Online-Nachricht - Donnerstag, 30.10.2025
Grunderwerbsteuer | Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG (BFH)
Eine Gruppe natürlicher Personen, die nicht in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zusammengeschlossen sind, ist kein Rechtsträger im zivilrechtlichen und grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne und kann kein herrschendes Unternehmen i. S. des § 6a Satz 3 und 4 GrEStG sein (BFH, Urteil v. 21.5.2025 - II R 56/22; veröffentlicht am 30.10.2025).
Hintergrund: Nach § 6a Satz 1 GrEStG wird u.a. für bestimmte Rechtsvorgänge aufgrund einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz die darauf entfallende Grunderwerbsteuer nicht erhoben. Die Steuerbefreiung gilt jedoch nur unter weiteren Voraussetzungen. So muss an dem Umwandlungs- oder Einbringungsvorgang ein herrschendes Unternehmen (und eine oder mehrere von ihm abhängige Gesellschaften) beteiligt sein. Als „abhängig“ gilt eine Gesellschaft nur dann, wenn das herrschende Unternehmen an ihr ununterbrochen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang zu mindestens 95 % beteiligt ist.
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH. Mit notariellem Spaltungsvertrag zur Neugründung übertrug die L-GmbH als Alleingesellschafterin ihre Geschäftsanteile an der P-GmbH auf die zu diesem Zweck neu zu gründende Klägerin als Übernehmerin. Die P-GmbH war Eigentümerin eines Grundstücks. Zum Ausgleich hierfür erhielten die vier Gesellschafter der L-GmbH, Geschäftsanteile an der Klägerin zu den gleichen Anteilen, wie sie an der L-GmbH beteiligt waren. Die Abspaltung wurde am 22.02.2021 in das Handelsregister bei der L-GmbH eingetragen. Das Finanzamt (FA) setzte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest.
Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Sächsisches FG, Urteil v. 30.11.2022 - 5 K 969/22). Die Übertragung des Grundstücks nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG sei steuerbar, da 100 % der Anteile an der grundbesitzenden P-GmbH durch Abspaltung von der L-GmbH auf die Klägerin übergegangen seien. Die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG lägen nicht vor.
Die Richter des BFH hoben das FG-Urteil auf:
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Die Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern setzt nach § 6a Satz 3 GrEStG voraus, dass an dem Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von dem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Abhängig ist eine Gesellschaft nach § 6a Satz 4 GrEStG, wenn das herrschende Unternehmen an deren Kapital- oder Gesellschaftsvermögen innerhalb der Vorbehaltens- und Nachbehaltensfristen ununterbrochen zu mindestens 95 % beteiligt ist.
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Es fehlte im Streitfall an der Beteiligung eines herrschenden Unternehmens. Eine Gruppe von Gesellschaftern, bei der keiner allein die 95%ige Beteiligungsgrenze erfüllt, ist kein herrschendes Unternehmen. Dass die Gruppe der Gesellschafter eine GbR oder andere Gesellschaft bildete und ihre Beteiligungen in einer solchen Gesellschaft zusammenzurechnen waren, sodass die Gesellschaft durch eine mindestens 95%ige Beteiligung selbst ein herrschendes Unternehmen hätte sein können, war nicht nachgewiesen.
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Eine Gruppe natürlicher Personen, die nicht in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zusammengeschlossen sind, ist kein Rechtsträger im zivilrechtlichen und grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne und kann kein herrschendes Unternehmen i. S. des § 6a Satz 3 und 4 GrEStG sein.
Hinweis: In seinem Urteil v. 21.5.2025 - II R 31/22 entschied der BFH erneut darüber, ob auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist durch das herrschende Unternehmen in Bezug auf die aufnehmende Gesellschaft verzichtet werden kann, wenn die Einhaltung der Frist rechtlich möglich gewesen wäre (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 30.10.2025).
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 30.10.2025 und BFH, Urteil v. 21.5.2025 - II R 56/22; NWB Datenbank (lb)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im II. Senat des BFH Prof. Dr. Matthias Loose gelangen Sie hier (Login erforderlich).