Online-Nachricht - Donnerstag, 22.05.2025

Verfahrens­recht | Zuständiges Haupt­zoll­amt für Ent­lastungs­anträge des StromStG/EnergieStG nach Ver­schmel­zung (BFH)

Das zuständige Haupt­zollamt für Ent­lastungs­anträge nach den §§ 9a9b und 10 StromStG sowie nach den §§ 54 und 55 des EnergieStG richtet sich grund­sätz­lich nach dem satzungs­mäßigen Sitz des Unter­nehmens. Dabei ist auf die kleinste recht­lich selbstän­dige Einheit abzu­stellen (BFH, Urteil v. 19.12.2024 - VII R 23/22; veröf­fent­licht am 22.5.2025).

Hintergrund: Nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StromStV ist der Erlass, die Erstat­tung oder die Vergütung der Steuer nach § 9a StromStG bei dem für den Antrag­steller zuständigen Haupt­zollamt mit einer Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für innerhalb eines Erlass-, Erstat­tungs- oder Ver­gütungs­abschnitts entnommenen Strom zu beantragen. Der Erlass, die Erstattung oder die Vergütung wird nach § 17a Abs. 1 Satz 3 StromStV nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31.12. des Jahres, das auf das Kalender­jahr folgt, in dem der Strom ent­nommen wurde, beim Haupt­zollamt gestellt wird. Ent­sprechende Tatbestandsvoraussetzungen enthalten § 17b Abs. 1 und § 19 Abs. 1 StromStV hinsicht­lich der Entlastungs­anträge nach §§ 9b und 10 StromStG sowie § 100 Abs. 1 und § 101 Abs. 1 EnergieStV für die Anträge auf Steuer­entlastung nach §§ 54 und 55 EnergieStG.

Geht die örtliche Zu­ständig­keit durch eine Verän­derung der sie begrün­denden Umstände von einer Finanz­behörde auf eine andere Finanz­behörde über, so tritt der Wechsel der Zuständig­keit in dem Zeitpunkt ein, in dem eine der beiden Finanz­behörden hiervon erfährt, § 26 Satz 1 AO.

Sachverhalt: Die Klägerin, die Strom und Energie­erzeug­nisse verwendet und bereits drei Betriebs­stätten an ver­schiedenen Standorten hatte, bean­tragte im Streitjahr 2018 auch für eine vierte Betriebs­stätte, deren Rechts­nach­folgerin sie im Jahr 2019 durch Ver­schmelzung wurde, Steuer­ent­lastungen nach dem StromStG sowie dem EnergieStG. Anders als bei den anderen drei Betriebs­stätten stellte sie die Steuer­entlas­tungs­anträge für ihre neue Betriebs­stätte Ende 2019 jedoch nicht beim HZA an ihrem satzungsm­äßigen Sitz, sondern bei dem bislang für diese - im Jahr 2018 noch selbständige - Betriebs­stätte zuständigen HZA. Letzteres hielt sich nach Vorprüfung der Anträge für unzu­ständig und übermittelte die Anträge an das HZA des satzungs­mäßigen Sitzes der Klägerin, dem die Anträge erst im Februar 2020 und damit nach Ablauf der Festsetzungsverjährung zugingen. Es versagte daher die Steuer­entlastung für die vierte Betriebs­stätte. Einspruch und Klage in erster Instanz hatten keinen Erfolg (FG Berlin-Branden­burg, Urteil v. 18.5.2022 - 1 K 1149/20).

Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin zurück:

  • Das zuständige Hauptzollamt für Entlastungs­anträge nach den §§ 9a9b und 10 StromStG sowie nach den §§ 54 und 55 des EnergieStG richtet sich grundsätzlich nach dem satzungsmäßigen Sitz des Unter­nehmens. Dabei ist auf die kleinste recht­lich selbständige Einheit abzu­stellen.

  • § 26 AO setzt voraus, dass die bisher zuständige Finanz­behörde mit der Bearbeitung des konkreten Verwal­tungs­verfahrens bereits begonnen hat. Die Prüfung der örtlichen Zuständig­keit stellt kein solches Tätig­werden dar.

  • Die nach deutschem Recht bestehende Verpflichtung, strom- und energie­steuer­recht­liche Ent­lastung­santräge bei der zuständigen Behörde zu stellen, verletzt nicht den unions­recht­lichen Verhältnis­mäßig­keits­grundsatz.

  • Die Versagung einer Steuerentlastung verletzt nicht den unions­recht­lichen Ver­hältnis­mäßig­keits­grundsatz, wenn mit dem Ablauf der Antrags­frist zugleich Fest­setzungs­verjährung eintritt.

Quelle: BFH, Urteil v. 19.12.2024 - VII R 23/22; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VII. Senat des BFH Dr. Fabian Schmitz-Herscheidt gelangen Sie hier (Login erforder­lich).