Online-Nachricht - Donnerstag, 31.07.2025
Einkommensteuer | Wohnungswirtschaftliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen nach Umwidmung eines Darlehens (BFH)
Ein Darlehen kann auch dann im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG "unmittelbar" für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung aufgenommen worden sein, wenn es ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung eines Erstobjekts aufgenommen worden war und später für die Anschaffung oder Herstellung eines Zweitobjekts umgewidmet worden ist (BFH, Urteil v. 27.11.2024 - X R 24/23; veröffentlicht am 31.7.2025).
Hintergrund: Gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden (sog. Entschuldungsalternative).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, ob eine nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG unschädliche wohnungswirtschaftliche Verwendung vorliegt, wenn mit dem durch die Entnahme von Altersvorsorgevermögen abzulösenden Darlehen ursprünglich die Anschaffung einer inzwischen nicht mehr selbst genutzten Wohnung finanziert wurde und der Erlös aus dem Verkauf dieser Wohnung unter Umwidmung des ursprünglichen Darlehens zur Anschaffung der nunmehr genutzten Wohnung verwendet worden ist. Die Deutsche Rentenversicherung Bund - Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen - ZfA vertrat die Auffassung, dass eine wohnungswirtschaftliche Verwendung des geförderten Altersvorsorgevermögens bei einer solchen Umwidmung nicht mehr gegeben sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.10.2022 - 15 K 15017/22).
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
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Ein Darlehen kann auch dann i.S. von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG "unmittelbar" für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung aufgenommen worden sein, wenn es ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung eines Erstobjekts aufgenommen worden war und später für die Anschaffung oder Herstellung eines Zweitobjekts umgewidmet worden ist.
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Zwar ergibt sich dies nicht bereits aus dem Wortlaut des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG.
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Für diese Sichtweise sprechen jedoch die Systematik das § 92a EStG sowie insbesondere der Sinn und Zweck der Vorschrift.
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Der Gesetzgeber wollte mit der alternativ zur Kapitalverwendung für die Anschaffung oder Herstellung des Wohneigentums geschaffenen Begünstigung der Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens zur Entschuldung des Zulageberechtigten beitragen und durch die Ablösung von Darlehen, die der Finanzierung des Erwerbs von Wohneigentum dienen, einen Beitrag zum "mietfreien Wohnen im Alter" leisten (s. BT-Drucks 16/8869, S. 16 f.). Dem Zulageberechtigten soll ermöglicht werden, die Zins- und Tilgungskosten aus der selbstgenutzten Wohnimmobilie zu senken (vgl. BFH, Urteil v. 16.2.2022 - X R 20/20, BStBl II 2022, 622, Rz 15, m.w.N.).
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Dementsprechend liegt eine begünstigte Entschuldung nach der Senatsrechtsprechung auch dann vor, wenn das zu tilgende Darlehen der Umschuldung der ursprünglichen Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungsdarlehen dient (BFH, Urteil v. 12.2.2020 - X R 28/18, BStBl II 2020, 496, Rz 30). Dies gilt auch bei mehrfacher Umschuldung des ursprünglichen Darlehens (s. auch BMF-Schreiben v. 5.10.2023, BStBl I 2023, 1726, Rz 261).
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Ebenso steht auch die zwischenzeitliche Umwidmung eines Darlehens der Annahme, eine spätere Tilgung aus gefördertem Altersvorsorgekapital sei als unschädliche Verwendung nach § 92a EStG anzusehen, nicht entgegen, wenn das Darlehen ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung aufgenommen worden war und später der Anschaffung oder Herstellung einer anderen Wohnung gewidmet wird (s. BFH, Urteil v. 19.8.1998 - X R 96/95, BStBl II 1999, 353, unter II.2.c aa, m.w.N.).
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Ob diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind, kann mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht entschieden werden. Das FG wird u.a. Feststellungen dazu treffen müssen, ob eine nach der Rechtsprechung wirksame Umschuldung und Umwidmung des Darlehens stattgefunden hat.
Quelle: BFH, Urteil v. 27.11.2024 - X R 24/23; NWB Datenbank (il)
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