondern es sich um die Zuwendung von Vermögen durch einen Stifter an einen rechtsfähigen Stiftungsträger mit der Maßgabe, das übertragene Vermögen wirtschaftlich getrennt von seinem Eigenvermögen als Sondervermögen zu verwalten und dauerhaft zur Verfolgung von Zwecken zu nutzen, die der Stifter festgelegt hat, handelt. Der Stiftungsträger wird so zivilrechtlich Eigentümer des ihm zugewandten Vermögens. Die Errichtung beruht entweder, wie im vorliegenden Streitfall, auf einer Schenkung unter Auflagen oder auf einem Geschäftsbesorgungsvertrag.
Sachverhalt: Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Er unterstützte, beriet und verwaltete als Treuhänder u.a. Vermögen gesondert von seinem übrigen Vermögen. Nach seiner Satzung förderte er gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. AO durch Werbung und Mittelbeschaffung für seine Mitglieder und für die "Stiftungsvermögen" gemäß § 57 Abs. 2, § 58 Nr. 1 und 2 AO; daneben verfolgte er seine gemeinnützigen Zwecke auch selbst oder durch Hilfspersonen.
Mit den Stiftern der "Stiftungsvermögen" schloss der Kläger als "Treuhandvertrag" oder "Schenkungen mit Auflage" bezeichnete Verträge. Die Verträge wurden durch "Satzungen" ergänzt, die von dem Kläger und dem jeweiligen Stifter erstellt wurden und den Verträgen als Anlagen beigefügt waren.
Eines dieser von dem Kläger in den Streitjahren verwalteten "Stiftungsvermögen" war die Stiftung W. Mit deren Stifter schloss der Kläger im Februar 2016 neben der Satzung einen "Treuhandvertrag zur Begründung einer rechtlich nicht selbständigen Stiftung im Wege der Schenkung unter Auflage". Der Kläger erhielt nach den Vereinbarungen in diesem Treuhandvertrag und der beiliegenden Satzung als Treuhänder Vermögen, das er gesondert von seinem übrigen Vermögen nach Maßgabe der vom Stifter vorgegebenen gemeinnützigen Zwecke verwalten sollte. Der Treuhandvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von Seiten des Klägers und des "Stiftungsvorstands" ordentlich zum Jahresende gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung hatte der Kläger das "Stiftungsvermögen" nach Weisung des "Stiftungsvorstands" auf den von diesem bestimmten neuen Treuhänder zu übertragen. Bei Auflösung oder Aufhebung der "Stiftung W" oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke sollte das "Stiftungsvermögen" mit der Maßgabe an den Kläger fallen, das Vermögen der von ihm verwalteten "Stiftung H" zukommen zu lassen.
Für seine gemeinnützigen Aufgaben und für alle Leistungen, die bei der Verwaltung des "Stiftungsvermögens" anfielen, erhielt der Kläger laut Treuhandvertrag jährlich auf Grundlage seiner Beitragsordnung einen nach der Höhe des "Stiftungsvermögens" gestaffelten "Stiftungsbeitrag". Damit abgegolten waren nach dem Leistungsverzeichnis des Klägers insbesondere Verwaltungs- und Beratungsleistungen.
Soweit der Kläger im Verwaltungsverfahren Verträge und Satzungen der übrigen siebzehn vom Kläger in den Streitjahren verwalteten "Stiftungsvermögen" einreichte, enthielten diese teilweise keine Regelung zur ordentlichen Kündigung des Treuhandvertrages oder statt dieser Regelung einen Vorbehalt, die Schenkung künftig überlassener Gelder nach einer gesondert zu treffenden schriftlichen Vereinbarung widerrufen zu können.
Der Kläger richtete "Stiftungsvermögen" teilweise auch zusammen mit anderen Stiftern ein (sog. "T Stiftungen"). Daneben ermöglichte der Kläger einzelnen Menschen, Gemeinschaften und Einrichtungen, gemeinnützige Zwecke über eine "Dachstiftung" durch Schenkungen unter Auflage (Stiftungsfonds) und im Wege von Zustiftungen zu verwirklichen. Der Kläger entnahm dem für die "T Stiftungen" und die "Dachstiftung" gebildeten Vermögen vertrags- und satzungsgemäß für die von ihm als Treuhänder erbrachten Verwaltungs- und Beratungsleistungen "Stiftungsbeiträge". Weiter vermietete der Kläger den "T Stiftungen" Räume unter und erstattete sich aus den "Stiftungsvermögen" der "T Stiftungen" Sachkosten und auf Grundlage von Vorstandsbeschlüssen Personalkosten.
Das Finanzamt nahm sowohl hinsichtlich der Personalüberlassung gegen Entgelt als auch hinsichtlich der Beiträge für die Verwaltung des Stiftungsvermögens einen umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und den "unselbständigen Stiftungen" an.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts seien die "unselbständigen Stiftungen" keine umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempfänger, da sie selbst keine Rechtsbeziehungen eingehen und auch keine zivilrechtlichen Rechte und Pflichten zugunsten oder zulasten des treuhänderisch gebundenen Vermögens begründen könnten (FG Münster, Urteil v. 5.5.2022 - 5 K 1753/20 U, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 4.7.2022).
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück:
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Das FG hat zu Unrecht Leistungen an die Stifter verneint.
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Für eine steuerbare Verwaltungsleistung reicht es aus, dass diese sich auf ein Sondervermögen bezieht, ohne dass es für die Bejahung eines verbrauchsfähigen Vorteils beim Leistungsempfänger darauf ankommt, ob dieser entgeltlich eigene Vermögensinteressen oder die Vermögensinteressen Dritter - wie etwa gemeinnützige Interessen - verfolgt.
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Im Hinblick auf die "Stiftung W" kann der Senat unter Berücksichtigung der vom FG in Bezug genommenen Verträge entscheiden und bejahen, dass steuerbare, und mangels Befreiungsvorschrift steuerpflichtig an einen Stifter erbrachte Leistungen vorliegen.
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Da aber das FG nicht alle Verträge über die Errichtung der weiteren siebzehn "Stiftungsvermögen" in Bezug genommen hat und diese möglicherweise auch nicht vollständig dem FG vorlagen, ist für den Senat nicht nachprüfbar, ob - über die "Stiftung W" hinaus - auch in Bezug auf die anderen vom Kläger verwalteten "Stiftungsvermögen" steuerpflichtige, gegenüber dem jeweiligen Stifter erbrachte Leistungen vorliegen.
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Die insoweit erforderlichen Prüfungen sind nach Maßgabe der vorstehenden Beurteilung in einem zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Quelle: BFH, Urteil v. 5.12.2024 - V R 13/22; NWB Datenbank (il)
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