Online-Nachricht - Donnerstag, 04.09.2025
beSt | Gewährung von Wiedereinsetzung bei Klageerhebung per Telefax vor Zugang des Erstregistrierungsbriefs (BFH)
Wenn ein Steuerberater in der Übergangszeit zwischen der erstmaligen Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach – beSt (1.1.2023) und dem späteren tatsächlichen Erhalt des für ihn bestimmten Erstregistrierungsbriefs eine Klage noch per Telefax erhebt, weil er entsprechend dem Inhalt der Verlautbarungen der Steuerberaterkammern davon ausgeht, dass eine Nutzungspflicht erst nach Zugang des Erstregistrierungsbriefs besteht, kann eine solche Klage jedenfalls unter den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung zulässig sein (Anschluss an BVerfG, Beschluss v. 23.6.2025 - 1 BvR 1718/24: BFH, Urteil v. 6.8.2025 - X R 13/23; veröffentlicht am 4.9.2025).
Sachverhalt: Streitig ist u.a., ob ein Steuerberater bereits vor Erhalt des von der BStBK zu erstellenden Registrierungsbriefs zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (§ 52d Satz 2 FGO) verpflichtet ist, weil er die Möglichkeit gehabt hätte, eine vorzeitige Registrierung ("fast lane") zu beantragen. Das FG der ersten Instanz sah die Klage als unzulässig an, weil sie nicht in der durch § 52d FGO vorgeschriebenen Form erhoben worden sei. "Spätestens" ab dem 1.1.2023 habe der Prozessbevollmächtigten des Klägers, einer Steuerberatungs-GmbH, ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung gestanden (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.4.2023 - 9 K 138/23).
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
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Entgegen der Auffassung des FG war die Klage zulässig. Das FG hätte dem Kläger jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die mangels Verfügbarkeit des beSt unverschuldete Versäumung der Klagefrist gewähren müssen.
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Wenn ein Steuerberater in der Übergangszeit zwischen der erstmaligen Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (1.1.2023) und dem späteren tatsächlichen Erhalt des für ihn bestimmten Erstregistrierungsbriefs eine Klage noch per Telefax erhebt, weil er entsprechend dem Inhalt der Verlautbarungen der Steuerberaterkammern davon ausgeht, dass eine Nutzungspflicht erst nach Zugang des Erstregistrierungsbriefs besteht, kann eine solche Klage jedenfalls unter den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung zulässig sein (Anschluss an BVerfG, Beschluss v. 23.6.2025 - 1 BvR 1718/24, s. hierzu Günther, NWB 31/2025 S. 2097 sowie unsere Online-Nachricht v. 18.7.2025).
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Der Senat verfolgt seine Auffassung, die Steuerberaterplattform- und -postfachverordnung sei unwirksam, weil sie erlassen und verkündet worden ist, bevor die parlamentsgesetzliche Ermächtigungsgrundlage erstmals anzuwenden war (vgl. BFH, Beschluss v. 17.4.2024 - X B 68, 69/23, Rz 19 ff., s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 10.5.2024), nicht weiter.
Quelle: BFH, Urteil v. 6.8.2025 - X R 13/23; NWB Datenbank (il)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Prof. Dr. Gregor Nöcker gelangen Sie hier (Login erforderlich).