Online-Nachricht - Donnerstag, 26.06.2025

Einkommensteuer | Durch­führung der Günstiger­prüfung nach § 10a Abs. 2 EStG (BFH)

Der BFH hat zur Reihen­folge der Rechen­schritte von der tarif­lichen zur fest­zu­setzen­den Ein­kommen­steuer im Rahmen der Günstiger­prüfung ent­schie­den (BFH, Urteil v. 9.4.2025 - X R 11/21; veröf­fent­licht am 26.6.2025).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, wie die Günstiger­prüfung gemäß § 10a Abs. 2 EStG zwischen der Berück­sichti­gung der Alters­vorsorge­aufwen­dungen und des Alters­vorsorge­zulagen­anspruchs durch­zuführen ist. Insbe­sondere ist streitig, ob der Abzug der Steuer­ermäßi­gung nach § 35a EStG vor oder nach der Hinzu­rechnung der Alters­vorsorge­zulage auf die tarifliche Einkommensteuer zu erfolgen hat. Das FA vertrat die Auffas­sung, dass nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG im ersten Schritt die Steuer­ermäßigun­gen zu berück­sichtigen seien. Die Klägerin war dagegen der Auffas­sung, dass die vorzu­nehmende Günstiger­prüfung nach § 10a Abs. 2 EStG einen Vergleich der Höhe der Einkommen­steuer-Ersparnis (im Sinne der Differenz zwischen der Einkommen­steuer ohne Abzug der Alters­vorsorge­beträge als Sonder­ausgaben und der Einkommen­steuer mit Abzug der Alters­vorsorge­beträge als Sonder­ausgaben) einerseits und der Höhe der zustehenden Zulage anderer­seits erfordere. Die Steuer­ermäßi­gungen seien erst in einem weiteren Schritt abzuziehen. Das FG der ersten Instanz folgte dieser Auffassung (Schleswig-Holsteini­sches FG, Urteil v. 12.5.2021 - 5 K 18/19; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 3.1.2022).

Die Richter des BFH dagegen hoben das Urteil auf und wiesen die Klage ab:

  • Bei der Günstigerprüfung nach § 10a Abs. 2 Satz 1 EStG ist die Differenz der tariflichen Einkommen­steuer, die sich einerseits ohne und anderer­seits mit Abzug der Beiträge zur zusätz­lichen Alters­vorsorge als Sonder­ausgaben ergäbe, mit dem Zulage­anspruch zu vergleichen.

  • Ist die Differenz zwischen den genannten tarif­lichen Einkommen­steuer­beträgen höher als der Zulage­anspruch, werden die - auch den Zulageanspruch umfassenden - Alters­vorsorge­beiträge als Sonder­ausgaben abgezogen. Im Gegenzug wird der Zulage­anspruch zur Vermeidung einer doppelten Begünsti­gung bei der Ermitt­lung der festzu­setzenden Einkommen­steuer hinzugerechnet.

  • Auf dem Weg zur Ermittlung der festzu­setzenden Einkommen­steuer ist die tarifliche Einkommen­steuer zunächst um Steuerermäßigungen nach § 35a EStG zu mindern (§ 2 Abs. 6 Satz 1 EStG). Erst danach ist der Zulage­anspruch hinzuzu­rechnen (§ 2 Abs. 6 Satz 2 EStG).

  • Eine teleologische Reduktion des Anwendungs­bereichs des § 10a Abs. 2 Satz 1 EStG ist dann geboten, wenn zwar der Sonder­ausgaben­abzug auf der Ebene der tariflichen Einkommen­steuer günstiger als der Zulage­anspruch ist, die festzusetzende Einkommen­steuer aber dennoch höher ausfiele als ohne den Sonder­ausgaben­abzug.

Quelle: BFH, Urteil v. 9.4.2025 - X R 11/21; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Prof. Dr. Gregor Nöcker gelangen Sie hier (Login erforder­lich).