Blaues Sparschweinchen auf einer Wuppe

Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung

Bis zur Einführung der gesetzlichen Schenkungsfiktion des § 7 Abs. 8 ErbStG waren disquotale Einlagen von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft nach der Rechtsprechung des BFH nicht als Schenkungen an die Mitgesellschafter einzustufen. Seit der Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG wird dies jedoch nunmehr gesetzlich fingiert.

Die gesetzliche Fiktion des § 7 Abs. 8 ErbStG ist nach einhelliger Meinung jedoch viel zu weit geraten, sodass die Anwendung der Norm in der Praxis Schwierigkeiten bereitet. Die Finanzverwaltung will daher sowohl den Begriff der Leistung als auch den Begriff der Werterhöhung einschränkend interpretieren. Die Einzelheiten sind hier jedoch unklar.

Weiterhin ist umstritten, inwieweit die Vergünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen nach den §§ 13a, 13b ErbStG auf § 7 Abs. 8 ErbStG unterfallende Vorgänge angewandt werden können. Der BFH hat in einem jüngst ergangenen Urteil zu dieser Frage Stellung genommen.

Ausgewählte Inhalte in Kürze:

  • Leistung i. S. des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das die Hingabe von Vermögen bewirkt. Auch die Abtretung des Anteils an einer Kapitalgesellschaft an diese selbst erfüllt den Leistungsbegriff.
  • § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiert eine Schenkung. Die Freigebigkeit der Leistung an die Gesellschaft ist anders als beim Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht Voraussetzung für die Steuerbarkeit.
  • Die §§ 13a, 13b ErbStG sind im Rahmen von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG unanwendbar.

Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG durch das BeitrRLUmsG vom 7.12.2011

§ 7 Abs. 8 ErbStG wurde durch das BeitrRLUmsG vom 7.12.2011[1] in das ErbStG eingefügt. Mit der Neuregelung reagierte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung auf die Rechtsprechung des BFH zur schenkungsteuerlichen Behandlung der disquotalen Einlage.[2] Nach früherer ständiger Rechtsprechung des BFH handelte es sich bei einer disquotalen Einlage nicht um eine freigebige Zuwendung i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Eine Zuwendung, die im Zusammenhang mit einem Gemeinschaftszweck stehe, sei als nicht unentgeltlich anzusehen. Gemeinschaftszweck in diesem Sinne sollte nach dem BFH insbesondere der gesellschaftsvertraglich vereinbarte Zweck einer Kapitalgesellschaft sein. Die Übertragung von Vermögen auf eine Gesellschaft stellt hiernach eine Leistung societatis causa dar und ist daher keine Schenkung oder freigebige Zuwendung.[3]

Als Reaktion auf diese Rechtsprechung normiert § 7 Abs. 8 ErbStG die Schenkungsteuerbarkeit der disquotalen Einlage. Gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung durch die Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlangt.

Nach § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG sind freigebig auch Zuwendungen an Kapitalgesellschaften, soweit sie in der Absicht getätigt werden, Gesellschafter zu bereichern und soweit an diesen Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind. Nach der Gesetzesbegründung soll diese Regelung eine Besteuerungslücke schließen. So seien direkte Zuwendungen zwischen natürlichen Personen schenkungsteuerpflichtig, wohingegen eine disquotale Einlage nach der Rechtsprechung des BGH in Ermangelung einer Vermögensverschiebung keine freigebige Zuwendung darstelle.[4]

Problemstellung

§ 7 Abs. 8 ErbStG begründet damit einen eigenen Tatbestand freigebiger Zuwendungen, losgelöst von den Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Auf eine Freigebigkeit kommt es nicht mehr an. Maßgeblich ist nach dem Wortlaut allein die durch die Leistung an die Gesellschaft objektiv eingetretene Werterhöhung.[5] § 7 Abs. 8 ErbStG enthält damit eine gesetzliche Fiktion, die dazu führt, dass Leistungen an die Gesellschaft kraft Gesetzes automatisch schenkungsteuerpflichtig sind. Die Norm ist damit viel zu weit gefasst, was bei ihrer Anwendung regelmäßig zu Schwierigkeiten führt.[6] Nach der Finanzverwaltung ist die Regelung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG daher einschränkend auszulegen.[7]

Dies gilt sowohl für den Begriff der Leistung als auch für den Begriff der Werterhöhung der Gesellschaftsanteile. Fraglich ist weiterhin, inwieweit die §§ 13a, 13b ErbStG hier anwendbar sind. Der BFH hat in einem jüngst ergangenen Urteil zu diesen Fragen Stellung genommen.[8] Der nachfolgende Beitrag stellt das Urteil vor.

