Sind die BWAs Ihrer Mandanten eine „qualifizierte“ Kreditunterlage? – Der BWA-Schnelltest liefert die Antwort

Kreditgeber fordern von ihren Firmenkunden Unterlagen an, um deren wirtschaftliche Entwicklung im Rahmen der Bonitätsprüfung (Rating) beurteilen zu können. Zu diesen Unterlagen gehört regelmäßig auch die Betriebswirtschaftliche Auswertung. Dies gilt für die sog. Erst-Offenlegung beim Bearbeiten eines neuen oder zusätzlichen Kreditwunsches.

Es gilt aber auch für die sog. laufende Offenlegung im Rahmen eines bestehenden Kreditverhältnisses. Dabei gehen Kreditgeber immer davon aus, dass ihre Kreditnehmer eine sog. „qualifizierte“ BWA vorlegen. Ob diese wirklich notwendig ist oder ob nicht doch die Standard-BWA ausreichend ist, zeigt Ihnen der BWA-Schnelltest.

I. Qualifizierte BWA!? Das Problem mit dem „vorläufigen Ergebnis“

Wodurch sich eine „qualifizierte“ BWA auszeichnen sollte, dazu gibt es durchaus unterschiedliche Sichtweisen. Allein die Frage nach einer „qualifizierten“ BWA macht aber deutlich: Die normale aus der Finanzbuchhaltung abgeleitete BWA als Übersicht über die wirtschaftliche Entwicklung und Lage eines Unternehmens trifft i. d. R. offensichtlich keine „qualifizierte“ Aussage. Dies macht bereits der Begriff „vorläufiges Ergebnis“ in der Schlusszeile des BWA-Deckblatts deutlich. Die Macher der BWA werden sich etwas dabei gedacht haben, diesen Begriff zu wählen, statt „Gewinn“ oder „Überschuss“ zu schreiben.

Natürlich bräuchte jedes Unternehmen „eigentlich“ eine „qualifizierte“ oder aussagefähige BWA jeden Monat. Und das aus zwei Gründen:

  1. Für eine effiziente Steuerung des unternehmerischen Erfolgs, um die eigenen Ziele zu erreichen.

  2. Für eine klare Kommunikation gegenüber Kreditgebern im Laufe des Jahres und vor allem am Ende eines Jahres, damit diese die Bonität des Unternehmens (Rating und Kapitaldienstfähigkeit) angemessen einschätzen können.

Dennoch arbeiten sehr viele Unternehmen mit der reinen Finanzbuchhaltungs-BWA. Und deren vorläufiges Ergebnis kann meilenweit vom „echten“ Monatsergebnis entfernt sein. Damit liefert das vorläufige Ergebnis in sehr vielen Unternehmen falsche Signale für die Unternehmenssteuerung und für die Bonitätsbewertung der Kreditgeber.

II. Das Ziel: Die Dezember-BWA ist nahe am Jahresabschluss

Das sollte das unternehmerische Ziel sein: Die Differenz zwischen dem vorläufigen Ergebnis der Dezember-BWA und dem Jahresüberschuss darf nur noch in den abschließenden Inventur-Zahlen liegen. Alle anderen „Jahresabschluss-Arbeiten“ sind bereits durch Buchungen im Laufe des Jahres (unterjährig) mit bearbeitet worden. So arbeiten Unternehmen jeden Monat mit „qualifizierten“ BWAs.

III. Der BWA-Schnelltest

Wie stark die Abweichung zwischen „vorläufigem Ergebnis“ und „Jahresüberschuss“ ist und wie stark damit Unternehmen von dieser klassischen BWA-Schwachstelle betroffen sind, zeigt in wenigen Minuten der BWA-Schnelltest:

  • Schritt 1: Man nehme die BWA Dezember 2020 (Achtung: Die Version, die Anfang 2021 als erste für den Dezember von der Buchhaltung oder der Steuerberatungskanzlei erstellt wurde): Welches „vorläufige Ergebnis“ zeigt diese BWA?

  • Schritt 2: Man nehme dann den Jahresabschluss 2020: Welchen „Jahresüberschuss“ weist die Gewinn- und Verlustrechnung aus?

