Online-Nachricht - Donnerstag, 28.08.2025
Einkommensteuer | Rückwirkende Anwendung von § 6e EStG (BFH)
Die rückwirkende Anwendung von § 6e EStG auf Wirtschaftsjahre, die vor dem 18.12.2019 enden (§ 52 Abs. 14a EStG), verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (BFH, Urteil v. 15.7.2025 - IX R 13/24; veröffentlicht am 28.8.2025).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung von § 6e EStG gemäß § 52 Abs. 14a EStG für den Feststellungszeitraum 2014:
Die Klägerin ist eine Immobilienprojektentwicklungsgesellschaft. Im Streitjahr erzielte sie Einkünfte aus der Vermietung einer Immobilie. Die Mieterin nutzte die Immobilie als Studentenwohnheim. Zur Absicherung der Mieteinkünfte schloss die Klägerin einen Garantievertrag. Diesbezüglich leistete sie im Oktober 2014 eine Pachtgarantie und eine Pre-Opening-Zahlung an die Garantiegeberin. Die Klägerin behandelte die Kosten für die Pachtgarantie als aktiven Rechnungsabgrenzungsposten und grenzte diesen Betrag über 25 Jahre ab. Die Aufwendungen für die Pre-Opening-Zahlung behandelte sie als sofort abziehbare Werbungskosten.
Das Finanzamt behandelte die Zahlungen als zu aktivierende Fondsetablierungskosten im Sinne von § 6e EStG. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (FG Hamburg, Urteil v. 21.2.2024 - 6 K 27/22, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 9.7.2024).
Die Richter des BFH wiesen die Revision zurück:
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Die Pachtgarantie sowie die Pre-Opening-Zahlung sind Fondsetablierungskosten im Sinne von § 6e Abs. 2 EStG. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, inwieweit nur mittelbar durch den Anleger getragene Aufwendungen unter § 6e Abs. 2 Satz 1 EStG fallen. Die Zahlung der Pachtgarantie sowie die Pre-Opening-Zahlung erfüllen jedenfalls die Voraussetzungen von § 6e Abs. 2 Satz 2 EStG. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig und bedarf keiner weiteren Begründung.
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Die rückwirkende Anwendung von § 6e EStG auf das Streitjahr verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
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Zwar sind Gesetze, die eine sog. echte Rückwirkung anordnen, verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig.
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Jedoch ist die durch § 52 Abs. 14a i.V.m. § 6e EStG begründete echte Rückwirkung verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Im Dispositionszeitpunkt im Streitjahr bestand kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, die Pachtgarantie beziehungsweise die Pre-Opening-Zahlung unmittelbar steuerlich in Abzug bringen zu können.
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Nach der damals geltenden, gefestigten und langjährigen Rechtprechung sowie einheitlichen Rechtspraxis waren Aufwendungen eines geschlossenen Fonds für dessen Etablierung in voller Höhe als Anschaffungskosten der in gesamthänderischer Verbundenheit erworbenen Wirtschaftsgüter zu behandeln, wenn sich die Anleger aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks an dem Fonds beteiligten.
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Sowohl aus der Einführung von § 15b EStG als auch aus dem BFH-Urteil v. 26.4.2018 - IV R 33/15, BStBl II 2020, 645 (s. hierzu Keller, StuB 21/2018 S. 761 sowie unsere Online-Nachricht v. 11.7.2018) ist der Klägerin kein schutzwürdiges Vertrauen erwachsen, von dieser Rechtsanwendungspraxis abweichend Fondsetablierungskosten im Streitjahr steuermindernd geltend machen zu können.
Quelle: BFH, Urteil v. 15.7.2025 - IX R 13/24; NWB Datenbank (il)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im IX. Senat des BFH Dr. Nils Trossen gelangen Sie hier (Login erforderlich).