Lohnsteuerliche Abrechnung von Erstattungsbeträgen und Verdienstausfallentschädigungen nach dem IfSG

BMF nimmt Stellung zu rückwirkenden Änderungen bei Entschädigungen nach dem IfSG

Die von Arbeitgebern gestellten Erstattungsanträge im Zusammenhang mit den Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind teilweise noch nicht abschließend bearbeitet. Eine Vielzahl von Erstattungen steht noch aus und Abweichungen sind nicht selten.

Vor dem Hintergrund der lohnsteuerrechtlichen Abrechnung behördlicher Erstattungsbeträge für Verdienstausfallentschädigungen nach § 56 IfSG hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) mit einem Schreiben am 25.1.2023, BStBl 2023 I S. 207 die Grundsätze für die Kalenderjahre 2020 bis 2023 erklärt, wenn Änderungen des Lohnsteuerabzugs nicht mehr zulässig sind (§ 41c Abs. 3 EStG). In diesem Beitrag nehmen wir das Schreiben zur lohnsteuerlichen Behandlung in den Blick.

I. Allgemeines

Die Vorschriften des IfSG mussten von vielen Arbeitgebern in der Entgeltabrechnung erstmals berücksichtigt werden. Das betrifft vermehrt nicht nur Fälle von Quarantäne, sondern insbesondere die Zahlungen wegen fehlender Kinderbetreuung (§ 56 Abs. 1a IfSG). Nach der Beantragung der Entschädigung bei den zuständigen Behörden werden häufig abweichende Beträge erstattet. In diesem Zusammenhang sind bei vielen Arbeitgebern und Mandanten Fragen der praktischen Umsetzung von Ablehnungen oder Abweichungen offen.

Die Verdienstausfallentschädigung ist für den Arbeitnehmer steuerfrei und unterliegt dem Progressionsvorbehalt (§ 3 Nr. 25 EStG§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe e EStG). Sie ist vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufzuzeichnen und unter Nummer 15 der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung bzw. der besonderen Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigen.

Ob und in welcher Höhe eine Verdienstausfallentschädigung vorliegt, wird durch die zuständige Entschädigungsbehörde bestimmt. Die steuerliche Beurteilung ist an diese Entscheidung gebunden.

II. Änderung des Lohnsteuerabzugs

Oftmals kommt die Entschädigungsbehörde bei der Berechnung des Erstattungsbetrags zu einem anderen Ergebnis als der Arbeitgeber.

Wurde der Erstattungsantrag vom Arbeitgeber nur für einen Arbeitnehmer gestellt, kann dieser die Abweichung einwandfrei zuordnen. In dem Erstattungsbescheid kann es nur um die Lohnersatzleistung und die dafür vom Arbeitgeber zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge gehen, Lohnsteuer ist in den Erstattungen nie enthalten.

In Abstimmung mit dem Arbeitgeber bzw. Mandanten ist zu entscheiden, ob der Arbeitgeber eine Abweichung zwischen Entgeltabrechnung (Arbeitgeber – Arbeitnehmer) und Erstattungsbescheid nach dem IfSG (Arbeitgeber – zuständige Behörde) beim Arbeitnehmer berücksichtigt. Dafür ist es notwendig, dass der Mandant die Erstattungsbescheide zeitnah mit dem Steuerberater abstimmt.

Bei der Berücksichtigung von Abweichungen ist nach den Regeln des Lohnsteuer- und des Sozialversicherungsrechts zu unterscheiden, ob

  • bereits eine Zahlung i. S. des IfSG abgerechnet wurde, die sich in der Höhe nicht ändert, aber deren steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung sich rückwirkend als nicht richtig herausstellt;
  • bereits eine Zahlung i. S. des IfSG an den Arbeitnehmer erfolgte, aber die Erstattung der Behörde abweicht und im Ergebnis zwischen Zahlung und Erstattung eine Differenz entstanden ist;
  • noch keine Zahlung i. S. des IfSG erfolgte (unbezahlte Freistellung), aber nachträglich eine Erstattung beantragt worden ist bzw.
  • eine bereits erfolgte Zahlung i. S. des IfSG korrigiert wird und dafür eine unbezahlte Freistellung abgerechnet wird (z. B. nach  616 BGB oder Kinderkrankentage).

Stellt der Arbeitgeber im Nachhinein fest, dass seine ursprüngliche Behandlung der Lohnzahlung/Verdienstausfallentschädigung (Lohnversteuerung bzw. Steuerfreistellung) unzutreffend war, ist er verpflichtet, zu viel erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung zu erstatten bzw. noch nicht erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung einzubehalten (§ 41c Abs. 1 EStG).

Hinweis:

Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs ist nur bis zur Übermittlung bzw. bis zum Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung zulässig (§ 41c Abs. 3 EStG).

III. Abweichungen zwischen Antrags- und Erstattungsvolumen

1. Unzutreffende Lohnversteuerung

Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Arbeitslohn, der zunächst versteuert wird, und erhält der Arbeitgeber später auf seinen Antrag hin von der Entschädigungsbehörde eine Erstattung nach § 56 IfSG, so liegt insoweit eine unzutreffende Lohnversteuerung zuungunsten des Arbeitnehmers vor. Denn die Zahlung einer Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz ist nach § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei.

