Neue umsatzsteuerliche Regeln für den E-Commerce

Zunahme des elektronischen Geschäftsverkehrs

Globalisierung und technologischer Wandel haben zu einer explosionsartigen Zunahme des elektronischen Geschäftsverkehrs allgemein und des so genannten E-Commerce im Besonderen geführt. Dabei entstanden in den letzten Jahren und Jahrzehnten auf dieser Grundlage immer wieder neue Geschäftsmodelle, die zu fundamentalen Veränderungen in der Wirtschaft, in den Märkten und vor allem auch im Leben der Verbraucher führten. Das Angebot von Leistungen, die mittlerweile entweder auf elektronischem Wege angeboten werden oder aber durch elektronische Mittel unterstützt werden, ist kaum zu überschauen. Dabei wurden die Gewinne aus diesen Geschäftsmodellen teilweise völlig losgelöst vom wirtschaftlich-sozialen Wertschöpfungsumfeld verbucht, in dem sie ursprünglich erzielt wurden. Ähnliches galt teilweise für den erzielten Mehrwert. Weltweit reagierten und reagieren die Finanzverwaltungen und auch die Gesetzgeber auf diese Besonderheiten, teils auf nationaler Ebene, teils im Zusammenspiel mit anderen Ländern.

Der Online-Handel in der EU wächst von Jahr zu Jahr nach wie vor kräftig. Im Jahr 2019 betrug das Handelsvolumen im Bereich der Business-to-Consumer-Umsätze („B2C“) in der EU 636 Mrd. €. Für 2020 wurden 717 Mrd. € prognostiziert. Darin sind weder Business-to-Business-Umsätze („B2B“) noch elektronische Dienstleistungen berücksichtigt – geschweige denn all diejenigen Schattierungen und Spielarten von Leistungen, die über elektronische Schnittstellen oder elektronische Medien in anderer Form erbracht oder ermöglicht werden.

Maßnahmenpaket der Europäischen Kommission für den elektronischen Handel

Um mit den rasanten Entwicklungen Schritt halten zu können und darüber hinaus den europäischen Binnenmarkt zeitgemäß auszugestalten, entschloss sich die Europäische Union, diesen Herausforderungen mit einem ganzen Bündel an verschiedenen Maßnahmen zu begegnen. Das so genannte „Mehrwertsteuer-Paket für den elektronischen Handel“ war dabei eine der Prioritäten der gesamthaften „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“ der Europäischen Kommission („Digital Single Market Strategy“). Ziel war dabei unter anderem, gleiche Ausgangsbedingungen für die betreffenden Unternehmen zu schaffen, indem man mehrwertsteuerliche Pflichten für Unternehmer, die grenzüberschreitende Lieferungen und Dienstleistungen an Endkunden (hauptsächlich online) erbringen, vereinheitlicht und möglichst vereinfacht. Zudem wollte die Europäische Union sicherstellen, dass Mehrwertsteuer auf diese Umsätze in Einklang mit dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsland korrekt an den Mitgliedstaat, in dem die Leistung ausgeführt wird, abgeführt wird.

Die Europäische Kommission verfolgte dabei einen zweistufigen Umsetzungsplan. Die ersten Maßnahmen traten bereits 2015 in Kraft und betrafen Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie auf elektronischem Wege an Endkunden erbrachte Dienstleistungen. Hierbei wurde der sog. „Mini-One-Stop-Shop“ (MOSS oder auch Kleine einzige Anlaufstelle – KEA) als neues, besonderes Besteuerungsverfahren eingeführt.

Das zweite Maßnahmenpaket wurde vom Rat in zwei Schritten am 5.12.2017 bzw. am 21.11.2019 angenommen und weitete die Vereinfachungen auf Fernverkäufe sowie auf jede Art von grenzüberschreitenden Dienstleistungen aus, die an einen Endkunden in der EU erbracht werden. Das zweite Maßnahmenpaket wurde auch als „Mehrwertsteuer-Digitalpaket“ bekannt. Neben neuen gesetzestechnischen Regelungen wurden damit der MOSS zum sog. One-Stop-Shop (OSS bzw. OSS-Verfahren) erweitert sowie mit dem sog. Import-One-Stop-Shop (IOSS bzw. IOSS-Verfahren) ein weiteres besondere Besteuerungsverfahren eingeführt. Die Regeln des Digitalpakets galten ab dem 1.1.2019 bzw. ab dem 1.7.2021. In Deutschland wurde es insbesondere durch das Jahressteuergesetz 2020 in nationales Recht umgesetzt.

Weitere gesetzgeberische Maßnahmen geplant

Die EU-Kommission hat bereits mit ihrem jüngsten Aktionsplan angekündigt, dass weitere gesetzgeberische Maßnahmen im Bereich des E-Commerce – etwa in Bezug auf Plattformgeschäfte im B2B-Bereich – kurzfristig ergriffen werden sollen.

Auszug aus dem Titel „E-Commerce und Umsatzsteuer“ von Sounia Kombert, Sebastian Kratz und Nicole Stumm.


Darum ist die Neuerscheinung so wertvoll für die Praxis

Der Online-Handel in der EU wächst von Jahr zu Jahr kräftig. Durch die zunehmende europäische bzw. globale Integration ergeben sich immer öfter Berührungspunkte mit dem Ausland und dort zu berücksichtigenden umsatzsteuerlichen Vorschriften. Das Handbuch „E-Commerce und Umsatzsteuer“ stellt die einschlägigen Rechtsvorschriften detailliert dar und erläutert, wie die Geschäftsprozesse im internationalen Versandhandel sowie im Bereich der elektronischen Dienstleistungen umsatzsteuerrechtlich korrekt abgebildet werden können. Zahlreiche Praxisbeispiele zeigen, vor welche Herausforderungen Onlinehändler und Anbieter elektronischer Dienstleistungen täglich gestellt werden und wie diesen begegnet werden kann.

Aus dem Inhalt:

  • Umsatzsteuerlichen Behandlung von E-Commerce
  • Überblick über die Besteuerungsverfahren
  • Besonderheiten von OSS-, IOSS-Verfahren und Special Arrangement (sog. "Zustellerverfahren")
  • Aufzeichnungspflichten und Haftungsregelungen
  • Grundlagen zollrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang mit dem E-Commerce
  • Anpassungen im ERP-System
Buchcover "E-Commerce und Umsatzsteuer"




E-Commerce und Umsatzsteuer

Von Rechtsanwältin Steuerberaterin Sounia Kombert, Rechtsanwalt Sebastian Kratz und Steuerberaterin Nicole Stumm.

1. Auflage. 2021. XXVII, 334 Seiten. Broschur.
ISBN: 978-3-482-67841-7

Preis: 59,90 €

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