Online-Nachricht - Donnerstag, 14.08.2025
Einkommensteuer | AfA nach Wegfall der gewerblichen Prägung einer Personengesellschaft; Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses (BFH)
Werden Wirtschaftsgüter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft wegen des Wegfalls dieser Prägung in das Privatvermögen überführt und von der nunmehr vermögensverwaltenden Gesellschaft weiterhin zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt, sind als Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzungen (AfA) die im Zuge der Ermittlung des Gewinns oder Verlusts aus der Betriebsaufgabe steuerlich erfassten gemeinen Werte dieser Wirtschaftsgüter anzusetzen (Anschluss u.a. an das Senatsurteil v. 22.2.2021 - IX R 13/19) (BFH, Urteil v. 3.6.2025 - IX R 18/24; veröffentlicht am 14.8.2025).
Hintergrund: Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Für Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gilt die Vorschrift sinngemäß (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die Wohnungen vermietete und aufgrund ihrer gewerblichen Prägung i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG bis einschließlich 2006 gewerbliche Einkünfte erzielte. Zum 1.1.2007 wurde die Klägerin entprägt, weil der Kommanditist Geschäftsführer wurde. Ab 2007 erzielte die Klägerin nun Vermietungseinkünfte gemäß § 21 EStG. Das Finanzamt (FA) erhöhte im Anschluss an eine Außenprüfung den Teilwert für die Entnahme der Wohnungen zum 1.1.2007, erhöhte somit den Aufgabegewinn und setzte den höheren Teilwert zugleich als AfA-Bemessungsgrundlage für die Vermietungseinkünfte ab 2007 an. Die Klägerin wandte sich mit Erfolg gegen den geänderten Feststellungsbescheid für 2007, sodass das FA einen niedrigeren Teilwert im geänderten Bescheid für 2007 vom 23.8.2021 ansetzte. Mit Änderungsbescheiden vom 20.4.2022 erhöhte das FA nun die Vermietungseinkünfte der Klägerin für die Streitjahre 2008 bis 2011, indem es einen niedrigeren Teilwert als Bemessungsgrundlage für die AfA ansetzte.
Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.7.2024 - 8 K 8119/23; s. hierzu Rätke, BBK 22/2024 S. 1013).
Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin als unbegründet zurück:
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Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2008 bis 2011 zu Lasten der Klägerin zu ändern sind. Rechtsgrundlage hierfür ist § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
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Werden Wirtschaftsgüter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft wegen des Wegfalls dieser Prägung in das Privatvermögen überführt und von der nunmehr vermögensverwaltenden Gesellschaft weiterhin zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt, sind als Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzungen (AfA) die im Zuge der Ermittlung des Gewinns oder Verlusts aus der Betriebsaufgabe steuerlich erfassten gemeinen Werte dieser Wirtschaftsgüter anzusetzen (Anschluss u.a. an Senatsurteil v. 22.2.2021 - IX R 13/19; s. hierzu Rätke, BBK online).
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Dies gilt für die AfA in den Folgejahren nach einer Betriebsaufgabe auch dann, wenn bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns oder -verlusts ein der Höhe nach unzutreffender gemeiner Wert steuerlich erfasst wurde (entgegen BFH, Urteil v. 29.4.1992 - XI R 5/90, BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969).
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Die finanzgerichtliche Aufhebung eines Bescheids, dem materiell-rechtliche Bindungswirkung für einen anderen Bescheid zukommt, kann ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung darstellen.
Quelle: BFH, Urteil v. 3.6.2025 - IX R 18/24; NWB Datenbank (lb)
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