Online-Nachricht - Donnerstag, 05.11.2020

Einkommensteuer | Prozesskosten anlässlich eines Umgangsrechtsstreits als agB (BFH)

Unter der Existenzgrundlage i. S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen (Bestätigung der Rechtsprechung, BFH, Urteil v. 18.5.2017 - VI R 9/16). Prozesskosten anlässlich eines Umgangsrechtsstreits und der Rückführung des Kindes aus dem Ausland zurück nach Deutschland sind gem. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen (BFH, Urteil v. 13.8.2020 - VI R 15/18; veröffentlicht am 5.11.2020).

Sachverhalt: Die Tochter des Klägers wurde kurz nach der Geburt von der Mutter in deren Heimatland in Südamerika verbracht. Der Kläger versuchte - vergeblich -, die Tochter mittels des Verfahrens zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung nach Deutschland zurückzuholen. Die dafür bisher entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten von über 20.000 € machte er als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf die entgegenstehende Rechtslage ab.

Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil v. 13.3.2018 - 13 K 3024/17 E).

Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen und das FG Urteil aufgehoben:

  • Für Prozesskosten gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ein grundsätzliches Abzugsverbot (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
  • Nur wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, ist ein Abzug der Prozesskosen (ausnahmsweise) zulässig.
  • Existenzgrundlage i. S. des Gesetzes ist aber nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers allein die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen.
  • Durch die Kindesentführung ist ungeachtet der besonderen emotionalen und auch finanziellen Belastung für den Kläger allein dessen immaterielle Existenzgrundlage betroffen.
  • Es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, die Begriffe der Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG (auch) in einem immateriellen Sinne zu deuten.
  • Der BFH bestätigte damit seine bisherige strenge Auffassung, der das FG mit einem sog. Rüttelurteil entgegengetreten war.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 13.8.2020 - VI R 15/18; BFH Pressemitteilung Nr. 52/2020 v. 5.11.2020; NWB Datenbank (RD)

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