Online-Nachricht - Donnerstag, 22.05.2025

Körperschaftsteuer | Voraus­setzun­gen für die Bildung und Fest­stel­lung eines Sonder­aus­weises gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG (BFH)

Sonstige Rück­lagen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sind alle Rück­lagen, die nicht im steuerlichen Einlage­konto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erfasst sind. Eine vom Sonder­ausweis auszu­nehmende "Einlage der Anteils­eigner" setzt nicht voraus, dass sie im steuer­lichen Einlage­konto erfasst ist (BFH, Urteil v. 25.2.2025 - VIII R 41/23; veröf­fent­licht am 22.5.2025).

Hintergrund: Wird das Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen erhöht, so gilt der positive Bestand des steuer­lichen Einlage­kontos als vor den sonstigen Rücklagen umgewandelt. Maßgeblich ist dabei der sich vor Anwendung des Satzes 1 ergebende Bestand des steuerlichen Einlage­kontos zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Rücklagenumwandlung. Enthält das Nenn­kapital auch Beträge, die ihm durch Umwand­lung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden sind, so sind diese Teile des Nenn­kapitals getrennt auszu­weisen und gesondert festzu­stellen (Sonder­ausweis).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH. Sie verwaltet eigenes Vermögen, auch durch Beteiligung an anderen Unternehmen.

Im Jahr 2009 leisteten die Anteilseigner der Klägerin eine Einlage von 10 Mio. €. Die Klägerin gab die Einlage in ihrer Erklärung zur gesonderten Fest­stellung von Besteue­rungs­grund­lagen gemäß § 27 Abs. 2 Satz 4 KStG nicht an. Das steuer­liche Einlage­konto der Klägerin wurde deshalb zum 31.12.2009 - erklärungsgemäß - in Höhe von 0 € festgestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Sämtliche hiergegen einge­legten Rechts­mittel hatten keinen Erfolg. Auch ein auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützter Änderungsantrag der Klägerin war erfolglos.

Im Jahr 2009 leisteten die Anteilseigner der Klägerin eine Einlage von 10 Mio. €. Die Klägerin gab die Einlage in ihrer Erklärung zur gesonderten Fest­stellung von Besteue­rungs­grund­lagen gemäß § 27 Abs. 2 Satz 4 KStG nicht an. Das steuer­liche Einlage­konto der Klägerin wurde deshalb zum 31.12.2009 - erklärungs­gemäß - in Höhe von 0 € festgestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Sämtliche hiergegen eingelegten Rechtsmittel hatten keinen Erfolg. Auch ein auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützter Änderungsantrag der Klägerin war erfolglos.

Ein Einspruch gegen den Bescheid über die geson­derte Fest­stellung nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2011 mit dem Antrag, das steuer­liche Einlagekonto in Höhe von 10 Mio. € festzu­stellen, wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Im Bescheid zum 31.12.2016 über die gesonderte Fest­stellung von Besteue­rungs­grund­lagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 13.4.2018 stellte das Finanzamt das steuer­liche Einlagekonto und das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital auf jeweils 0 € fest. In der Bilanz der Klägerin auf den 31.12.2016 sind ein gezeichnetes Kapital in Höhe von 25.000 € und eine Kapitalrücklage in Höhe von 10 Mio. € ausgewiesen.

Am 17.7.2017 beschloss die Gesell­schafter­versamm­lung der Klägerin eine Kapital­erhöhung aus Gesell­schafts­mitteln. Das Stammkapital erhöhte sich durch Umwandlung der Kapitalrücklage von 25.000 € auf 10.025.000 €.

Am 4.9.2018 setzte die Gesell­schafter­versamm­lung der Klägerin das Stammkapital wieder um 10 Mio. € auf 25.000 € herab. Der Herab­setzungs­betrag wurde vom Stammkapital in die Kapitalrücklage umgebucht.

In ihrer Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteue­rungs­grund­lagen zum 31.12.2017 nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 14.9.2018 erklärte die Klägerin den Endbestand des steuerlichen Einlagekontos mit 10 Mio. €.

