Online-Nachricht - Donnerstag, 30.10.2025

Grunderwerbsteuer | Einhalten der Vor­behal­tens­frist des § 6a Satz 4 GrEStG bei einer Aus­gliede­rung zur Auf­nahme (BFH)

Bei der Ausgliede­rung zur Auf­nahme auf einen be­stehen­den Rechts­träger nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG muss die fünf­jährige Vor­behal­tens­frist des § 6a Satz 4 GrEStG einge­halten werden. Die unter­schied­liche Behand­lung der Aus­gliede­rung zur Neu­grün­dung und der Aus­gliede­rung zur Auf­nahme im Hin­blick auf die Einhal­tung der Vor­behal­tens­frist des § 6a Satz 4 GrEStG verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG (BFH, Urteil v. 21.5.2025 - II R 31/22; veröf­fent­licht am 30.10.2025).

Hintergrund: Nach § 6a Satz 1 GrEStG wird u.a. für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuer­baren Rechts­vorgang auf Grund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. Satz 1 gilt nur, wenn an dem dort genannten Rechts­vorgang aus­schließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unter­nehmen abhängige Gesell­schaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG abhängig ist eine Gesell­schaft, an deren Kapital oder Gesell­schafts­vermögen das herrschende Unternehmen inner­halb von fünf Jahren vor dem Rechts­vorgang und fünf Jahren nach dem Rechts­vorgang unmit­telbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittel­bar zu mindestens 95 % ununter­brochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).

Sachverhalt: Streitig ist, ob in Fällen der Aus­gliederung zur Aufnahme i.S. des § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG eine teleologische Reduktion des § 6a Satz 4 GrEStG vorzunehmen ist, sodass die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG greift, wenn die herrschende Gesellschaft innerhalb der 5-jährigen Vorbe­haltens­frist die auf­nehmende Gesell­schaft selbst gründet und beginnend mit der Gründung bis zum Abschluss der Umstrukturierungsmaßnahme in beherr­schendem Maße an der auf­nehmenden Gesell­schaft beteiligt ist: Im Streitfall hatte eine Gemeinde den Betrieb einer Versamm­lungs­halle mit zugehörigem Grund­stück auf eine zu diesem Zweck kurz zuvor neu gegründete Gesellschaft im Wege der Ausglie­derung zur Aufnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 des UmwStG) übertragen. Das FA und das FG der ersten Instanz versagten eine Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG, da die Gemeinde nicht mindestens fünf Jahre vor dem Umwand­lungs­vorgang an der auf­nehmenden Gesell­schaft beteiligt gewesen war (FG Nürnberg, Urteil v. 14.7.2022 - 4 K 59/21). Die Klägerin vertat dagegen die Ansicht, dass die Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG für eine Gesellschaft, die innerhalb der fünfjährigen Vorbehaltensfrist durch das beherr­schende Unter­nehmen neu gegründet wurde und in der Folge bis zum Umwand­lungs­vorgang ununter­brochen im Sinne des § 6a GrEStG beherrscht wurde, einengend auszulegen sei.

Dem folgten die Richter des BFH nicht und wiesen die Revision der Klägerin zurück:

  • § 6a Satz 4 GrEStG ist nicht dahingehend auszulegen, dass die Vorbehal­tensfrist bei der vorliegenden Ausgliederung zur Aufnahme nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine bereits vor dem Umwand­lungs­vorgang bestehende Gesellschaft nicht einge­halten werden muss.

  • Bei der Ausgliederung zur Aufnahme durch Übertragung eines Teils oder von Teilen jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden Rechts­träger nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG entsteht die ausgegliederte Gesellschaft nicht durch die Umwandlung neu. Vielmehr haben beide an dem Umwand­lungs­vorgang betei­ligten Gesell­schaften schon vor der Aus­gliederung bestanden.

  • Anders als bei einer Ausgliederung zur Neugründung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG, bei der die auf­nehmende Gesell­schaft erst durch den Um-wand­lungs­vorgang entsteht, ist es bei einer Aus­gliederung auf eine bereits zuvor gegründete Gesellschaft rechtlich möglich, dass das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem herr­schenden Unter­nehmen und der am Rechts­vorgang beteiligten abhängigen Gesellschaft innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Umwand­lungs­vorgang ununter­brochen bestanden hat. Die Vorbe­haltens­frist kann in einem solchen Fall auch unter Berück­sichtigung des Umwand­lungs­rechts eingehalten werden.

  • Deshalb besteht kein Grund, § 6a Satz 4 GrEStG noch weitergehend dahin teleologisch einzuschränken, dass auch bei einer Ausgliederung zur Aufnahme durch eine bereits bestehende Gesellschaft wie bei der Aufnahme durch Neugründung die Vorbehaltensfrist nicht eingehalten werden muss.

  • Das gilt auch dann, wenn die aufnehmende Gesell­schaft innerhalb der fünf­jährigen Vorbehal­tens­frist für Zwecke der späteren Aus­gliederung zur Aufnahme gegründet wurde.

Hinweis: Zu § 6a GrEStG ist am 30.10.2026 eine weitere Ent­scheidung des BFH veröffentlicht worden (BFH, Urteil v. 21.5.2025 - II R 56/22). Lesen Sie hierzu unsere Online-Nachricht v. 30.10.2026).

Quelle: BFH, Urteil v. 21.5.2025 - II R 31/22; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im II. Senat des BFH Prof. Dr. Matthias Loose gelangen Sie hier (Login erforder­lich).