Wie sind Dreiecksgeschäfte im Konzernabschluss zu bewerten?

Bei Dreiecksgeschäften im Konzernabschluss handelt es sich um Transaktionen zwischen zwei verbundenen Unternehmen eines Konzerns, bei denen ein drittes Unternehmen als Zwischenhändler agiert. Wie solcherlei Geschäfte die Darstellung und Bewertung von Konzernabschlüssen beeinflussen, zeigt das untenstehende Beispiel.

Sachverhalt

In den Konzernabschluss des Solarproduzenten MU wird TU einbezogen. In 01 werden Solarzellen (Herstellungskosten 200) von MU für 300 an das konzernexterne Unternehmen E geliefert, das sie zu Solarmodulen verarbeitet und diese Module dann für 360 an TU liefert. Bei Lieferung an E sind das am Liefervolumen der Zellen abgeleitete Volumen und der Preis der von E „zurück“zuliefernden Module bereits fixiert. Zum Stichtag 31.12.01 hat TU die Hälfte der Module zu einem Preis von 200 an den Handel abgesetzt. Einzelbilanziell entsteht ein Gewinn von 300 - 200 = 100 bei MU und von 200 - 180 = 20 bei TU, in Summe also 120. Die einzelbilanziellen Umsätze sind 300 und 200, in Summe also 500.

Fragestellungen

  • Ist der Konzernumsatz nur mit 200 (Lieferung Module an Handel) oder mit 500 auszuweisen?
  • Ist die noch nicht verkaufte Hälfte der Module mit 180 (Anschaffungskosten gegenüber E) oder nur mit 130 (1/2 HK MU + 1/2 Verarbeitungskosten E) zu bewerten?

Lösungshinweise

1. Konsolidierung bei konzerninternen Geschäften

Nach §§ 304 und 305 HGB sind konzerninterne Transaktionen und Ergebnisse zu eliminieren. Dies bedeutet z. B.: Ergibt sich in der Addition der Einzelbilanzen zur Summenbilanz ein höherer Betrag, weil Konzernunternehmen A mit Gewinnaufschlag Vorräte an Konzernunternehmen B geliefert hat, die dieses noch nicht weiterveräußert hat, so ist in der Überleitung von Summen- zur Konzernbilanz eine Umsatz- und Zwischenergebniseliminierung erforderlich.

2. Dreiecksgeschäfte in isolierter Betrachtung

In isolierter Betrachtung gilt: MU tätigt mit der Lieferung der Zellen an E keinen konsolidierungspflichtigen Konzerninnenumsatz. TU bewertet die Vorräte nicht mit den gegenüber einem anderen Konzernunternehmen (MU), sondern gegenüber einem Dritten entstandenen externen Anschaffungskosten. Die Frage, ob bei Dreiecksgeschäften eine Gesamtbetrachtung erforderlich ist, verneint das Schrifttum überwiegend. Eine Anwendung der §§ 304 und 305 HGB soll ausnahmsweise nur dann geboten sein, wenn die Einschaltung eines Dritten nur zu Umgehungszwecken erfolgt.[1] Dies ist im hier zu beurteilenden Fall nicht erkennbar.

3. Gesamtbetrachtung

3.1. Einzelabschluss bei rechtlicher Unselbständigkeit

Würden in Abwandlung des hier zu beurteilenden Sachverhalts MU und TU rechtlich unselbständige Abteilungen des Unternehmens darstellen, wäre Folgendes angezeigt:

  • Da bei Lieferung an den Dritten die Rücklieferung von Anfang an vereinbart, im Preis fixiert und der Menge nach auf die ursprüngliche Lieferung abgestimmt ist, liegt ein einheitlicher Geschäftsvorfall
  • Der Dritte bewirkt für das Unternehmen eine Verarbeitung. Ob er dabei eigene Hauptstoffe hinzufügt (unechte Lohnveredelung) oder nicht (echte Lohnveredelung), ist unerheblich.
  • Mit der ersten Lieferung an E entsteht daher kein Umsatz. Das Preis- und Absatzrisiko bleibt wegen der Rücklieferung zum fixierten Preis und in fixierter Menge beim Lieferanten, der damit auch wirtschaftlicher Eigentümer der Vorräte bleibt.
  • 3.2. Konzernabschluss

    Meines Erachtens ist eine Gesamtbetrachtung konzernbilanziell auch dann zugrunde zu legen, wenn Lieferer und Empfänger der Rücklieferung rechtlich selbständige Unternehmen sind. Hierauf kommt es nämlich nicht an, da der Konzernabschluss Vermögen und Ertrag nach § 297 Abs. 3 HGB gerade so darstellen soll, als ob die einbezogenen Unternehmen „insgesamt ein einziges Unternehmen wären“ (Einheitstheorie). Die rechtliche Selbständigkeit von Lieferer und Empfänger der Rücklieferung berührt zwar die Form der Transaktion und bedingt u. U. die Anwendung von Kaufvertragsrecht, substanziell ändert sie aber nichts daran, dass aus der allein maßgeblichen Sicht des Konzerns eine Lohnveredelung vorliegt. Diese Sichtweise führt in den noch nicht konzernextern veräußerten Produkten zu einer Eliminierung des Gewinns sowie zu einer Umkategorisierung von Umsatz in Bestandserhöhung Erzeugnisse.

    4. Ergebnis

    Der Konzern realisiert nur den Umsatz an den Handel (200). Der einzelbilanzielle Umsatz an E als „Lohnveredeler“ ist i. H. der Hälfte der Herstellungskosten (100) in eine Bestandserhöhung Erzeugnisse umzukategorisieren, im Übrigen zu eliminieren. Als Bestandserhöhung Erzeugnisse sind auch zur Hälfte die durch die Einschaltung von E entstandenen Verarbeitungskosten des E (30) zu erfassen.

    Insgesamt wird ein Gewinn von 50 eliminiert, entsprechend der Hälfte des Betrags, den MU bei der Lieferung an E einzelbilanziell erfasst hat.

     

    Dr. Norbert Lüdenbach

 Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der NWB - Unternehmenssteuern und Bilanzen STuB 18/2023


 

[1]Vgl. u. a. Weber in Küting/Weber, Handbuch der Konzernrechnungslegung, Bd. II 1998 Rz. 14.

 

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