Das FA wich von den erklärten Angaben ab und stellte das steuerliche Einlage­konto im Bescheid zum 31.12.2017 über die gesonderte Fest­stellung von Besteue­rungs­grund­lagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG in Höhe von 0 € fest. Außerdem stellte es einen Sonder­ausweis in Höhe von 10 Mio. € aufgrund einer Kapital­erhöhung aus sonstigen Rücklagen fest. Der Feststellungsbescheid erging am 4.12.2018. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Nach Auffas­sung der Richter sei der Begriff der Einlage in § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG nicht materiell auszulegen. "Vergessene" Einlagen könnten im Rahmen einer Kapital­erhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach der Systematik der §§ 2728 KStG vom Sonder­ausweis nicht ausge­nommen werden (FG München, Urteil v. 24.10.2023 - 6 K 2838/20).

Die hiergegen gerichtete Revision hatte vor dem BFH Erfolg:

  • Sonstige Rücklagen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sind alle Rücklagen, die nicht im steuer­lichen Einlage­konto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erfasst sind. Darunter fallen nicht nur Gewinn-, sondern auch Kapital­rücklagen (vgl. Bauschatz in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 28 Rz 32). Der Begriff der sonstigen Rücklagen bildet mithin die Summe aller Rücklagen, die nicht im steuer­lichen Einlage­konto erfasst sind (Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 28 Rz 33; Bauschatz in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 28 Rz 32).

  • Demgemäß ist das Nennkapital der Klägerin im Streitjahr um 10 Mio. € durch die Umwandlung von sonstigen Rücklagen erhöht worden. Das steuer­liche Einlage­konto wurde nicht verwendet. Sein festgestellter Bestand zum 31.12.2016 betrug 0 €; eine unterjährige Erhöhung durch Einlagen hat im Streitjahr unstreitig nicht stattgefunden.

  • Eine nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom Sonderausweis auszu­nehmende "Einlage der Anteilseigner" setzt nicht voraus, dass sie im steuer­lichen Einlage­konto erfasst ist.

  • Es ist umstritten, ob das Tatbestandsmerkmal "aus Einlagen der Anteilseigner" im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG materiell-recht­lich verstanden werden kann. Nach der wohl überwiegender im Schrifttum vertretenen Auffassung ist der Ausdruck im Kontext so zu verstehen, dass er trotz abweichender Formulierung - abschließend auf den Bestand des steuerlichen Einlagekontos verweist. Dies schließt die Berücksichtigung "vergessener" Einlagen aus (Brandis/Heuermann/Oellerich, § 28 KStG Rz 15; Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock D/P/M , Die Körperschaftsteuer, § 28 KStG Rz 41; Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 28 Rz 37a; HHR/Berninghaus, § 28 KStG Rz 20; Endert in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG§ 28 KStG Rz 21; Kümpel in Bott/Walter, KStG, § 28 Rz 44).

  • Nach der Gegenansicht muss der Wortlaut der Vorschrift ernstgenommen werden mit der Folge, dass "vergessene" Einlagen vom Sonder­ausweis ausgenommen sind (Streck/Binnewies, KStG, 10. Aufl., § 28 Rz 23; Binnewies, GmbH-Rundschau 2015, 1065, 1069; Ott, Deutsche Steuer-Zeitung 2016, 227, 232; derselbe, Deutsches Steuer­recht 2014, 673, 675).

  • Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Für diese Auffassung streitet der klare Wortlaut der Norm.

  • Weder die Gesetzgebungsgeschichte noch der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG oder binnen­systema­tische Erwägungen gebieten es, das steuerliche Einlagekonto bei der Nenn­kapital­erhöhung aus Gesell­schafts­mitteln ausnahmslos zugrunde zu legen.

  • Auch der Gesichtspunkt der Verwaltungs­verein­fachung spricht nicht gegen die vom Gericht vertretene Auffassung. Zwar kann sich die Berücksichtigung "vergessener" Einlagen für die Gesellschaft als schwierig darstellen. Diese Schwierig­keiten würden vermieden, wenn lediglich auf das steuer­liche Einlage­konto abgestellt würde. Bei einer Kapital­erhöhung aus Gesell­schafts­mitteln verfügt allerdings die Körper­schaft regel­mäßig über die für einen Einlagenachweis erforder­lichen Unterlagen. Zudem liegt die Darlegungs- und Beweislast für eine Einlageleistung bei der Körperschaft. Etwaige praktische Schwierig­keiten sprechen deshalb nicht dagegen, aus (nicht im steuer­lichen Einlage­konto erfassten) Einlagen stammende Kapital­rücklagen vom Sonder­ausweis auszunehmen.

Quelle: BFH, Urteil v. 25.2.2025 - VIII R 41/23; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VIII. Senat des BFH Dr. Christian Levedag gelangen Sie hier (Login erforder­lich).