Online-Nachricht - Donnerstag, 23.10.2025
Einkommensteuer | Zur Abziehbarkeit von Beiträgen zu einer freiwilligen privaten Pflegezusatzversicherung als Sonderausgaben (BFH)
Der Sonderausgabenabzug von Beiträgen für eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung, die der (teilweisen) Absicherung von nicht durch die Pflege-Pflichtversicherung gedeckten Kosten wegen dauernder Pflegebedürftigkeit dient, ist verfassungsrechtlich nicht geboten, da der Gesetzgeber sich bewusst für ein Teilleistungssystem entschieden hat (BFH, Urteil v. 24.7.2025 - X R 10/20; veröffentlicht am 23.10.2025).
Hintergrund: Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG sind die Beiträge zu gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung). Demgegenüber erfasst § 10 Abs. 1 Nr. 3a Halbsatz 1 EStG Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind, also auch die Beiträge für zusätzlich abgeschlossene, über die Basisabsicherung hinausgehende private Pflegeversicherungen. Der Abzug der Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG ist nach Maßgabe von § 10 Abs. 4 EStG auf einen Höchstbetrag begrenzt. Während Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG ohne Betragsbeschränkung abziehbar sind.
Sachverhalt: Die Kläger hatten jeweils eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen, mithilfe derer sie die finanziellen Lücken schließen wollten, die sich im Falle dauernder Pflegebedürftigkeit vor allem bei höheren Pflegegraden aufgrund der den tatsächlichen Bedarf nicht abdeckenden Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ergäben. Die hierfür aufgewendeten Beiträge blieben im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung aufgrund der anderweitigen Ausschöpfung des Höchstbetrags ohne steuerliche Auswirkung. Hiergegen wandten sich die Kläger und machten im Kern geltend: So, wie der Sozialhilfeträger die Heimpflegekosten des Sozialhilfeempfängers übernehme, müssten auch die Beiträge für ihre Zusatzversicherungen, die lediglich das sozialhilfegleiche Versorgungsniveau im Bereich der Pflege gewährleisteten, zur Wahrung der Steuerfreiheit des Existenzminimums einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden (Vorinstanz: Hessisches FG, Urteil v. 8.4.2020 - 9 K 2170/17).
Die Richter des BFH erachteten die Beschränkung des Sonderausgabenabzugs als verfassungsgemäß und sahen von einer Vorlage an das BVerfG ab:
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Der Sonderausgabenabzug von Beiträgen für eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung, die der (teilweisen) Absicherung von nicht durch die Pflege-Pflichtversicherung gedeckten Kosten wegen dauernder Pflegebedürftigkeit dient, ist verfassungsrechtlich nicht geboten, da der Gesetzgeber sich bewusst für ein Teilleistungssystem entschieden hat. Dementsprechend besteht für den Gesetzgeber keine verfassungsrechtliche Pflicht, auch die über das Teilleistungssystem hinausgehenden Leistungen steuerlich zu fördern und insoweit mitzufinanzieren.
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Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums erfordert lediglich, dass der Staat diejenigen Beiträge für Pflegeversicherungen steuerlich freistellen muss, die der Gesetzgeber als verpflichtende Vorsorge ansieht und die nicht über das sozialhilferechtliche Niveau hinausgehen. Dies ist bei einer freiwilligen privaten Pflegezusatzversicherung nicht der Fall.
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Die Regelung in § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG, nach welcher Beiträge für eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG) unberücksichtigt bleiben, wenn der (gemeinsame) Höchstbetrag (§ 10 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG) bereits durch die Beiträge zur Basisabsicherung der Kranken- und Pflegeversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG) ausgeschöpft wird, ist daher verfassungsrechtlich unbedenklich.
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 23.10.2025 und BFH, Urteil v. 24.7.2025 - X R 10/20; NWB Datenbank (lb)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Prof. Dr. Gregor Nöcker gelangen Sie hier (Login erforderlich).