Aufgestapelte Münzen und aufsteigender Graf

Werbungskosten und der Koalitionsvertrag 2025

Werbungskosten gelten als „Inspektorenmaterie“, sind jedoch von größter praktischer Relevanz. Dies gilt umso mehr, da der sog. Steuer- und Abgabenkeil, d. h. die Belastung mit Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen als Anteil der Arbeitskosten, in Deutschland für einen alleinstehenden Arbeitnehmenden mit durchschnittlichem Einkommen im Jahr 2024 bei 47,9 % lag.

Dies bedeutet einen Anstieg um 0,2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr, womit Deutschland im OECD-Vergleich hinter Belgien den zweiten Platz belegt (OECD, Taxing Wages 2025 – Germany).  

Notwendige Reformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit 

Angesichts dringend notwendiger Reformen, geopolitischer Verwerfungen und zunehmender Marktunsicherheiten sieht sich die Steuerpolitik als Standortfaktor verstanden. Schließlich sind Wachstum und Zusammenhalt die Leitlinien unserer Haushalts- und Finanzpolitik – so der Koalitionsvertrag 2025 der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD (Verantwortung für Deutschland, Koalitionsvertrag 2025, S. 45).

Als Hebel zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit verständigten sich die Regierungsparteien deshalb auf eine aktivierende Finanzpolitik, die nicht nur die innere, sondern auch die äußere und die soziale Sicherheit garantieren solle. Damit sucht die neue Bundesregierung die Balance zwischen Wirtschaftswachstum, sozialer Verantwortung und fiskalischer Solidarität (Arconada Valbuena, DStR 2025 S. 865). Schließlich sind die haushalts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen inzwischen andere als noch vor Krisenzeiten.  

Einführung einer Arbeitstagepauschale? 

Als zentrale steuerpolitische Instrumente sollen Innovations- und Investitionsanreize ebenso wie die Senkung der Körperschaftsteuer für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sorgen. Zudem soll sich Mehrarbeit dahingehend lohnen, dass mehrarbeitsbedingte Zuschläge, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt werden (Koalitionsvertrag, a. a. O., S. 18). Auch solle die Steuererhebung durch gezielte Pauschalierungen und Typisierungen effizienter gestaltet werden, um letztlich das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Steuergesetzgebung zu stärken.

Vor diesem Hintergrund soll die Einführung einer sog. Arbeitstagepauschale geprüft werden (Koalitionsvertrag, a. a. O., S. 48). Letztere geht auf einen Vorschlag der vom Bundesfinanzministerium im Oktober 2023 eingesetzten Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“ zurück, wonach Entfernungspauschale, Homeoffice-Pauschale und die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in einer Werbungskostenpauschale zusammengefasst werden sollen. Dies reduziere Komplexitätskosten und ist schlaglichtartig mit Verweis auf Praktikabilitätserwägungen zu begründen (Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“, Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung, Abschlussbericht 2024, S. 50 ff.).  

Geplante Erhöhung der Pendlerpauschale 

Die gesetzgeberischen Spielräume enden jedoch dort, wo die speziellen grundgesetzlichen Diskriminierungsverbote betroffen sind. Unabhängig davon sieht der Koalitionsvertrag eine dauerhafte Erhöhung der Pendlerpauschale zum 1.1.2026 auf 0,38 Euro ab dem ersten Kilometer vor (Koalitionsvertrag, a. a. O., S. 46). Damit würde die Differenzierung zwischen 30 und 38 Cent ab dem 21. Kilometer entfallen, was zu spürbaren Steuermindereinnahmen führen dürfte, jedoch als kompensatorische Maßnahme angesichts steigender Mobilitätskosten (u. a. CO2-Bepreisung) zu werten ist (Arconada Valbuena, a. a. O., S. 867).

Und so zeigt sich auch hier, dass sich der gesetzgeberische Typisierungsspielraum gerade dort erweitert, wo die Erwerbssphäre von der Privatsphäre abzugrenzen ist. Denn im steuerlichen Massenverfahren „darf er [der Gesetzgeber, Anm. d. Verf.] bei der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage Praktikabilitätserwägungen Vorrang vor Gesichtspunkten der Ermittlungsgenauigkeit einräumen und auch beträchtliche Bewertungs- und Ermittlungsunschärfen in Kauf nehmen, um die Festsetzung und Erhebung der Steuer handhabbar zu halten“ (Expertenkommission, a. a. O., S. 29, mit Verweis auf BVerfG v. 10.4.2018 - 1 BvL 11/14). Nicht zuletzt deshalb sind die Werbungskosten im Bereich der Lohneinkünfte von größter praktischer Relevanz. 

Autor: Prof. Dr. Daniel R. Kälberer LL. M. 

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