Online-Nachricht - Donnerstag, 27.11.2025
Umsatzsteuer | Steuerbefreiung von Krankenhausbehandlungsleistungen eines nicht zugelassenen privaten Krankenhauses (BFH)
Die Krankenhausleistungen eines nicht nach § 108 SGB V zugelassenen privaten Krankenhauses sind nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL umsatzsteuerfrei, wenn sie nicht unter Bedingungen erbracht werden, die mit den Bedingungen für zugelassene Krankenhäuser in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, das heißt wenn das private Krankenhaus nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung wie zugelassene Krankenhäuser bietet (BFH, Urteil v. 8.7.2025 - XI R 36/23; veröffentlicht am 27.11.2025).
Hintergrund: Die Umsätze aus Krankenhausbehandlungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht wurden, waren u.a. nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG a.F. steuerfrei. Diese sonstigen Leistungen waren darüber hinaus nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Buchst. aa UStG a.F. u.a. auch dann steuerfrei, wenn sie von zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 SGB V a.F. erbracht wurden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelte, auf die sich die Zulassung jeweils bezog.
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL sind u.a. Umsätze aus Krankenhausbehandlungen steuerfrei, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden.
Sachverhalt: Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2014 eine Privatklinik, welche nicht nach § 108 SGB V zugelassen war, so dass gesetzlich Krankenversicherte keinen Anspruch hatten, dort behandelt zu werden. Ihre Leistungen stellte die Klägerin den Patienten unmittelbar in Rechnung. Das Leistungsangebot der Klägerin richtete sich auch an gesetzlich Versicherte oder nicht versicherte Personen, die ihre Kosten selbst zu tragen hatten. Sofern die Behandlung medizinisch indiziert war, rechnete die Klägerin ihre Leistungen ohne Ausweis von Umsatzsteuer ab. Das FA erkannte die Steuerfreiheit der Klinikleistungen nicht an.
Das FG der ersten Instanz wies die Klage ab. Die Umsätze seien nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG a.F. steuerfrei, da es sich bei der Klägerin weder um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG a.F. handele, noch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 UStG a.F. erfüllt seien. Die Steuerfreiheit der Krankenhausleistungen ergebe sich auch nicht unmittelbar aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, da die Krankenhausleistungen nicht unter Bedingungen erbracht worden seien , die mit den Bedingungen für Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar seien (FG München, Urteil v. 18.10.2023 - 3 K 317/18, s. hierzu Lüger, USt direkt digital 19/2024 S. 6).
Die Richter des BFH wiesen die Revision zurück:
-
Das FG hat zutreffend erkannt, dass sich die Klägerin zur Inanspruchnahme der begehrten Steuerbefreiung ihrer im Streitjahr erbrachten Krankenhausleistungen grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL berufen kann.
-
Denn der in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG a.F. enthaltene sozialversicherungsrechtliche Bedarfsvorbehalt war unionsrechtswidrig (vgl. BFH-Urteile v. 23.10.2014 - V R 20/14, BStBl II 2016, 785, Rz 19 ff. [s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 25.2.2015]; v. 18.3.2015 - XI R 38/13, BStBl II 2016, 793, Rz 39 f. [s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.6.2015 ]; v. 23.1.2019 - XI R 15/16, Rz 74 f. [s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.4.2019]; EuGH, Urteil v. 7.4.2022 - C-228/20, Rz 70 [s. hierzu Walkenhorst, USt direkt digital 8/2022 S. 16]).
-
Allerdings hat das FG ebenfalls zu Recht erkannt, dass sich die Steuerfreiheit auch nicht aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ergibt.
-
Aus revisionsrechtlicher Sicht ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, dass das FG im Rahmen der nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL vorzunehmenden Beurteilung, ob die streitgegenständlichen Krankenhausleistungen unter Bedingungen erbracht wurden, die mit denen für Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese Voraussetzung für die Steuerbefreiung der fraglichen Leistungen nicht gegeben ist.
-
Das FG hat zugunsten der Klägerin zu Recht erkannt, dass das von der Klägerin betriebene private Krankenhaus die für die soziale Vergleichbarkeit relevante Leistungsfähigkeit aufweist.
-
Auch ist das FG im Streitfall zu Recht davon ausgegangen, dass die von ihm erkannte fehlende Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung (erhöhter Pflegeschlüssel, Versorgung eines Chefarztstandards sowie Vorhalten von medizinisch nicht notwendigen Einzelzimmern) gegen eine soziale Vergleichbarkeit spricht.
-
Ebenfalls zu Recht hat das FG bei seiner Würdigung den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin von ihren Patienten deutlich höhere Vergütungssätze verlangte, als dies einem zugelassenen Krankenhaus möglich gewesen wäre. Dies spricht gegen die Annahme, dass die streitigen Leistungen unter Bedingungen erbracht wurden, die sozial mit denen öffentlicher Einrichtungen vergleichbar sind.
-
Das FG hat ebenso zu Recht erkannt, dass der Umstand, dass die Kosten der Leistungen der Klägerin nicht zu einem großen Teil von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen wurden, gegen eine Vergleichbarkeit der Bedingungen in sozialer Hinsicht spricht.
Quelle: BFH, Urteil v. 8.7.2025 - XI R 36/23; NWB Datenbank (il)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im XI. Senat des BFH Prof. Dr. Alois Nacke gelangen Sie hier (Login erforderlich).