Online-Nachricht - Donnerstag, 03.02.2022

Einkommensteuer | Steuerfreie Zuschläge für tatsächlich an Sonn-, Feiertagen oder zur Nachtzeit geleistete Arbeit (BFH)

Tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ist jede zu den begünstigten Zeiten tatsächlich im Arbeitgeberinteresse ausgeübte Tätigkeit des Arbeitnehmers, für die er einen Anspruch auf Grundlohn hat. Die arbeitszeitrechtliche Einordnung der Tätigkeit nach dem Arbeitszeitgesetz ist ohne Bedeutung. Ebenso wenig verlangt § 3b EStG eine konkret (individuell) belastende Tätigkeit des Arbeitnehmers. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer eine grundlohnbewehrte Tätigkeit tatsächlich zu den begünstigten Zeiten ausübt (BFH, Urteil v. 16.12.2021 - VI R 28/19; veröffentlicht am 3.2.2022).

Hintergrund: Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen. Grundlohn ist nach § 3b Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Laufender Arbeitslohn ist das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, Wochen oder Tageslohn, Überstundenvergütung, laufend gezahlte Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen); er ist in einen Stundenlohn umzurechnen (BFH, Urteil v. 9.6.2021 - VI R 16/19, BStBl II 2021, 936, m.w.N.).

Sachverhalt: Streitig ist, ob im Zusammenhang mit Hin- und Rückfahrten zu Auswärtsspielen an Profisportler und Mannschaftsbetreuer geleistete Zahlungen vollumfänglich als steuerfreie Zuschläge i.S. des § 3b Abs. 1 EStG zu behandeln sind: Die Klägerin ist eine Profi-Sportmannschaft. Die bei ihr angestellten Spieler und Betreuer sind arbeitsvertraglich verpflichtet, zu auswärts stattfindenden Terminen im Mannschaftsbus anzureisen. Eine individuelle Anreise ist nicht erlaubt. Die Klägerin zahlte ihren Arbeitnehmern Zuschläge zu Sonntags-, Feiertags- und Nacharbeit steuerfrei aus.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Lohnzuschlag für das rein passive Verhalten der Arbeitnehmer während der Fahrt im Mannschaftsbus steuerpflichtig sei. Die Beförderungszeiten seien nicht mit einer belastenden Tätigkeit der Arbeitnehmer verbunden. Die Klägerin wurde zur Nachzahlung von Lohnsteuer aufgefordert. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg (Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil v. 11.7.2019 - 14 K 1653/17 L, s. hierzu Paus NWB 39/2019 S. 2832 sowie unsere Online-Nachricht v. 9.9.2019).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ist jede zu den begünstigten Zeiten tatsächlich im Arbeitgeberinteresse ausgeübte Tätigkeit des Arbeitnehmers, für die er einen Anspruch auf Grundlohn hat.
  • Die arbeitszeitrechtliche Einordnung der Tätigkeit nach dem Arbeitszeitgesetz ist für die Auslegung des Begriffs der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit i.S. von § 3b Abs. 1 EStG ohne Bedeutung. Die Herausnahme bestimmter Zeiten aus der Arbeitszeit im Sinne des gesetzlichen Arbeitszeitschutzrechts schließt es nicht aus, die zu diesen Zeiten vom Arbeitnehmer de facto erbrachten Arbeitsleistungen als tatsächlich geleistete Sonntags , Feiertags oder Nachtarbeit i.S. von § 3b Abs. 1 EStG zu qualifizieren.
  • Eine konkret (individuell) belastende Tätigkeit des Arbeitnehmers verlangt § 3b EStG für die Steuerfreiheit von Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschlägen nicht.
  • Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer eine grundlohnbewehrte Tätigkeit tatsächlich zu den begünstigten Zeiten ausübt.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 16.12.2021 - VI R 28/19; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VI. Senat des BFH Dr. Stephan Geserich gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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