Online-Nachricht - Donnerstag, 14.08.2025

Einkommensteuer | Korre­spon­die­rende Bilan­zierung und Wert­berich­tigung von Dar­lehens­forde­rungen im Sonderbetriebsvermögen bei Betriebs­aufgabe einer gewerb­lich gepräg­ten Personen­gesell­schaft (BFH)

Der Umstand, dass eine KG gewerb­lich geprägt ist, steht der Teil­wert­ab­schrei­bung einer wertlosen Dar­lehens­forde­rung des Gesell­schafters gegen die KG vor deren Voll­beendi­gung nicht ent­gegen, wenn wegen einer Betriebs­aufgabe der KG die Grund­sätze korre­spon­dieren­der Bilan­zierung nicht mehr ein­greifen (BFH, Urteil v. 12.6.2025 - IV R 28/22; veröf­fent­licht am 14.8.2025).

Hintergrund: Eine Betriebs­aufgabe liegt vor, wenn die bisher in dem Betrieb ent­faltete Tätigkeit aufgrund eines Ent­schlusses des Steuer­pflich­tigen, den Betrieb aufzu­geben, end­gültig eingestellt wird, alle wesent­lichen Betriebs­grund­lagen in einem ein­heit­lichen Vorgang, das heißt inner­halb kurzer Zeit, entweder insge­samt klar und eindeu­tig, äußerlich erkenn­bar in das Privat­vermögen über­führt beziehungs­weise anderen betriebs­fremden Zwecken zugeführt oder insge­samt einzeln an ver­schiedene Erwerber veräußert oder teil­weise veräußert und teilweise in das Privat­vermögen überführt werden, und dadurch der Betrieb als selbstän­diger Organis­mus des Wirt­schafts­lebens zu bestehen aufhört.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die als alleinige Komman­ditistin 100 % der Anteile an der L-KG hielt. Komple­mentärin und Geschäfts­führerin der L-KG war die Beige­ladene. Geschäfts­führer der Beige­ladenen ist K. Die Beige­ladene ist zudem die nicht am Gesell­schafts­vermögen betei­ligte Komple­mentärin der Klägerin, deren alleiniger Komman­ditist wiederum K ist. Zum 31.12.2014 schied die Beige­ladene als Gesell­schafterin der L-KG aus und das Vermögen der L-KG wuchs der Klägerin als einziger ver­bliebener Gesell­schafterin an. Dem Finanzamt (FA) wurde mitge­teilt, dass die Beige­ladene zum 31.12.2014 aus der L-KG ausge­schieden war. Die L-KG meldete den Betrieb der Gast­stätte L zum 31.8.2012 als gewerb­liche Tätigkeit ab. Die Klägerin war Inhaberin einer Dar­lehens­forderung gegen­über der L-KG, welche in der Sonder­bilanz der Klägerin bei der L-KG zum 31.12.2012 ausge­wiesen wurde.

Im Rahmen einer Außen­prüfung bei der L-KG wurde fest­gestellt, dass die L-KG ihre betrieb­liche Tätigkeit zum 31.8.2012 aufge­geben habe und folglich das negative Kapital­konto i.S.d. § 15a EStG der Klägerin bei der L-KG aufzu­lösen und der Klägerin in dieser Höhe ein Aufgabe­gewinn zuzu­rechnen sei. Im Anschluss erließ das FA geän­derte Gewinn- und Verlust­fest­stel­lungs­bescheide für die Jahre 2012 bis 2014 und setzte im Rahmen der Veran­lagung erst­malig einen Aufgabe­gewinn fest, welchen das FA mit den in gleicher Höhe beste­henden ver­rechen­baren Verlusten gem. § 15a EStG saldierte.

Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG Münster, Urteil v. 20.7.2022 - 9 K 3170/19 F; s. hierzu Rätke, BBK 5/2023 S. 201). Die L-KG habe ihren Betrieb zum 31.8.2012 aufge­geben. Die sich daraus erge­benden steuer­lichen Folgen seien vom FA im Ergebnis zutref­fend umge­setzt worden.

Die Richter des BFH hoben das FG-Urteil auf und verwiesen die Sache an das FG zur ander­weitigen Verhand­lung und Entschei­dung zurück, soweit es die Gewinn­fest­stel­lung für die Jahre 2012 bis 2014 betrifft. Im Übrigen wurde die Revision als unbe­gründet zurück­gewiesen:

  • Das FG hat zu Recht eine Betriebs­aufgabe der L-KG zum 31.8.2012 gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG bejaht. Dies begründet das FG zutref­fend u.a. damit, dass die L-KG sowohl gegenüber dem FA als auch gegen­über der Stadt die Beendi­gung des Restau­rant­betriebs des L zum 31.8.2012 erklärt habe.

  • Stellt ein Unternehmen seine werbende gewerb­liche Tätigkeit ein, so liegt darin aber nicht not­wendiger­weise eine Betriebs­aufgabe. Die Einstel­lung kann auch nur als Betriebs­unter­brechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebs unberührt lässt.

  • Die L-KG hat ihren Betrieb nicht nur zeitweise unter­brochen. Es konnte nicht fest­gestellt werden, dass die L-KG nach dem 31.8.2012 eine andere - gegebenen­falls nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerb­lich zu behandelnde - Tätigkeit tat­sächlich ausgeübt oder die Absicht hierzu bestanden habe.

  • Aufgrund der Betriebsaufgabe ist zum einen das negative Kapital­konto der Klägerin zum 31.8.2012 aufzu­lösen. Dies führt in fest­gestellter Höhe zu einem der Klägerin zuzu­rechnen­den Aufgabe­gewinn­anteil im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG. Gegen­stand des Aufgabe­gewinn­anteils eines Komman­ditisten ist nicht nur der Teil des nega­tiven Kapital­kontos, der auf ausgleichsfähige Verluste zurück­zuführen war, sondern sind auch die vom Kapital­konto abge­setzten und nach § 15a EStG lediglich ver­rechen­baren Verluste.

