
Bewährt und ergänzt
Seit fast zwei Jahrzehnten hat sich das Praxishandbuch der GmbH bewährt und die wesentlichen gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Fallstricke zusammengefasst. Jetzt ist es in Neuauflage erschienen und wurde im 3. Teil mit konkreten Fallbeispielen ergänzt. Die in der Online-Version zur Verfügung stehenden Vertragsmuster/Musterschreiben geben zusätzlich konkrete Hilfen an die Hand.
3. Teil: Praxisrelevante Fallgestaltungen
E. Tod des Alleingesellschafters und einzigen Geschäftsführers/führungslose GmbH (Auszug)
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Mit dem Erbfall ist eine Veränderung in den Personen der Gesellschafter eingetreten; somit muss unverzüglich nach Bekanntwerden des Todes eines Gesellschafters gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG eine neue Gesellschafterliste seitens der Geschäftsführer eingereicht werden. Da aber kein Geschäftsführer vorhanden ist, kann diese Aufgabe nicht ohne Weiteres wahrgenommen werden.
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Die Anmeldung zur Gesellschafterliste im Wege der Geschäftsführeranmeldung kann nur mithilfe eines Notgeschäftsführers durchgeführt werden, wenn es keinen anderen Weg gibt. Dem OLG Köln lag zu diesem Fragenkreis folgender Fall zur Entscheidung vor (OLG Köln Beschluss v. 27.06.2019 - 18 Wx 11/19):
Der Gesellschafter und Alleingeschäftsführer einer GmbH mit 95 %-Beteiligung war verstorben und die antragstellende Ehefrau war seine Alleinerbin. Kurze Zeit später verstarb der 2. Gesellschafter, der mit 5 % an der GmbH beteiligt war. Der 2. Gesellschafter wurde von einer anderen Person beerbt. Zwischen den Erben herrschte Streit, sodass eine Versammlung mit Beschluss zur Anmeldung der Erbengesellschafter nicht möglich war. Daher beantragte die zu 95 % beteiligte Erbin, sie als Notgeschäftsführerin zu bestellen.
Das Handelsregister des AG Köln hat diesen Antrag zurückgewiesen, da es keine Notwendigkeit zur Bestellung eines Notgeschäftsführers sah, da die derzeitigen Gesellschafter in der Lage seien, im Rahmen einer Gesellschafterversammlung einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Dem ist das OLG Köln entgegengetreten und gab dem Antrag mit dem Aufgabenumfang, Änderung der Gesellschafterliste und Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines Geschäftsführers, statt
In der vorgestellten streitigen Fallkonstellation folgt das OLG Köln der Meinung im Schrifttum, wonach die Bestellung eines Notgeschäftsführers erforderlich ist. Es hat ausdrücklich keine Stellung zu der Frage bezogen, ob es den noch nicht in die Gesellschafterliste aufgenommenen Gesellschafter-Erben möglich ist, ihre Gesellschafterrechte zumindest schwebend unwirksam wahrzunehmen und so die Bestellung eines neuen Geschäftsführers zu erreichen. Das OLG gibt nur den Hinweis, dass ein solcher Weg wegen der schwebenden Unwirksamkeit rechtlich nicht unbedenklich sei.
Darüber hinaus sei dieser Weg jedenfalls dann, wenn unter den Gesellschaftern hierüber kein Konsens bestehe, mit erheblichen Risiken behaftet. Von daher könne weder der Gesellschafter-Erbe, der seine Aufnahme in die Gesellschafterliste erreichen möchte, noch die Gesellschaft, der es um die Bestellung eines neuen Geschäftsführers geht, hierauf verwiesen werden. Damit hat das OLG klargestellt, dass ein Antrag auf Notgeschäftsführung nicht von Amts wegen zurückgewiesen werden darf.
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Der Weg zur Notgeschäftsführung kann bei Konzessionsbetrieben, oder bei einem schnellen Akquirieren von Kunden unpraktikabel sein, wenn nicht in kurzer Zeit ein vollwertiger Geschäftsführer für die GmbH handeln kann.
Um in solchen Fällen eine unverzügliche, praktikablere Lösung zu finden, wird der Vorschlag unterbreitet, sich der Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG zu bedienen. Danach wäre es möglich, dass ein Beschluss zur Geschäftsführerbestellung, durch die noch nicht in der Gesellschafterliste eingetragenen Erben gefasst wird.
Dieser Beschluss könnte im Rahmen einer Gesellschafterversammlung stattfinden, bei der die Erben auf alle Formalia, insbesondere die form- und fristgerechte Ladung, verzichten. Würde sodann die vom neuen Geschäftsführer eingereichte, die Erben ausweisende Gesellschafterliste in das Handelsregister aufgenommen, so würden die Erben – letztlich im Wege der „Selbstheilung“ – rückwirkend zu (relativen) Gesellschaftern, welche einen wirksamen Beschluss zur Geschäftsführerbestellung fassen konnten. Der zunächst schwebend unwirksame Beschluss würde damit wirksam.
In dieser Sondersituation aber müssen sich die nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Erben gegenüber dem Registergericht förmlich legitimieren und zweifelsfrei ihre Erbenstellung nachweisen.
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Das OLG Köln hatte den Beschluss des AG Köln, der einen Antrag auf Notgeschäftsführung ablehnte, aufgehoben und dem Antrag auf Notgeschäftsführung mit beschränktem Aufgabenkreis stattgegeben. Der Tenor dieses Beschlusses kann für eine korrekte, vorsorgliche Vertragsformulierung als Muster dienen.
Daher bietet sich folgende Formulierung unter Verwendung des obigen Beispiels an:
„…. Notgeschäftsführung bei Tod des letzten Gesellschafters und Alleingeschäftsführers
Im Falle meines Vorversterbens und bei Fehlen eines weiteren Geschäftsführers bestimme ich meine Frau E beschränkt auf die Aufgabenkreise
- Änderung der Gesellschafterliste
- Einberufung einer Gesellschafterversammlung
zur Bestellung eines Geschäftsführers.“
Unser Buchtipp für Sie:
Praxishandbuch der GmbH
Gesellschafts- und Steuerrecht
Von Rechtsanwalt Steuerberater Dr. Hartmut Klein, Rechtsanwalt Vors. Richter am FG a. D. Thomas Müller, Rechtsanwalt Prof. Dr. Stephan Arens und Rechtsanwalt Dr. Andreas Bietmann.
5. Auflage. 2025. 1152 Seiten. Gebunden. 978-3-482-56965-4
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