Online-Nachricht - Donnerstag, 11.12.2025

Einkommensteuer | Anwen­dung des § 50i Abs. 1 EStG auf Besitz-Per­sonen­gesell­schaf­ten in Schen­kungs­fällen (BFH)

§ 50i Abs. 1 Satz 4 EStG i.d.F. KroatienAnpG setzt als modi­fi­zierte Rechts­grund­ver­wei­sung auf Abs. 1 Satz 1 der Vor­schrift eine Über­tragung oder Über­führung des be­tref­fen­den Wirt­schafts­guts in das Betriebs­ver­mögen der Besitz-Per­sonen­gesell­schaft voraus (BFH, Urteil v. 16.7.2025 - I R 13/22; veröf­fent­licht am 11.12.2025).

Hintergrund: Nach § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG i.d.F. KroatienAnpG gelten dann, wenn Wirtschafts­güter vor dem 29.6.2013 Betriebs­vermögen eines Einzel­unter­nehmens oder einer Personen­gesell­schaft geworden sind, die deswegen Einkünfte aus Gewerbe­betrieb erzielen, weil der Steuer­pflichtige sowohl im über­lassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesell­schaftern einen einheitlichen geschäft­lichen Betäti­gungs­willen durch­setzen kann und dem nutzenden Betrieb eine wesent­liche Betriebs­grund­lage zur Nutzung über­lässt, die Sätze 1 und 3 der Vorschrift sinn­gemäß.

§ 50i Abs. 1 Satz 1 EStG ordnet für Wirtschaftsgüter des Betriebs­vermögens oder Anteile im Sinne des § 17 EStG, die vor dem 29.6.2013 in das Betriebs­vermögen einer Personen­gesell­schaft im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG übertragen oder überführt worden sind und bei denen im Zeitpunkt der Über­tragung oder Über­führung eine Besteue­rung der stillen Reserven unter­blieben ist, Folgendes an:

Der Gewinn aus der späteren Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschafts­güter, den ein Steuer­pflichtiger erzielt, der im Sinne eines DBA in einem anderen Vertrags­staat ansässig ist, ist unge­achtet entgegen­stehen­der Bestim­mungen dieses DBA zu versteuern. Nach § 50i Abs. 1 Satz 3 EStG erstreckt sich die Ver­steuerung ‑ ebenfalls ungeachtet entgegen­stehender Bestim­mungen eines DBA ‑ auch auf laufende Einkünfte aus der Beteiligung an der Personen­gesell­schaft, auf die die in Satz 1 genannten Wirt­schafts­güter oder Anteile über­tragen oder überführt wurden. § 50i Abs. 1 Satz 3 EStG ist hinsicht­lich der laufenden Einkünfte aus Beteili­gungen an der Personen­gesell­schaft in allen Fällen anzu­wenden, in denen die Einkommen­steuer noch nicht bestands­kräftig festgesetzt worden ist (§ 52 Abs. 48 Satz 2 EStG).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob eine im Streitjahr 2015 von der S Ltd. an den Kläger ausge­schüttete Dividende in Deutsch­land der Besteue­rung unterliegt: Der Kläger hat in Deutsch­land weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhn­lichen Aufenthalt. Er ist als Komman­ditist an der A-GmbH & Co. KG (KG) mit Sitz in Deutsch­land mit 14% beteiligt. Weitere Komman­ditisten der KG sind X und Y sowie B und C. Die KG hat ihren Sitz in Deutschland. Ihre Geschäfte werden durch die ebenfalls im Inland ansässige Komplemen­tärin, die V GmbH, geführt.

An der V GmbH waren zu jeweils 50 % der Kläger und B beteiligt; Geschäftsführer waren bis Dezember 2015 X und B, danach allein B.

Die KG verpachtete im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als Besitz­unter­nehmen Anlage­vermögen an die inländische Z GmbH (Betriebs­unter­nehmen). Eine weitere gewerb­liche Tätigkeit ‑‑neben der Verpachtung des Anlage­vermögens‑‑ übte sie nicht aus.

Ursprünglich war X alleiniger Anteilseigner der Z GmbH. Zudem hielt er jedenfalls im Jahr 2008 sämtliche Anteile an der S Ltd., die in seiner Sonderbilanz bei der KG bilanziert wurden. Die S Ltd. hat ihren Sitz in Singapur.

Im Jahr 2010 übertrug X im Wege der Schenkung und Abtretung jeweils 24 % seiner Anteile am Stammkapital der Z GmbH sowie der damit verbundenen Stimmrechte sowie jeweils 50 % seiner Anteile an der S Ltd. unentgelt­lich auf den Kläger und B. Mit der Über­tragung wurden die vormals im Sonder­betriebs­vermögen des X bei der KG bilanzierten Anteile an der S Ltd. nunmehr jeweils in Höhe der Hälfte des Buchwertes im Sonder­betriebs­vermögen des Klägers und des B bei der KG bilanziert. Im Über­tragungs­zeitpunkt war der Kläger bereits nach dem DBA-USA in den Vereinigten Staaten steuerlich ansässig.

