Online-Nachricht - Donnerstag, 18.12.2025

Grunderwerbsteuer | Einbringung von An­teilen an einer grund­besitzen­den Per­sonen­gesell­schaft in erst kurz zuvor ge­grün­dete Kapital­gesell­schaft (BFH)

Der nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuer­bare Wechsel im Gesell­schafter­bestand einer grund­besitzen­den Per­sonen­gesell­schaft auf­grund der Ein­bringung sämt­licher Anteile einer mittel­bar betei­ligten Kapital­gesell­schaft in eine neu gegrün­dete Kapital­gesell­schaft ist nicht nach § 6a GrEStG von der Grund­erwerb­steuer befreit, wenn der Ein­brin­gende nicht inner­halb von fünf Jahren vor der Ein­brin­gung zu min­destens 95 % an der anteils­auf­nehmen­den Kapitalgesellschaft beteiligt war (BFH, Urteil v. 8.10.2025 - II R 33/23; veröf­fent­licht am 18.12.2025).

Hintergrund: Gemäß § 6a Satz 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuer­baren Rechts­vorgang aufgrund einer Umwand­lung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, einer Ein­bringung oder eines anderen Erwerbs­vorgangs auf gesell­schafts­vertrag­licher Grundlage die Steuer nicht erhoben. Gemäß § 6a Satz 3 GrEStG gilt die Steuer­begünsti­gung nach § 6a Satz 1 GrEStG nur, wenn an dem Vorgang aus­schließ­lich ein herr­schen­des Unter­nehmen und ein oder mehrere von diesem herr­schenden Unter­nehmen abhängige Gesell­schaften oder mehrere von einem herr­schenden Unter­nehmen abhängige Gesell­schaften beteiligt sind. Im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG abhängig ist eine Gesell­schaft, an deren Kapital oder Gesell­schafts­vermögen das herr­schende Unter­nehmen inner­halb von fünf Jahren vor dem Rechts­vorgang (Vorbe­haltens­frist) und fünf Jahren nach dem Rechts­vorgang (Nach­behaltens­frist) unmit­telbar oder mittel­bar oder teils unmit­telbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununter­brochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).

Sachverhalt: Die Parteien streiten um die Frage, ob die Steuer­vergünsti­gung des § 6a GrEStG auch bei Ein­bringungen zur Neu­gründung anwendbar ist: Die Klägerinnen sind Komman­dit­gesell­schaften, an denen als persönlich haftender Gesellschafter jeweils eine ausländische Gesellschaft nach dem Recht des Staates X beteiligt ist. Sie sind Eigentümerinnen von Grund­besitz in Deutsch­land. Sämtliche Anteile an den Klägerinnen hält – mittelbar über mehrere Betei­ligungs­ebenen – die D Company. Die D Company ist eine Kapital­gesell­schaft auslän­dischen Rechts, an der die Regierung des Staates Z sämtliche Anteile hält.

Am 19.1.2017 wurde die I-Company als weitere Kapital­gesell­schaft ausländischen Rechts gegründet. Zur alleinigen Anteils­eignerin der I-Company wurde die Regierung des Staates Z bestimmt. Im Gegenzug sah das Gesetz die Ein­bringung sämt­licher Anteile der Regierung des Staates Z an der D-Company in die I-Company vor. Die Klägerin­nen zeigten den Vorgang beim zuständigen Finanzamt an, welches gem. § 1 Abs. 2a GrEStG Grund­erwerb­steuer festsetzte. Die Kläger beriefen sich auf die Steuer­begünsti­gung des § 6a GrEStG, die das FA mit der Begründung versagte, dass die Vorbehaltensfrist nach § 6a Satz 4 GrEStG nicht einge­halten worden sei.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Zwar sei die Vor­behaltens­frist nicht einge­halten worden. Jedoch stehe § 6a Satz 4 GrEStG der Gewährung der Steuer­vergünsti­gung nicht entgegen, da vor­liegend eine miss­bräuchliche Gestaltung unter Berück­sichti­gung der Beteili­gungs­verhält­nisse vor und nach der Ein­bringung nicht erkennbar sei (Sächsisches FG, Urteil v. 9.11.2023 - 2 K 939/20, s. hierzu Schlücke, IWB 10/2024 S. 396) sowie Demuth/Braun, NWB EV 5/2024 S. 150).

Die Richter des BFH folgten dem nicht, hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur ander­weitigen Verhand­lung und Entschei­dung an das FG zurück:

  • Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass für die nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Ein­bringung der Anteile an der D Company in die I Company die Voraus­setzun­gen der Steuer­befreiung nach § 6a GrEStG erfüllt sind.

  • Die Anwendung des § 6a GrEStG scheitert im Streitfall jedenfalls daran, dass an dem Einbringungsvorgang entgegen den Anforderungen aus § 6a Satz 3 und 4 GrEStG nicht ausschließ­lich ein herr­schendes und eine von diesem herrschenden Unter­nehmen abhängige Gesell­schaft beteiligt waren.

  • Beteiligt an dem steuerbaren Einbringungsvorgang vom 19.1.2017 waren die Regierung des Staates Z als anteils­abgebender Rechts­träger und die I-Company als anteils­aufnehmende Gesell­schaft. Die I-Company ist jedoch keine von der Regierung des Staates Z im Sinne des § 6a Satz 3 GrEStG abhängige Gesellschaft.

  • Auf die Einhaltung der fünfjährigen Vor­behaltens­frist kann im Streit­fall nicht nach den in den BFH-Urteilen v. 21.8.2019 - II R 16/19 (II R 36/14), BStBl II 2020, 333 - und v. 25.9.2024 II R 2/22, BStBl II 2025, 253 aufgestellten Rechts­grund­sätzen verzichtet werden.

  • Der BFH hat in den genannten Urteilen entschieden, dass bei einer Aus­gliederung zur Neugründung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG die in § 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwand­lungs­vorgangs auch eingehalten werden können. Bei einer Aus­gliederung zur Neu­gründung kann die Vor­behaltens­frist umwand­lungs­bedingt nicht einge­halten werden, weil die neu gegründete Gesellschaft erst durch die Aus­gliederung entsteht.

  • Diese Rechtsgrundsätze lassen sich entgegen der Auffas­sung des FG nicht auf den Streit­fall übertragen. Anders als bei einer Aus­gliederung zur Neu­gründung, bei der die neu gegründete Gesell­schaft rechtlich erst durch den Umwand­lungs­vorgang entsteht, ist es bei einer Ein­bringung von Anteilen in eine zuvor gegründete Gesellschaft rechtlich möglich, dass das herr­schende Unter­nehmen an der abhängigen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren vor dem Ein­bringungs­vorgang beteiligt ist.

  • Unerheblich ist auch, dass bei einer Ein­bringung innerhalb eines Konzerns ein Miss­brauch der Steuer­befreiung ausge­schlossen ist. Die vom FG vorge­nommene Aus­legung des § 6a GrEStG in der Weise, dass im Einzelfall eine Miss­brauchs­prüfung durchzu­führen ist, ist im Gesetzes­wortlaut nicht angelegt.

  • In der unterschiedlichen Behandlung der Ausgliederung zur Neugründung und der Ein­bringung von Geschäfts­anteilen in eine neu gegrün­dete Gesell­schaft in Bezug auf die Einhal­tung der Vorbe­haltens­frist nach § 6a Satz 4 GrEStG liegt keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.

Quelle: BFH, Urteil v. 8.10.2025 - II R 33/23; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im II. Senat des BFH Prof. Dr. Matthias Loose gelangen Sie hier (Login erforder­lich).