Online-Nachricht - Donnerstag, 16.12.2021

Einkommensteuer | Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen wiederkehrende Leistungen (BFH)

Sind wiederkehrende Barleistungen in einem vor dem 1.1.2008 abgeschlossenen Vermögens­übergabe­vertrag vereinbart worden, stellen sie dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind (BFH, Urteil v. 16.6.2021 - X R 31/20; veröffentlicht am 16.12.2021).

Hintergrund: Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungs­gründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG i.d.F. vor Inkrafttreten des JStG 2008 vom 20.12.2007 EStG a.F. , BGBl I 2007, 3150; die Neufassung ist nur auf Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen, § 52 Abs. 18 Satz 2 EStG. Dauernde Lasten sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG a.F. in vollem Umfang abziehbar. Leibrenten können nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG a.F. nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG aufgeführten Tabelle ergibt.

Sachverhalt: Die Kläger wurden in den Streitjahren 2012 bis 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahr 2004 hatte der Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen. Im Gegenzug räumte er den Eltern mit notariellem Vertrag v. 29.4.2004 ein Wohnrechts für bestimmte Räume ein. Ferner verpflichtete er sich, seinen Eltern bzw. dem Längstlebenden die Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung der für das Wohnrecht bestimmten Räume, die Kosten für Heizung, Strom, Telefon, Wasser, Abwasser und Müllabfuhr (Ziff. IV.2) sowie einen monatlichen Betrag in Höhe von 1.000 € als dauernde Last zu zahlen. Für den zu zahlenden Geldbetrag gilt § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) nach seinem materiellen Gehalt. Bei Änderung der Verhältnisse im wesentlichen Umfang kann jeder Vertragsteil eine entsprechende Abänderung des Geldbetrages verlangen, wobei hierfür insbesondere die Leistungsfähigkeit des Erwerbers und die Bedürftigkeit der Eltern bzw. des Längstlebenden maßgeblich sind. Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern, die durch Wegzug aus ihrer Wohnung bedingt sind, bleiben außer Betracht (Ziff. IV.3). Eine Warte und Pflege durch den Erwerber für seine Eltern sollte nicht vereinbart werden (Ziff. IV.5).

In einer weiteren Vereinbarung zwischen dem Kläger und seinen Eltern wurde der in Ziff. IV.3 des Notarvertrags geregelte Ausschluss der Abänderungsmöglichkeit dahingehend bestimmt, dass nunmehr Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern oder des Längstlebenden, die durch Unterbringung im Alten- oder Pflegeheim bedingt sind, außer Betracht bleiben sollten.

Das FA berücksichtigte von den Zuwendungen des Klägers an seine Eltern nur einen Teilbetrag von 3.200 € pro Jahr als Sonderausgaben. Dabei wurden die von ihm übernommenen Nebenkosten (jährlich 800 € für Heizung, Strom usw.) vollständig, die monatlichen Zahlungen von 1.000 € hingegen nur als Leibrente mit einem Ertragsanteil von 20 % (insgesamt 2.400 €/Jahr) steuermindernd anerkannt.

Das FG der ersten Instanz (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 28.7.2020 - 3 K 1959/18) sowie der BFH urteilten dagegen, dass die wiederkehrenden Barleistungen als dauernde Last in vollem Umfang abziehbar sind:

  • Sind wiederkehrende Barleistungen in einem vor dem 1.1.2008 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag vereinbart worden, stellen sie dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind.
  • Eine Abänderbarkeit der Leistungen kann trotz eines teilweisen Ausschlusses der Übernahme des pflegebedingten Mehrbedarfs gegeben sein.
  • Es reicht aus, wenn sich der Vermögensübernehmer entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der bis 2016 geltenden Pflegestufe 1 bzw. des ab 2017 geltenden Pflegegrades 2) oder in entsprechendem Umfang zur Übernahme der Kosten für die häusliche Pflege oder der Kosten für die externe Pflege verpflichtet hat.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 16.6.2021 - X R 31/20; NWB Datenbank (il)

 
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