  • Schritt 3: Man vergleiche beide Zahlen: Wie groß ist der Unterschied?

Je größer die Differenz ist, desto dringender und wichtiger ist der Handlungsbedarf in Richtung „qualifizierte“ BWA.

Praxishinweis

Ab einem Unterschied von 10 % des jeweils höheren Betrags ist eine tiefergehende Analyse dringend angeraten.

Abbildung BWA Merkblatt

IV. Die tiefergehende Analyse: Worauf achten?

Die Ursachen für eine starke Abweichung zwischen vorläufigem Ergebnis und Jahresüberschuss können je nach Geschäftsmodell und Buchungsverhalten sehr unterschiedlich sein. Klassiker sind dabei z. B.:

  • Keine monatliche Buchung von halbfertigen und fertigen Arbeiten.

  • Kein Erfassen der Veränderungen im Warenbestand (in der BWA wird der Wareneinkauf gebucht – nicht der Wareneinsatz/-verbrauch des Monats).

  • Die anteiligen monatlichen Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen werden nicht gebucht.

  • Rückstellungen, Abgrenzungen, Forderungsverluste etc. werden erst bei den Jahresabschlussarbeiten berücksichtigt, statt diese monatlich (anteilig) zu buchen.

Eine Checkliste mit allen zu prüfenden Themen können Sie unter www.bwa-check.de nach einer kurzen Registrierung herunterladen.

V. Die Reaktion der Kreditgeber

Die Frage nach einer qualifizierten BWA ist Bestandteil der Ratingsysteme der Kreditinstitute. Auch wenn Kreditgeber dies ggf. nicht kommunizieren: Wenn der BWA-Schnelltest zu einem negativen Ergebnis führt, beeinträchtigt dies die Ratingnote.

VI. Machen Sie die BWAs Ihrer Mandanten fit für Steuerung und Bankenkommunikation

Machen Sie den BWA-Schnelltest für Ihre Mandanten. Wenn Sie eine deutliche Differenz ermitteln, sollten Sie jetzt mit Ihren Mandanten darüber sprechen, welche Arbeitsweisen beide Seiten ändern müssen und wollen, damit das Unternehmen künftig eine wirkliche aussagefähige BWA für die Unternehmenssteuerung nutzen und seinen Kreditgebern eine qualifizierte BWA übermitteln kann.

Praxishinweis

Weisen Sie beim ersten Übersenden einer überarbeiteten und jetzt qualifizierten BWA die Kreditgeber in einem Begleitschreiben auf die durchgeführten Änderungen und damit Verbesserungen der Aussagefähigkeit hin.

Download-Tipp

In der „BWA-Toolbox“ haben wir alle nützlichen Arbeitshilfen zur BWA für Sie gebündelt. Sie ist in der NWB Datenbank abrufbar unter NWB XAAAH-12364 und enthält diese sieben Arbeitshilfen:

1. Mandanten-Merkblatt: BWA lesen und verstehen

2. BWA-Rechner für KMU

3. BWA-Weiterentwicklung: Checkliste zu Nachbuchungen

4. Checkliste zur qualifizierten BWA

5. BWA-Musteranschreiben

6. Tool: BWA-Planung und Kalkulation

7. Tool: Fixkosten analysieren auf Basis der BWA

Übersicht 1 zeigt das Inhaltsverzeichnis des Mandanten-Merkblatts.

Autor

Dipl.-Kfm. Carl-Dietrich Sander
war neun Jahre Vorstandsmitglied einer Bank und ist seit 1998 freiberuflicher UnternehmerBerater in Kaarst. Darüber hinaus ist er Mitglied der Fachgruppe Finanzierung-Rating im Verband „Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e. V.“ (www.kmu-berater.de). Er ist tätig als Berater, Moderator, Referent und Autor (www.cd-sander.de), u. a. des in 3. Auflage erschienenen Buchs „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln – Praxishandbuch zur Bankenkommunikation für Unternehmer und Berater“ (Infos unter www.nwb.de/go/shop).

Fundstelle(n):
NWB-BB 1/2022 Seite 16
NWB PAAAH-97419

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