Online-Nachricht - Donnerstag, 04.09.2025

Verfahrensrecht | Gebühren­fest­setzung für eine von mehre­ren Perso­nen bean­tragte ver­bind­liche Aus­kunft (BFH)

Beantragen mehrere Per­sonen die Ertei­lung einer ver­bind­lichen Aus­kunft, kommt es für die Beant­wortung der Frage, ob ihnen gegen­über gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 der Abgaben­ord­nung (AO) nur eine Gebühr fest­zusetzen ist, deren Gesamt­schuldner sie sind, nicht darauf an, ob die Vor­aus­setzun­gen des § 1 Abs. 2 Satz 1 der Steuer-Aus­kunfts­ver­ord­nung gegeben sind. Maß­gebend ist viel­mehr, ob die ver­bind­liche Aus­kunft den Antrag­stellern gegen­über tat­säch­lich einheit­lich erteilt worden ist (BFH, Urteil v. 3.7.2025 - IV R 6/23; veröf­fent­licht am 4.9.2025).

Hintergrund: Gemäß § 89 Abs. 3 Satz 1 AO wird für die Bear­beitung eines Antrags auf Erteilung einer verbind­lichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegen­über mehreren Antrag­stellern einheit­lich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antrag­steller Gesamt­schuldner der Gebühr (§ 89 Abs. 3 Satz 2 AO).

Sachverhalt: Streitig ist die Gebühren­fest­setzung für eine von acht Personen bean­tragte verbind­liche Auskunft, die eine mehr­stufige Umstruk­turie­rungs­maß­nahme betrifft. Im Streitfall planten die acht Kläger, die an einer Holdings­gesell­schaft beteiligt waren, eine Umstruk­turie­rung. Sie baten das Finanzamt (FA) hierzu gemeinsam um eine verbind­liche Auskunft gemäß § 89 AO. Das FA erteilte acht inhalts­gleiche Auskünfte und erließ acht Gebühren­bescheide über je 109.736 € (gesetz­liche Höchst­gebühr). Die Kläger waren der Meinung, die Höchst­gebühr sei nicht achtmal, sondern lediglich einmal angefallen. Ihre Klage hatten in erster Instanz Erfolg (FG Münster, Urteil v. 8.2.2023 - 6 K 1330/20 AO).

Die Revision des FA hatte in der Sache keinen Erfolg:

  • Das FA hat die verbind­liche Auskunft den Klägern gegenüber einheit­lich erteilt, so dass gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Gebühr festzusetzen ist, deren Gesamtschuldner die Kläger sind.

  • Aus Sicht der Kläger hat das FA ihrem gemein­samen Antrag, der auf die einheit­liche Erteilung der verbind­lichen Auskunft gerichtet war, uneingeschränkt entsprochen.

  • Dass es jedem Kläger einen ent­sprechenden Bescheid über­mittelt hat, ändert nichts daran, dass in der Sache nur eine verbind­liche Auskunft vorliegt. Dies folgt nicht nur daraus, dass die Bescheide inhalts­gleich sind, sodass es sich aus Sicht der Kläger um eine rein formale Trennung beziehungs­weise Aufteilung handelte. Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, dass das FA aus Sicht der Kläger ihrem Antrag ohne jede Ein­schränkung und damit vollum­fänglich entsprochen hat.

  • Der Anwendungsbereich des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO ist nicht auf die in § 1 Abs. 2 der Steuer­auskunfts-Verord­nung genannten Fälle, in denen eine verbind­liche Auskunft von allen Beteiligten nur gemeinsam bean­tragt werden kann, beschränkt.

  • Der Gesetzgeber hatte mit der Schaffung des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO im Jahr 2016 auf die Rechtsprechung des BFH reagiert, der bis dahin ange­nommen hatte, dass im Grundsatz bei mehreren Antrag­stellern gegenüber jedem von ihnen eine Auskunfts­gebühr festzusetzen war, selbst wenn sich deren Anträge auf denselben Sachverhalt bezogen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung zu BFH, Urteil v. 3.7.2025 - IV R 6/23 sowie NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von ehem. Richter im IV. Senat des BFH Walter Bode gelangen Sie hier (Login erforder­lich).