Online-Nachricht - Donnerstag, 15.07.2021

Schenkungsteuer | Verschonungsabschlag bei mehrstöckigen PersG (BFH)

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer (Unter-)Personengesellschaft, an der eine Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, führt nicht zum nachträglichen Wegfall des verminderten Wertansatzes für das Betriebsvermögen der Oberpersonengesellschaft (BFH, Urteil vom 16.3.2021 - II R 10/18; veröffentlicht am 15.7.2021).

Hintergrund: Nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil i.S. des § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. und der verminderte Wertansatz i.S. des § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs (vgl. § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F.). Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (vgl. § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F.). Das BVerfG hat die Regelungen in §§ 13a und 13b ErbStG a.F. insgesamt für verfassungswidrig, jedoch für weiter anwendbar erklärt (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12, BStBl II 2015, 50; vgl. Urteil des BFH, Urteil v. 14.11.2018 - II R 34/15, BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674, Rz 39).

Sachverhalt: Die Mutter des Klägers war Kommanditistin der X-KG. Die X-KG war alleinige Kommanditistin der grundbesitzenden A-KG. Mit notariell beurkundetem Vertrag aus 2008 übertrug die Mutter einen Teilanteil ihres Kommanditanteils an der X-KG aufschiebend bedingt auf den Kläger. Die Übertragung geschah teilweise entgeltlich und teilweise unentgeltlich im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Am 1.8.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-KG eröffnet. Der Insolvenzverwalter veräußerte in 2012 die - nicht mit Rechten Dritter belasteten - Maschinen, Betriebsvorrichtungen und Vorräte sowie das Recht, die Firma der A-KG führen zu dürfen, und sonstige immaterielle Wirtschaftsgüter. Die Betriebsgrundstücke veräußerte er nicht, sondern vermietete sie an die Käuferin. Im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-KG setzte das Finanzamt die gegen den Kläger festgesetzte Schenkungsteuer mit Bescheid in 2013 neu fest. Dabei berücksichtigte es zunächst einen verminderten Bewertungsabschlag und im Laufe des Verfahrens gar keinen Bewertungsabschlag mehr (siehe hierzu auch unsere Online-Nachricht v. 8.3.2018).

Der BFH hob das Urteil auf und wies zur anderweitigen Verhandlung zurück an das FG:

  • Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass die Insolvenz der A-KG nicht zum Wegfall des verminderten Wertansatzes für den Anteil des Klägers an der X-KG mit Wirkung für die Vergangenheit geführt hat. Es hat jedoch nicht festgestellt, ob der Grundbesitz der A-KG eine wesentliche Betriebsgrundlage der X KG war, die durch die Vermietung an K betriebsfremden Zwecken zugeführt wurde.
  • Gegenstand einer steuerschädlichen Veräußerung i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG a.F. kann der gesamte Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb oder ein Anteil an einer Mitunternehmerschaft sein. Die Begriffe sind ertragsteuerrechtlich zu bestimmen.
  • Die Steuerbegünstigung fällt gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. auch fort, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft sein. Deren Veräußerung, Überführung in das Privatvermögen oder Zuführung zu anderen betriebsfremden Zwecken kann dann dazu führen, dass der Verschonungsabschlag für den Erwerb der Beteiligung an der Oberpersonengesellschaft rückwirkend wegfällt.
  • Ein Wirtschaftsgut der Unterpersonengesellschaft ist für die Oberpersonengesellschaft funktional wesentlich i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F., wenn es für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht hat, mithin für die Fortführung des Betriebs der Oberpersonengesellschaft notwendig ist. Für die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut diese Voraussetzungen erfüllt, sind qualitative und quantitative Merkmale heranzuziehen. Beispielsweise kann ein Grundstück der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlage der Oberpersonengesellschaft sein, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Oberpersonengesellschaft bildet und es der Oberpersonengesellschaft ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen, auszuüben und fortzuführen (vgl. auch BFH, Urteil v. 29.11.2017 - I R 7/16).
  • Maßgeblich für die Entscheidung, ob Wirtschaftsgüter der Unterpersonengesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen der Oberpersonengesellschaft i.S. des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F. darstellen, ist der Zeitpunkt der Veräußerung oder der Zuführung zu anderen betriebsfremden Zwecken.

 
Quelle: BFH, Urteil vom 16.3.2021 - II R 10/18; NWB Datenbank (JT)

Cookies erforderlich

Um fortfahren zu können, müssen Sie die dafür zwingend erforderlichen Cookies zulassen. Diese gewährleisten den vollen Funktionsumfang unserer Seite, ermöglichen die Personalisierung von Inhalten und können für die Ausspielung von Werbung oder zu Analysezwecken genutzt werden. Lesen Sie auch unsere Datenschutzerklärung.