Im Falle der unzutreffenden Lohnversteuerung unterliegt der Arbeitgeber in der Regel keiner lohnsteuerlichen Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt. Insbesondere liegt kein Fall der sog. haftungsbefreienden Anzeige des Arbeitgebers (§ 41c Abs. 4 EStG) vor, da zu viel und nicht zu wenig Lohnsteuer einbehalten wurde.

Hinweis:

Der Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer daher nur im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen (H 41c.1 LStH).

2. Unzutreffende Steuerfreistellung

Geht der Arbeitgeber zunächst davon aus, dass eine Zahlung an den Arbeitnehmer als Verdienstausfallentschädigung nach dem IfSG steuerfrei ist, und wird der Erstattungsantrag des Arbeitgebers später von der Entschädigungsbehörde abgelehnt oder ein niedrigerer Betrag als beantragt erstattet, beschränkt sich der Umfang der Steuerfreiheit der Höhe nach auf den von der Entschädigungsbehörde erstatteten Betrag.

Fordert der Arbeitgeber eine zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung vom Arbeitnehmer zurück, mindert der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die für das Kalenderjahr unter Nummer 15 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigenden Leistungen. Übersteigt der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die dort für das Kalenderjahr zu bescheinigenden Leistungen, so ist der übersteigende Betrag mit einem Minuszeichen unter Nummer 15 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigen.

Verzichtet der Arbeitgeber auf die Rückforderung einer an den Arbeitnehmer zu viel gezahlten Verdienstausfallentschädigung und kommt alternativ eine Steuerbefreiung der überzahlten Verdienstausfallentschädigung nach § 3 Nr. 11a, Nr. 11b oder Nr. 11c EStG nicht zur Anwendung, so hat der Arbeitgeber dem Betriebsstättenfinanzamt die Fälle unter Angabe der persönlichen Daten des betreffenden Arbeitnehmers sowie der zutreffenden Werte unverzüglich schriftlich anzuzeigen (R 41c.2 LStR).

Hinweis:

Eine Richtigstellung erfolgt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung oder über eine Lohnsteuer-Nachforderung gegenüber dem Arbeitnehmer (R 41c.2 Abs. 3 LStR).

3. Höhere Erstattung

Das BMF-Schreiben v. 25.1.2023, BStBl 2023 I S. 207 beinhaltet keine Ausführungen zu Differenzen bei der Erstattung der Entschädigungsbehörde, die höher ausfallen, als vom Arbeitgeber beantragt. In solchen Fällen ist nach dem Zuflussprinzip die steuerliche Beurteilung im Monat des Zuflusses vorzunehmen.

Beispiel:

Der Arbeitgeber hat über die Entgeltabrechnung eine Lohnersatzleistung nach dem IfSG geleistet. Er stellt den Erstattungsantrag bei der zuständigen Erstattungsbehörde, aber der Erstattungsbetrag weicht ab. Die Behörde erstattet dem Arbeitgeber einen höheren Betrag, als er beantragt hat. Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer die höhere Erstattung als Differenz nachträglich aus.

Lösung: Im Lohnsteuerrecht gilt das Zuflussprinzip. Es ergibt sich somit keine Rückrechnung durch die höhere Erstattung in der Entgeltabrechnung des Arbeitnehmers. Der Zufluss erfolgt, nachdem die Erstattungsbehörde den Erstattungsbescheid übersandt hat. Lohnsteuerrechtlich liegt der Sachverhalt für eine Korrektur des bereits zugeflossenen Arbeitslohns nicht vor. Es erfolgt weder eine Rückrechnung, noch ist die Finanzbehörde per Brief über den nicht ordnungsgemäßen Einbehalt der Lohnsteuer zu informieren. Der Differenzbetrag wird als Nachzahlung in dem Monat steuerlich berücksichtigt, indem die Differenz dem Arbeitnehmer nachgezahlt bzw. ausgezahlt wird (Zuflussprinzip). Die steuerfreie Entschädigung ist in der Zeile 15 der Lohnsteuerbescheinigung des laufenden Jahres zu bescheinigen.

IV. Nichtbeanstandungsregelung

Positiv ist die in der Randziffer 14 des BMF-Schreibens v. 25.1.2023, BStBl 2023 I S. 207 genannte Nichtbeanstandungsregelung zu bewerten. In den Fällen unzutreffender Steuerfreistellung wird es nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber von seiner Anzeigepflicht (§ 41c Abs. 4 EStG) absieht, sofern die Differenz zwischen der dem Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und der dem Arbeitgeber bewilligten Erstattung 200 € pro Quarantänefall nicht übersteigt. Insoweit haftet der Arbeitgeber auch nicht für die nicht vorschriftsmäßig einbehaltene Lohnsteuer (analoge Anwendung des § 42d Abs. 2 EStG). Von einer Nachforderung der zu wenig erhobenen Lohnsteuer beim Arbeitnehmer wird abgesehen.

Hinweis:

In diesen Fällen unterbleibt auch eine Korrektur der unzutreffenden Steuerfreistellung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.

Autor

Markus Stier
übte nach Ablegen der Prüfung zum Steuerfachangestellten und Personalkaufmann mehrjährige Tätigkeiten als Personalleiter sowie Leiter der Finanz­buchführung in mittelständischen Unternehmen aus, tätig als Dozent, Berater und Coach.

Dieser Beitrag ist Bestandteil des Themenpaketes NWB Lohn, Deklaration & Buchhaltung.

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