Online-Nachricht - Donnerstag, 11.12.2025

Zollrecht | Einziehung einer aus Russ­land stam­men­den Schiffs­ladung (BFH)

Bei der Auslegung des Art. 3i der Verord­nung (EU) Nr. 833/2014 sind die Vor­gaben des See­rechts­über­einkom­mens der Verein­ten Natio­nen (SeeRÜbk) - ins­beson­dere das Recht auf fried­liche Durch­fahrt (Art. 17, 18 SeeRÜbk) und das völker­gewohn­heits­recht­lich an­er­kannte Not­hafen­recht - sowie die in Art. 3s Abs. 3 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 833/2014 ver­ankerte Not­hafen-Aus­nahme zu berück­sich­tigen. Ob und in welchem Um­fang hieraus für havarie­bedingt einge­laufene Schiffe mit sanktio­nier­ter Ladung eine sanktions­recht­liche Aus­nahme­situa­tion folgt, ist unions­recht­lich klä­rungs­bedürf­tig und begrün­det im Ver­fahren nach Art. 45 Abs. 2 des Zoll­kodex der Union (UZK) erheb­liche Zweifel an der Recht­mäßig­keit einer auf Art. 198 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Zoll­ver­wal­tungs­gesetzes gestütz­ten Ein­ziehung der Ladung. (BFH, Be­schluss v. 26.11.2025 - VII B 80/25 (AdV); veröf­fent­licht am 11.12.2025).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Aus­setzung der Voll­ziehung (AdV) einer auf Art. 198 Abs. 1 des Zoll­kodex der Union (UZK) gestützten Ein­ziehungs­ver­fügung, die sich auf eine aus der Russischen Födera­tion (Russland) stam­mende Schiffs­ladung bezieht.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Das in Art. 3i Abs. 1 der Verord­nung (EU) Nr. 833/2014 in der bis zum 24.02.2025 geltenden Fassung der Verord­nung (EU) 2024/3192 (Verord­nung (EU) Nr. 833/2014) verwendete Tatbestandsmerkmal des "Ver­bringens" gelisteter Waren in das Zollgebiet der Union ist auf der Grundlage einer summari­schen Prüfung als ein vom mensch­lichen Willen getragener Realakt des körper­lichen Gelangens zu verstehen.

  • In einer durch technische Defekte ausgelösten Seenot­situation, in der ein Schiff manövrier­unfähig treibt und lediglich durch äußere Umstände (Wind, Strömung) in Gewässer der Union gelangt, ist das Vorliegen eines willens­getragenen Verbringens im Sinne dieser Vorschrift ernstlich zweifelhaft.

  • Bei der Auslegung des Art. 3i der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 sind die Vorgaben des Seerechts­über­einkommens der Vereinten Nationen (SeeRÜbk) - insbe­sondere das Recht auf friedliche Durchfahrt (Art. 17, 18 SeeRÜbk) und das völker­gewohn­heits­recht­lich anerkannte Nothafenrecht - sowie die in Art. 3s Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 verankerte Nothafen-Ausnahme zu berücksichtigen.

  • Ob und in welchem Umfang hieraus für havarie­bedingt einge­laufene Schiffe mit sanktio­nierter Ladung eine sanktions­recht­liche Ausnahme­situation folgt, ist unions­rechtlich klärungs­bedürftig und begründet im Verfahren nach Art. 45 Abs. 2 des Zollkodex der Union (UZK) erhebliche Zweifel an der Recht­mäßigkeit einer auf Art. 198 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Zoll­verwaltungs­gesetzes gestützten Einziehung der Ladung.

Quelle: BFH, Beschluss v. 26.11.2025 - VII B 80/25 (AdV); NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VII. Senat des BFH Dr. Fabian Schmitz-Herscheidt gelangen Sie hier (Login erforder­lich).