Sachverhalt

Im konkreten Fall waren A, seine drei Kinder, sein Bruder B und dessen zwei Kinder sowie der Bruder C und dessen zwei Kinder Erben der D zu je 1/10. Zum Nachlass der D gehörte ein Geschäftsanteil mit dem Nennbetrag von 9.000 € an der T-GmbH, deren Stammkapital 27.000 € betrug. Die übrigen Geschäftsanteile hielt die H-KG, an der neben einer Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung die drei Brüder A, B und C als Kommanditisten beteiligt waren.

Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 10.10.2013 veräußerten die Miterben gemeinschaftlich ihren durch Erbanfall erworbenen Anteil an der T-GmbH zu einem Kaufpreis von 300.000 € an die T-GmbH. Der Kaufpreis wurde auf der Grundlage von zwei Unternehmensbewertungen zum 31.12.2009 festgelegt, wobei sich die Miterben auf einen Unternehmenswert von 1.000.000 € geeinigt hatten.[9]

Gang des Verfahrens

Aufgrund der Differenz zwischen dem festgestellten Wert und dem vereinbarten Kaufpreis ging das zuständige Finanzamt von einer Schenkung i. S. des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG der nicht an der H-KG beteiligten Miterben zugunsten der Kommanditisten der H-KG aus und setzte mit Bescheid vom 12.11.2018 Schenkungsteuer gegen A fest.

Den Wert des jeweiligen Erwerbs ermittelte es ausgehend vom Unterschiedsbetrag zwischen dem festgestellten Wert des Geschäftsanteils und dem vereinbarten Kaufpreis i. H. von 1.519.176 €, der zu je 1/10 auf die zuwendenden Miterben entfalle und von diesen zu je 1/3 den bedachten Kommanditisten zugewandt worden sei, mit jeweils 50.639 €. Die Gewährung einer Steuerbegünstigung nach den §§ 13a, 13b ErbStG wurde abgelehnt. Der Einspruch des A wie auch seine Klage beim FG Sachsen blieben erfolglos.[10] Der BFH hob dieses Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

 


[1] v. Oertzen/Loose/Stalleiken, ErbStG, 3. Aufl. 2024, § 7 Rz. 567.

[2] v. Oertzen/Loose/Stalleiken, ErbStG, 3. Aufl. 2024, § 7 Rz. 567.

[3] Gleich lautende Erlasse, FinMin NRW v. 14.3.2012 - S 3806 - 16 - V A 6 FAAAE-08164, BStBl 2012 I S. 331.

[4] BFH, Urteil v. 10.4.2024 - II R 22/21 UAAAJ-74957; dazu Kugelmüller-Pugh, DStR 2024 S. 2124; Weißenbacher, DB 2024 S. 2718; Wighardt/Mestre Perpetua, NZG 2024 S. 1429.

[5] BFH, Urteil v. 10.4.2024 - II R 22/21 UAAAJ-74957, Rz. 1 f.

[6] BFH, Urteil v. 10.4.2024 - II R 22/21 UAAAJ-74957, Rz. 3 f.

[7] BGBl 2011 I S. 2592.

[8] BT-Drucks. 17/7524 S. 6, 21.

[9] BFH, Urteil v. 17.10.2007 - II R 63/05 RAAAC-67517, BStBl 2008 II S. 381; BFH, Urteil v. 9.12.2009 - II R 28/08 RAAAD-42507, BStBl 2010 II S. 566.

[10] BT-Drucks. 17/7524 S. 6, 21.

Auszug aus Werner, NWB-EV 1/2025 S. 5 sowie Themen-Special "Schenkungsteuerliche Behandlung von disquotalen Einlagen"


Neues aus dem NWB LIVEFEED