Im Bescheid über die gesonderte und einheit­liche Fest­stellung von Besteue­rungs­grund­lagen der KG für 2010 wurde, wie von der KG erklärt, die Übertragung der Anteile an der Z GmbH und an der S Ltd. als eine Übertragung zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG behandelt. Das FA schloss sich dieser Würdigung im Nachgang einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2008 bis 2011 an. Daher wurde der Bescheid der KG über die gesonderte und einheit­liche Feststellung von Besteue­rungs­grund­lagen für 2010 nur im Hinblick auf andere Punkte geändert. Der zuvor bestehende Vorbehalt der Nach­prüfung wurde aufgehoben. Der Änderungsbescheid wurde nicht angefochten.

Im Jahr 2012 übertrug X jeweils weitere 25 % der Geschäftsanteile der Z GmbH unentgelt­lich auf den Kläger und B, wobei er das mit diesen Anteilen verbundene Recht zur Stimmrechtsausübung zurückbehielt.

Im Streitjahr schüttete die S Ltd. eine Dividende an den Kläger aus. Diese Dividende wurde im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteue­rungs­grund­lagen der KG für das Streitjahr zunächst nicht (als Gewinn aus Sonder­betriebs­vermögen) berücksichtigt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Das FA vertrat die Auffassung, der Anteil des Klägers an der S Ltd. sei nach § 50i Abs. 1 EStG steuerverhaftet, weshalb die im Streitjahr zuge­flos­senen Dividenden als laufende Betei­ligungs­erträge in Deutsch­land zu versteuern seien.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 29.9.2021 - 14 K 880/20, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 23.12.2022).

Auf die Revision des Klägers hoben die Richter des des BFH das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhand­lung und Entschei­dung an das FG zurück:

  • Ob eine Besteuerung in Deutsch­land in Bezug auf die von der S Ltd. gezahlte Dividende auf § 50i Abs. 1 EStG gestützt werden kann, kann auf der Grund­lage der bislang vorliegenden tatrichter­lichen Feststel­lungen nicht abschließend ent­schieden werden.

  • § 50i Abs. 1 Satz 4 i.d.F. des KroatienAnpG setzt als modifi­zierte Rechts­grund­verweisung auf Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift eine Über­tragung oder Über­führung des betref­fenden Wirtschafts­guts in das Betriebs­vermögen der Besitz-Personen­gesell­schaft voraus.

  • Eine Übertragung oder Überführung in diesem Sinne ist (nur) der erstmalige Übergang des Wirtschaftsguts "von außen" in das Betriebs­vermögen der Besitz-Personen­gesell­schaft, nicht jedoch ein Transfer von Wirt­schafts­gütern zwischen dem Gesamthands- und dem Sonder­betriebs­vermögen oder zwischen verschiedenen Sonder­betriebs­vermögen derselben Personen­gesell­schaft.

  • Eine Übertragung oder Über­führung kann nur dann ohne Aufdeckung stiller Reserven im Sinne des § 50i Abs. 1 EStG erfolgt sein, wenn das maßgeb­liche Wirtschaftsgut überhaupt über stille Reserven verfügt hat. Hieran fehlt es insbe­sondere, wenn die Herstel­lung oder der entgelt­liche Erwerb des Wirt­schafts­guts mit dem Zeitpunkt, zu dem es Betriebs­vermögen der Personen­gesell­schaft geworden ist, zusammen­fällt.

  • Ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 50i Abs. 1 EStG, das ohne Aufdeckung stiller Reserven in ein Betriebsvermögen einer Besitz-Personen­gesell­schaft über­tragen worden ist, bleibt nach § 50i EStG steuerverhaftet, wenn es im Wege der Schenkung ohne Aufdeckung stiller Reserven und ohne Ausscheiden aus dem Betriebs­vermögen der Personen­gesell­schaft zivil­recht­lich auf eine andere Person über­tragen wird; die Rechts­folgen des § 50i Abs. 1 Satz 1 und 3 EStG können in diesem Fall auch erstmals bei dem Rechtsnachfolger eintreten.

  • Bei der nach § 50i Abs. 1 EStG vorzu­nehmen­den Prüfung, ob Anteile die Voraus­setzun­gen des § 17 EStG erfüllen, ist auf die im Zeitpunkt der Über­tragung oder Über­führung jeweils gültige Fassung des § 17 EStG abzustellen.

Quelle: BFH, Urteil v. 16.7.2025 - I R 13/22; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im I. Senat des BFH Prof. Dr. Alois Nacke gelangen Sie hier (Login erforder­lich).