Vorsteuerfalle Amazon – steuerliche Einkaufsrisiken im Internet

Nicht nur Privatleute, sondern ebenso zahlreiche – große wie kleine – Unternehmen kaufen beim Versandhandelsriesen Amazon ein. Anders als im B2C-Geschäft ergeben sich mitunter für B2B-Kunden dabei auch umsatzsteuerliche Risiken.

Einkaufsmöglichkeiten bei Amazon

Auf „Amazon.de“ können Waren über drei verschiedene Angebotsformen bezogen werden. Typisch ist der Direktkauf bei der luxemburgischen Amazon EU S.à.r.l., welche in Deutschland über eine Zweigniederlassung verfügt. Die Amazon EU S.à.r.l. ist die Verkäuferin der mit „Verkauf und Versand durch Amazon“ im Online-Shop gekennzeichneten Waren.

Daneben bietet Amazon – genauer die ebenfalls in Luxemburg ansässige Amazon Services Europe S.à.r.l. – auch den sog. Marketplace an. Dabei handelt es sich um eine Verkaufsplattform für Online-Händler. Diese verkaufen dort in eigenem Namen und auf eigene Rechnung ihre Waren, wobei ihnen der Versand obliegt. Amazon stellt letztlich nur eine Verkaufsplattform, die insoweit etwa mit ebay vergleichbar ist.

Unter den Angeboten im Marketplace finden sich auch solche, die als „Verkauf durch [Händler], Versand durch Amazon“ gekennzeichnet sind. Die Händler hinter diesen Angeboten nehmen am „Fulfillment by Amazon“ (zu Deutsch: Auftragsabwicklung durch Amazon, kurz FBA) teil. Dabei werden die Warensendungen in ein Amazon-Lager verbracht und dort durch Amazon selbständig verpackt und versendet. Solche Lager nutzt Amazon für den deutschen Markt insbesondere in Polen. Rein zivilrechtlich erfolgt das Kaufgeschäft im Rahmen des „Fulfillment by Amazon“ weiterhin allein zwischen Händler und Kunde. Vom Händler erhält der Kunde auch die Rechnung über den Einkauf.

Einkaufsmöglichkeiten bei Amazon

Direkteinkauf

Verdeckt B2B

Amazon geht bei Bestellungen generell davon aus, dass der Kunde als Privatperson einkauft. Diese Auffassung des Lieferers steht dem Vorsteuerabzug des Kunden, wenn er doch als B2B-Kunde einkauft, allerdings grundsätzlich nicht entgegen. Insofern erscheint der Direkteinkauf bei Amazon steuerlich risikoarm. Die von Amazon erstellten Rechnungen entsprechen, soweit ersichtlich, für den Inlandsfall allen Anforderungen nach § 14 Abs. 4 UStG:

  • Name und Anschrift des Lieferers: Amazon EU S.à.r.l., Luxemburg/München
  • USt-IdNr.: DE814584193
  • Ausstellungsdatum: vorhanden
  • Rechnungsnummer: vorhanden
  • Leistungsbeschreibung: vorhanden
  • Leistungsdatum: Vermerk zur Übereinstimmung mit Rechnungsdatum oder gesondert vorhanden
  • Geschlüsseltes Entgelt: vorhanden
  • Steuerausweis: vorhanden
Hinweis
Kritisch zu betrachten sind allerdings Versendungen aus einem ausländischen Amazon-Lager. Dem Vernehmen nach weisen darauf die Rechnungsnummern hin, die mit „EUV ...“ beginnen und z. B. das Länderkürzel PL für Polen beinhalten. Weil diese Lieferungen bei B2B-Versand im Lagerstaat steuerbar sind, scheidet ein Abzug der ausgewiesenen deutschen Umsatzsteuer als Vorsteuer aus.

Für eine zutreffende Lieferadresse trägt der Kunde die Verantwortung. Empfehlenswert ist dabei, auch als Bestelleranschrift das Unternehmen einzutragen.

 

Offen B2B

Neben dem „normalen“ Einkauf bei Amazon hat der Kunde die Möglichkeit, seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Kundenkonto zu hinterlegen. Dabei versichert der Kunde gegenüber Amazon vertraglich, dass ihm die angegebene Nummer zugeteilt wurde und er alle bei Amazon erworbenen Produkte für das dahinter stehende Unternehmen nutzt. Amazon prüft dann unmittelbar im Rahmen der Bestellung anhand der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Versandadresse, ob eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt wird. Der Kunde erhält diese Information noch während des Bestellvorgangs und erkennt, ob statt des Bruttopreises einschließlich deutscher Umsatzsteuer lediglich der Nettopreis in Rechnung gestellt wird.

Hinweis
Die Hinterlegung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gilt automatisch für alle Einkäufe über das Kundenkonto. Erfolgen nichtunternehmerische Erwerbe über dieses Konto, haftet der Kunde vertraglich gegenüber Amazon für eventuelle Steuernachforderungen.

 

Einkauf über den Marketplace

Anders als der Direkteinkauf ist der Einkauf über den Marketplace mit einem höheren steuerlichen Risiko zu bewerten. Da die Rechnungsstellung in der Verantwortung des Händlers liegt, besteht eine Vielzahl von Gefahrenquellen.

Keine Rechnung

Im Zusammenhang mit ausländischen Anbietern ergehen immer wieder Kundenbeschwerden darüber, dass der Händler überhaupt keine Rechnung ausgestellt hat. Gerade in solchen Fällen ist die Durchsetzung des Anspruchs mitunter schwierig und meist zu kostenaufwendig.

Scheinrechnung

Das gleiche Vorsteuerrisiko bergen Scheinrechnungen. Gerade bei Händlern aus dem asiatischen Raum sind zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen auf Rechnungen deutsche Umsatzsteuer ausgewiesen, aber nie abgeführt wird. Um als Kunde Vertrauensschutz zu erhalten, ist zumindest eine Plausibilitätsprüfung der Steuernummer notwendig. Dies wird in aller Regel bereits ausreichen, um einen Vorsteueranspruch auszuschließen, wenn beispielsweise die Handelsregisternummer aus Hongkong als Steuernummer eingetragen ist.

Ausländische Umsatzsteuer

Erhält der Kunde eine ordnungsgemäße Rechnung, besteht infolge der zunehmenden Einschaltung von Lagern im EU-Ausland das Risiko, dass keine deutsche, sondern ausländische Umsatzsteuer ausgewiesen wird. Für den Kunden ist dies im Rahmen der Bestellung nicht rechtsverbindlich erkennbar, da eine Bruttopreisvereinbarung geschlossen wird. Inzwischen sind allerdings viele Händler dazu übergegangen, mit dem Ausweis von „19 % Mehrwertsteuer“ zu werben. Wurde ausländische Umsatzsteuer ausgewiesen, kommt eine Erstattung nur im Rahmen der Vorsteuervergütung in Betracht, wenn nicht ausnahmsweise auch der Kunde im Lagerstaat umsatzsteuerlich registriert ist.

Von Beate Trinks und Matthias Trinks
Aus Beilage 4 zu NWB Steuer- und Wirschaftsrecht 51/2016
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