Online-Nachricht - Donnerstag, 08.10.2020

Umsatzsteuer | Sonstige Leistungen eines Berufsreiters (BFH)

Preisgelder, die ein Reiter im Falle einer erfolgreichen Teilnahme an einem Turnier (vom Veranstalter oder vom Eigentümer des Pferdes) erhält, sind kein Entgelt für eine steuerbare Leistung des Reiters. Die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen ist nicht steuerbar. Die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG ist nur auf solche entgeltliche Leistungen anzuwenden, die auch bei unentgeltlicher Erbringung steuerbar wären (BFH, Urteil v. 10.6.2020 - XI R 25/18; veröffentlicht am 8.10.2020).

Sachverhalt: Der Kläger und Revisionsbeklagte betrieb im Streitjahr (2009) einen Turnier- und Ausbildungsstall für Pferde. Dabei nahm er mit bei ihm untergebrachten Pferden, die überwiegend nicht in seinem Eigentum standen, aber auch mit Pferden, deren Miteigentümer der Kläger ist, im In- und Ausland an Reitturnieren teil und erhielt im Falle der erfolgreichen Turnierteilnahme Preisgelder. Die Teilnahme an den Reit- und Springturnieren erfolgte überwiegend mit fremden Pferden. Hierzu schloss der Kläger individuelle Überlassungsvereinbarungen mit den jeweiligen Pferdeeigentümern ab, welche die Unterstellung, Pflege und Turniervorbereitung beinhalteten. Die Kostenverteilung regelten die Vertragsparteien hierbei gesondert. Einige Pferde wurden darüber hinaus weiter ausgebildet und vom Kläger auf diversen in- und ausländischen Turnieren geritten. Die Logistik dafür übernahm der Kläger. Die Preisgelder wurden nach Abrechnung vom jeweiligen Turnierveranstalter in voller Höhe an den Kläger ausgezahlt und von diesem nach Abzug seines Anteils an den jeweiligen Eigentümer weitergeleitet.

Der Kläger behandelte die anteiligen Turniererlöse als im Inland nicht steuerbare Umsätze, soweit sie auf ausländische Turniere entfielen und im Übrigen als nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ermäßigt zu besteuernde Umsätze. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung vertrat der Kläger jedoch den Standpunkt, dass alle inländischen Turniere nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG (als Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere) abgerechnet werden könnten. Die Teilnahme der Reiter an ausländischen Turnieren erfolge aus rein sportlichen Motiven und sei nach § 3a Abs. 3 Nr. 3a UStG zu behandeln. Das FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 17.5.2018 - 2 K 6/13 setzte die Umsatzsteuer antragsgemäß herab.

Der BFH wies die Revision des FA zurück:

  • Das FG hat zutreffend angenommen, dass die Preisgelder, die der Kläger im Falle einer erfolgreichen Teilnahme an einem Turnier (vom Veranstalter oder vom Eigentümer des Pferdes) erhalten hat, kein Entgelt für eine steuerbare Leistung sind.
  • Aufwendungen für die Vorbereitung und Teilnahme von Pferden an Turnieren stehen bei einem Unternehmer, der einen Turnier- und Ausbildungsstall betreibt, in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit, wenn die Pferde tatsächlich für den Verkauf bestimmt sind oder die Teilnahme an Turnieren objektiv ein Mittel zur Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit seines Unternehmens ist.
  • Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH setzt auch i.S. des § 10 UStG bzw. Art. 73 MwStSystRL eine "Leistung gegen Entgelt" das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Zur Begründung, warum ein unmittelbarer Zusammenhang zu verneinen ist, hat der EuGH in seinem Urteil v. 10.11.2016 - C-432/15 „Baštová“ erstens maßgeblich darauf abgestellt, dass das Preisgeld nicht für die Überlassung des Pferdes durch seinen Eigentümer an den Rennveranstalter gezahlt werde, sondern für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses (erfolgreiche Platzierung). Auch wenn sich der Rennveranstalter zur Zahlung des Preisgelds verpflichtet haben sollte, hänge der Erhalt von der Erzielung einer besonderen Leistung ab und unterliege gewissen Unwägbarkeiten, was einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Überlassung des Pferdes und dem Erhalt des Preisgelds ausschließe. Der BFH ist dieser Rechtsprechung des EuGH gefolgt.
  • Zutreffend gehen mittlerweile beide Beteiligte übereinstimmend (wie auch im Ergebnis das FG) davon aus, dass der Kläger mit den nur anteilig an die Miteigentümer (weiter ) berechneten Vorgängen keine unentgeltliche Wertabgabe an die Gesamtheit der Miteigentümer (ob nun in der Rechtsform der Bruchteilsgemeinschaft oder der GbR) ausgeführt hat. Nicht steuerbar ist die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 11.12.2003 - V R 48/02).
  • Im Ergebnis zutreffend hat daher das FG auch die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage verneint. Mit der Mindestbemessungsgrundlage soll sichergestellt werden, dass Leistungen ohne angemessenes Entgelt ebenso wie die entsprechenden unentgeltlichen Leistungen besteuert werden und dass insoweit ein unversteuerter Endverbrauch ausgeschlossen wird (BFH, Beschluss v. 13.12.1995 - XI R 8/86).

 
Quelle: BFH, Urteil v. 10.6.2020 - XI R 25/18; NWB Datenbank (JT)

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