Lächelnder junger Mann mit Zopf am Schreibtisch

Rückstellungen im Zusammenhang mit der (freiwilligen) Jahresabschlussprüfung

Für Unternehmen besteht eine (gesetzliche) Verpflichtung zur Erstellung einer Bilanz, zur Durchführung einer Jahresabschlussprüfung sowie zur Abgabe einer Steuererklärung. Die hiermit verbundenen Aufwendungen sind wirtschaftlich dem Geschäftsjahr zuzuordnen, in dem die betreffende Bilanz erstellt, eine Jahresabschlussprüfung durchgeführt sowie eine Steuererklärung abgegeben wird.

Sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz sind hierfür Verbindlichkeitsrückstellungen zu bilden, bspw. für die zu erwartenden Aufwendungen einer gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlussprüfung durch einen Abschlussprüfer und Veröffentlichung des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger oder für die zu erwartenden Aufwendungen zur Erstellung einer betrieblichen Steuererklärung. 

Die freiwillige Jahresabschlussprüfung im Steuerrecht 

Früher konnten Gesellschaften sowohl im Handels- als auch im Steuerrecht Verbindlichkeitsrückstellungen bilden, bspw. für die zu erwartenden Aufwendungen zur Durchführung und Offenlegung einer freiwilligen Jahresabschlussprüfung.

Der BFH hat in seinem Urteil vom 5.6.2014 – IV R 26/11 allerdings entschieden, dass fortan keine Rückstellungen mehr für die Durchführung und Offenlegung freiwilliger Jahresabschlussprüfungen in der Steuerbilanz gebildet werden dürfen, wenn eine Gesellschaft dazu bspw. „nur“ aufgrund ihres Gesellschaftsvertrags verpflichtet ist.

Begründet wird das Urteil des BFH damit, dass in diesen Fällen die zu erwartenden Aufwendungen ausschließlich reine Selbst- und Innenverpflichtungen darstellen, die trotz ihrer Einklagbarkeit keine rückstellungsfähige Außenverpflichtung begründen können. Somit darf in der Steuerbilanz keine Rückstellung angesetzt werden. 

Die freiwillige Jahresabschlussprüfung im Handelsrecht 

Handelsrechtlich wird hingegen eine gegenteilige Meinung durch das IDW vertreten. Nach Ansicht des IDW ist auch in den Fällen, in denen eine freiwillige Jahresabschlussprüfung durchgeführt werden soll, der Ansatz einer Rückstellung geboten.

Begründet wird dies damit, dass die Gesellschafter aufgrund des zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrags die Jahresabschlussprüfung gerichtlich einklagen können und insoweit im Verhältnis zur Gesellschaft ebenfalls als fremde Dritte zu verstehen sind, sodass eine Außenverpflichtung vorliegt.

Somit darf in der Handelsbilanz eine Rückstellung angesetzt werden. Gleiches dürfte zudem in den Fällen gelten, in denen sich eine Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses aus Vereinbarungen mit Banken ergibt (z. B. im Zusammenhang mit Kreditvereinbarungen). 

Hinweis:  

Das Urteil des BFH im Zusammenhang mit der Bildung von Rückstellungen für die Durchführung von freiwilligen Jahresabschlussprüfungen geht über den dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt einer Personengesellschaft hinaus, da dieses auf Gesellschaften aller Rechtsformen übertragbar ist und somit eine große Ausstrahlwirkung in der Steuerpraxis entfaltet.

Beispiel: 

Die Alpha GmbH ist nach §267 HGB (sowie nach §141 AO) als kleine Kapitalgesellschaft zu qualifizieren. Für kleine Kapitalgesellschaften entfällt nach §§ 316 ff. HGB die Pflicht zur Prüfung. Im Gesellschaftsvertrag der Alpha GmbH ist jedoch die Durchführung einer Jahresabschlussprüfung vorgesehen. Die Alpha GmbH entscheidet sich daher dafür, eine freiwillige Jahresabschlussprüfung zum Abschlussstichtag 31.12. von dem Abschlussprüfer Herrn Stark durchführen zu lassen. Für die Durchführung der freiwilligen Jahresabschlussprüfung zum Abschlussstichtag 31.12. erwägt die Alpha GmbH den Ansatz einer Rückstellung. 

Steuerrechtliche Beurteilung:

Steuerrechtlich scheidet der Ansatz einer Rückstellung für die Durchführung einer freiwilligen Jahresabschlussprüfung aus. Das lässt sich damit begründen, dass die Alpha GmbH nicht nach gesetzlichen Vorschriften dazu verpflichtet ist, zum Abschlussstichtag 31.12. eine Jahresabschlussprüfung durchführen zu lassen. Somit fehlt es der Verpflichtung am Charakter einer Außenverpflichtung, sodass der Ansatz einer Rückstellung nicht in Betracht kommt. 

Handelsrechtliche Beurteilung:

Handelsrechtlich ist hingegen der Ansatz einer Rückstellung für die Durchführung einer freiwilligen Jahresabschlussprüfung zum Abschlussstichtag 31.12. geboten. Das lässt sich damit begründen, dass die Gesellschafter der Alpha GmbH aufgrund des zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrags die Jahresabschlussprüfung gerichtlich einklagen können und insoweit im Verhältnis zur Gesellschaft ebenfalls als fremde Dritte zu verstehen sind, sodass eine Außenverpflichtung vorliegt. Somit darf in der Handelsbilanz eine Rückstellung angesetzt werden. 

Leicht modifiziert entnommen aus: „Rückstellungen in der Bilanzierungspraxis – Ansatz, Ausweis und Bewertung in Handels- und Steuerrecht“, 5. Aufl. 2025. Das Buch bietet ein umfangreiches ABC mit über 1.000 Stichwörtern sowie eine besondere Berücksichtigung der Bilanzierung von Pensionsrückstellungen. Mehr Informationen erhalten Sie hier

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Von WP/StB Dipl.-Kfm. Kai Peter Künkele, WP/StB Michael Vodermeier M. Sc. und WP/StB Dipl.-Kfm. Prof. Dr. Christian Zwirner. Unter Mitarbeit von Dr. Marcel Schmeer.

5. Auflage. 2025. XLIV, 469 Seiten. Broschur.
978-3-482-68405-0-5

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