Online-Nachricht - Donnerstag, 25.09.2025
DSGVO | Akteneinsicht und Auskunft über den Inhalt einer anonymen Anzeige (BFH)
Eine Finanzbehörde muss über den Inhalt einer ihr vorliegenden anonymen Anzeige gegenüber dem betroffenen Steuerpflichtigen keine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilen, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Behörde zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie der aus § 30 AO herrührende Identitätsschutz des Anzeigeerstatters im Einzelfall höher wiegen als das Informationsinteresse des Steuerpflichtigen (BFH, Urteil v. 15.7.2025 - IX R 25/24; veröffentlicht am 25.9.2025).
Sachverhalt: Streitig ist, ob eine Finanzbehörde Auskunft über eine anonyme Anzeige erteilen oder deren Inhalt zur Verfügung stellen muss: Nach einer anonymen Anzeige führte das FA bei der Klägerin, einem gastronomischen Betrieb, eine Kassen-Nachschau durch. Steuerstrafrechtliche oder ordnungsrechtliche Vorwürfe erwuchsen hieraus ebenso wenig wie steuerliche Nachforderungen. Im Nachgang zur Kassen-Nachschau beantragten die Klägerin sowie ihre Gesellschafter Akteneinsicht sowie nach Maßgabe der DSGVO die Übersendung einer Kopie der anonymen Anzeige, hilfsweise die Mitteilung deren Inhalts. Das FA lehnte beide Anträge ab, die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.9.2024 - 16 K 16096/23).
Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision zurück:
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Das Interesse eines Steuerpflichtigen auf Kenntnisnahme einer gegen ihn gerichteten, in den Steuerakten der Finanzbehörde befindlichen anonymen Anzeige ist im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung über den Antrag auf Akteneinsicht gegen die kollidierenden Geheimhaltungsinteressen des Anzeigeerstatters und der Finanzbehörde abzuwägen.
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Beinhaltet eine anonyme Anzeige Informationen, die einen Steuerpflichtigen persönlich betreffen, liegen für ihn insoweit personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO vor, die grundsätzlich vom Tatbestand des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO erfasst sind.
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Der auf Art. 23 Abs. 1 DSGVO beruhende Ausschluss des Auskunftsanspruchs nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO ist mit Unionsrecht vereinbar.
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Eine Finanzbehörde muss über den Inhalt einer ihr vorliegenden anonymen Anzeige gegenüber dem betroffenen Steuerpflichtigen keine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilen, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Behörde zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie der aus § 30 AO herrührende Identitätsschutz des Anzeigeerstatters im Einzelfall höher wiegen als das Informationsinteresse des Steuerpflichtigen.
Quelle: BFH, Urteil v. 15.7.2025 - IX R 25/24; NWB Datenbank (il)
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