Online-Nachricht - Donnerstag, 28.08.2025

Gewerbesteuer | Anwen­dung des Banken­privi­legs auf eine Kon­zern­finan­zie­rungs­gesell­schaft (BFH)

Ein gewerbs­mäßiger Betrieb von Bank­geschäften im Sinne der Legal­defini­tion des Begriffs des Kredit­insti­tuts in § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG liegt vor, wenn er auf eine gewisse Dauer ange­legt ist und die Bank­geschäfte mit der Ab­sicht der Gewinn­erzie­lung bezie­hungs­weise ent­gelt­lich betrie­ben werden. Für die Frage, ob Bank­geschäfte mit der Absicht der Gewinn­erzielung bezie­hungs­weise entgelt­lich betrie­ben werden, kommt es auf das zivil- und auf­sichts­recht­liche Ver­ständ­nis des Merk­mals "Gewerbs­mäßig­keit" in § 1 Abs. 1 KWG und nicht auf das Vor­liegen einer Gewinn­erzie­lungs­absicht im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG an (BFH, Beschluss vom 21.5.2025 - III R 6/24; veröf­fent­licht am 28.8.2025).

Hintergrund: Nach § 8 Nr. 1 GewStG in der im Streitjahr 2012 geltenden Fassung wird dem Gewinn aus Gewerbe­betrieb (§ 7 GewStG) ein Viertel der Summe aus den dort unter den Buchstaben a bis f benannten Aufwen­dungen hinzu­gerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von (damals) 100.000 € über­steigt (aktuell 200.00 €). Hinzu­gerechnet wird dabei auch ein Viertel der Entgelte für Schulden (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG).

Bei Kreditinstituten i.S. des § 1 Abs. 1 KWG sind im Streitjahr nur Entgelte für Schulden und den Entgelten gleich­gestellte Beträge anzusetzen, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der zum Anlage­vermögen gehörenden Grund­stücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäfts­aus­stat­tung, Schiffe, Anteile an Kredit­insti­tuten und sonstigen Unter­nehmen sowie der Forderungen aus Vermögens­einlagen als stiller Gesell­schafter und aus Genuss­rechten das Eigen­kapital über­schreitet (§ 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV a.F.), sog. Bankenprivileg.

Gemäß dem im Streitjahr anwend­baren § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV a.F. kann ein Kredit­institut im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG das Banken­privileg in Anspruch nehmen. Nach der in dieser Vorschrift enthaltenen Legaldefinition sind Kredit­institute Unter­nehmen, die Bank­geschäfte gewerbs­mäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kauf­männischer Weise einge­richteten Geschäftsbetrieb erfordert. Der Begriff der Bankgeschäfte ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG definiert.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Anwendung des sog. Bankenprivilegs im Streitjahr 2012. Insbesondere ist streitig, ob ein die Anforderungen des § 19 Abs. 2 GewStDV erfüllendes Kreditinstitut i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV i.V.m. § 1 Abs. 1 KWG ein im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr und damit an den eigentlichen Bankgeschäften ausgerichtetes Unter­nehmen darstellt oder ob es darüber hinaus noch weitere Kriterien erfüllen muss, die darauf schließen lassen, dass die Gesamttätigkeit des Unter­nehmens im Wesent­lichen am Geld- und Kredit­verkehr ausgerichtet ist. Das FA hatte der Klägerin, einer Konzern­finan­zierungs­gesell­schaft, das Banken­privilleg nicht gewährt. Es vertrat die Ansicht, dass die Klägerin, bezogen auf die ausgeführten Bank­geschäfte nicht gewerbs­mäßig handle oder diese nicht in einem Umfang betreibe, der einen in kauf­männischer Weise eingerichteten Geschäfts­betrieb erfordere.

Dem folgte das FG in erster Instanz nicht. Es entschied, dass die Klägerin im Streitjahr ein Unter­nehmen war, das Bank­geschäfte gewerbsmäßig betrieb, und dass sie auch die weiteren für die Gewährung des Banken­privilegs not­wendigen Kriterien erfüllte (FG Münster, Urteil v. 30.11.2023 - 10 K 2062/20 G).

Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision des Finanz­amts zurück:

  • Eine Konzernfinan­zierungs­gesell­schaft kann durch das Banken­privileg gemäß § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e des GewStG i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 der GewStDV begünstigt sein (Bestäti­gung der Recht­sprechung, vgl. BFH, Urteil v. 6.12.2016 - I R 79/15, BStBl II 2019, 173 sowie BFH, Urteil v. 30.11.2023 - III R 55/20, BStBl II 2024, 378.

  • Ein gewerbsmäßiger Betrieb von Bank­geschäften im Sinne der Legaldefinition des Begriffs des Kredit­instituts in § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG liegt vor, wenn er auf eine gewisse Dauer angelegt ist und die Bankgeschäfte mit der Absicht der Gewinn­erzielung beziehungs­weise entgelt­lich betrieben werden.

  • Für die Frage, ob Bankgeschäfte mit der Absicht der Gewinn­erzielung bzw. entgelt­lich betrieben werden, kommt es auf das zivil- und auf­sichts­rechtliche Verständnis des Merkmals "Gewerbs­mäßigkeit" in § 1 Abs. 1 KWG und nicht auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG an.

  • Danach ist für die Gewerbsmäßig­keit - neben der Anlage auf gewisse Dauer - erforderlich, aber auch ausreichend, dass der "Betreiber mit Gewinn-erzielungsabsicht beziehungs­weise entgeltlich" handelt (so BGH, Urteil v. 9.11.2010 - VI ZR 303/09, Rz 27; BVerwG, Urteil v. 22.9.2004 - 6 C 29.03, unter II.2.b bb; vgl. Schäfer in Fischer/Schulte-Mattler, 6. Aufl. 2023, § 1 KWG, Rz 22).

  • Dieses Verständnis ist auch für die Auslegung des § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV bezüglich des Merkmals des Kreditinstituts im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG maßgeblich.

  • Unter Anwendung dieser Grundsätze war der Klägerin das Banken­privileg zu gewähren.

Quelle: BFH, Beschluss vom 21.5.2025 - III R 6/24; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im III. Senat des BFH Dr. Ralf Adam gelangen Sie hier (Login erforder­lich).