  • Unter Berücksichtigung der vorge­nannten Grund­sätze ist das negative Kapital­konto der Klägerin auf den 31.08.2012 aufzu­lösen und der sich daraus Ertrag als Aufgabe­gewinn im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG zu erfassen. Der Aufgabe­gewinn­anteil der Klägerin aus der Auflösung ihres nega­tiven Kapital­kontos bei der L-KG ist mit ihren ver­rechen­baren Verlusten nach § 15a EStG zu verrechnen.

  • Ein Verlustanteil des Komman­ditisten bei nega­tivem Kapital­konto ist nicht mehr anzu­erkennen, soweit bei Aufstel­lung der Bilanz nach den Verhält­nissen am Bilanz­stichtag - im Streit­fall der Auf­gabezeit­punkt - feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapital­kontos mit künftigen Gewinn­anteilen des Komman­ditisten nicht mehr in Betracht kommt. Denn dann sinkt der recht­liche und wirt­schaft­liche Gehalt des Verlust­anteils des Komman­ditisten zur Bedeutungs­losig­keit herab. Der Verlust ist in diesem Fall und zu diesem Zeit­punkt auf die persönlich haftenden Gesell­schafter und auf die übrigen Komman­ditisten - auf diese allerdings nur bis zur Höhe ihrer Kapital­anteile und ihrer noch rück­ständigen Einlagen - nach dem Ver­hältnis zu verteilen, das dem für die Vertei­lung eines Jahres­verlustes geltenden Schlüssel ent­spricht (vgl. u.a. Beschluss des Großen Senats des BFH v. 10.11.1980 - GrS 1/79, BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164, unter C.I.6. (Rz 63) und BFH-Urteil v. 30.3.2017 - IV R 3/15, Rz 41).

  • Das FG ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass das negative Kapital­konto der Klägerin im Rahmen dieser Betriebs­aufgabe aufzulösen ist und dies zu einem Aufgabe­gewinn führt, der mit den ver­rechen­baren Verlusten der Klägerin zu saldieren ist, und dass die nach der Betriebs­einstel­lung im Gesamt­hands­bereich ent­standenen Verluste der L-KG nicht (mehr) anteilig der Klägerin zuzu­rechnen sind.

  • Das Urteil des FG ist wegen der ange­fochtenen Gewinn­feststel­lungen für 2012 bis 2014 jedoch aufzuheben, da es rechts­fehler­haft zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Klägerin in den Streit­jahren kein Verlust aus einer Teilwert­abschrei­bung der bis zur Betriebs­aufgabe der L-KG im Sonder­betriebs­vermögen der Klägerin gehaltenen Darlehens­forde­rung gegenüber der L-KG entstanden sei.

  • Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegen­über der Personen­gesell­schaft bestehen­den Darlehens­forde­rung gehören zwar nicht zu dem in der Gesell­schafts­bilanz (Gesamt­hands­bilanz) auszu­weisenden Eigen­kapital, wohl aber zum Sonder­betriebs­vermögen des Gesell­schafters, das in der aus Gesell­schafts­bilanz und Sonder­bilanzen zu bildenden Gesamt­bilanz der Mitunter­nehmer­schaft als Eigenkapital behandelt wird. Auch wenn feststeht, dass eine solche Darlehens­forde­rung wertlos ist, weil sie von der Gesellschaft nicht beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigen­kapital, dass eine Wert­berichti­gung während des Bestehens der Gesell­schaft regel­mäßig nicht in Betracht kommt. Das Impari­täts­prinzip gilt insoweit nicht.

  • Vielmehr wird dieser Verlust im Sonder­betriebs­vermögen grund­sätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunter­nehmer­stellung, also beim Ausscheiden des Gesell­schafters oder bei Beendi­gung der Gesell­schaft reali­siert (vgl. u.a. BFH, Urteil v. 16.11.2023 - IV R 28/20, BFHE 282, 476, BStBl II 2024, 258, Rz 35; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 25.1.2024).

  • Anders als das FG meint, steht der Verlust­reali­sierung bei Wertlosigkeit einer Darlehensforderung im Sonder­betriebs­vermögen im Zeitpunkt der Betriebs­aufgabe der Gesell­schaft - im Streit­fall der L-KG - deren Organi­sations­form als eine gewerb­lich geprägte Personen­gesell­schaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht entgegen.

  • Die Auffassung des FG steht im Wider­spruch zu der ständigen Recht­sprechung des BFH, wonach es im Fall einer vorherigen Beendi­gung der gewerb­lichen Tätig­keit der Gesell­schaft auf den Zeit­punkt der Voll­beendi­gung einer Gesell­schaft nicht ankommt (vgl. BFH, Urteil v. 5.6.2003 - IV R 36/02, BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871, unter III.2.h [Rz 38], m.w.N.).

  • Die Sache ist zur anderweitigen Verhand­lung und Entschei­dung an das FG zurück­zuverweisen. Denn die Frage, ob und gegebenen­falls in welchem Umfang und in welchem Streit­jahr die als Sonder­betriebs­verluste geltend gemachten Aufwen­dungen danach zu berück­sichtigen sind, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststel­lungen des FG nicht ent­scheiden.

Quelle: BFH, Urteil v. 12.6.2025 - IV R 28/22; NWB Datenbank (lb)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von ehem. Richter im IV. Senat des BFH Walter Bode gelangen Sie hier (Login erforder­lich).