Online-Nachricht - Donnerstag, 12.06.2025
Verfahrensrecht | Statthafte Klageart und Klagefrist für einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO (BFH)
Statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung des gegen eine Finanzbehörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO ist die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO (Anschluss an BVerwG, Urteil v. 30.11.2022 - 6 C 10.21, Rz 14). Die unionsrechtlichen Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität gebieten es nicht, eine Verpflichtungsklage, die einen Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO zum Gegenstand hat, losgelöst von der in § 47 Abs. 1 FGO beziehungsweise in § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO geregelten Frist (das heißt "jederzeit") erheben zu können (BFH, Urteil v. 6.5.2025 - IX R 2/23; veröffentlicht am 12.6.2025).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über Ansprüche aus Art. 15 DSGVO: Der Kläger beantragte am 25.9.2019 beim Finanzamt Auskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO und Übersendung entsprechender Kopien gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Daraufhin übersandte das FA Übersichten über Grunddaten, Bescheiddaten und eDaten sowie eine tabellarische Aufstellung der gespeicherten Daten über Vollstreckungs- und Pfändungsversuche. Der Kläger vertrat die Ansicht, dass der Anspruch nach Art. 15 DSGVO hierdurch nicht erfüllt worden sei, und wiederholte sein Begehren. Mit Schreiben v. 04.12.2019 lehnte das FA den Antrag auf Erteilung von Kopien zu Vollstreckungsmaßnahmen ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war dem Schreiben nicht beigefügt.
Mit am 25.2.2021 beim FG eingegangener Klage begehrte der Kläger, das FA zu verurteilen, Auskunft über personenbezogene Daten und Informationen im Sinne von Art 15 Abs. 1 und 3 DSGVO zu geben. Hierbei nahm der Kläger darauf Bezug, dass "eine erste Aufforderung" bereits am 25.9.2019 an das FA erfolgt sei. Aus der DSGVO ergebe sich keine Frist zur Klageerhebung. Der Berechtigte könne seinen Anspruch auf Auskunft jederzeit und wiederholt geltend machen.
Das FG der ersten Instanz wies die Klage als unzulässig ab (FG Nürnberg, Urteil v. 23.11.2022 - 5 K 246/21).
Die Richter des BFH wiesen die Revision zurück:
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Statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung des gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO auf Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten ist die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO.
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Die Verpflichtungsklage ist vorliegend verfristet: Wenn der Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt worden ist, beträgt die Frist für die Erhebung der Verpflichtungsklage nach § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 FGO einen Monat.
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Da gemäß § 32i Abs. 9 Satz 1 AO für Verfahren betreffend die Datenschutz-Grundverordnung ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren nicht gegeben ist, beginnt die Frist mit Bekanntgabe der Ablehnung.
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Ist die gem. § 55 Abs. 1 FGO vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben, ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei, § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO.
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Gemessen daran hat das FG zu Recht die Verfristung der Klage angenommen. Die Klage ist erst am 25.2.2021 und damit außerhalb der Jahresfrist des § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO beim FG eingegangen.
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Soweit der Kläger seine Klage nicht auf den Ablehnungsbescheid v. 4.12.2019 stützt, sondern in der "Verweigerung der Anerkennung der Klage" einen Ablehnungsbescheid erkennen will, fehlt ein vorheriger Auskunftsantrag, sodass die Klage gemäß § 40 Abs. 2 FGO unzulässig ist.
Quelle: BFH, Urteil v. 6.5.2025 - IX R 2/23; NWB Datenbank (il)
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