Online-Nachricht - Donnerstag, 12.05.2022

Verfahrensrecht | Auskunftsanspruch nach der Datenschutz-Grund­verordnung (BFH)

Es besteht kein Anspruch auf Auskunft über die bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen gespeicherten Daten (BFH, Urteil v.17.11.2021 - II R 43/19; veröffentlicht am 12.5.2022).

Hintergrund: Nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO besteht die Pflicht der Finanzbehörde zur Information der betroffenen Person gemäß Art. 14 Abs. 1, 2 und 4 DSGVO nicht, soweit die Erteilung der Information die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Finanzbehörden oder anderer öffentlicher Stellen liegenden Aufgaben i.S. des Art. 23 Abs. 1 Buchst. d bis h DSGVO gefährden würde und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung zurücktreten muss.

Gemäß § 32b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32a Abs. 2 Nr. 1 AO wird die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Finanzbehörden liegenden Aufgaben i.S. des Art. 23 Abs. 1 Buchst. d bis h DSGVO insbesondere gefährdet, wenn die Erteilung der Information die betroffene Person oder Dritte in die Lage versetzen könnte, steuerlich bedeutsame Sachverhalte zu verschleiern (§ 32a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO), steuerlich bedeutsame Spuren zu verwischen (§ 32a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AO) oder Art und Umfang der Erfüllung steuerlicher Mitwirkungspflichten auf den Kenntnisstand der Finanzbehörden einzustellen (§ 32a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO) und damit die Aufdeckung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte wesentlich erschwert würde. § 32b Abs. 3 AO schreibt für solche Fälle geeignete Schutzmaßnahmen vor.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine im Ausland registrierte Gesellschaft. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z (FA Z) führte für 2006 bis 2012 eine Fahndungsprüfung durch, die zu geänderten Bescheiden und in ein Klageverfahren führte. Zentraler Streitpunkt war die Frage, wo die geschäftliche Oberleitung der Klägerin tatsächlich ansässig war. Die Finanzverwaltung meinte, dies sei in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) gewesen. Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) kam es zu einer tatsächlichen Verständigung dahin, dass die geschäftliche Oberleitung sich bis 2008 im Inland, ab 2009 ausschließlich in A befunden habe.

Am 2.7.2018 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf die o.g. Verständigung beim beklagten BZSt die Änderung der über sie bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) gespeicherten Daten. Sie legte dafür ein Firmenprofil der IZA über sie, die Klägerin, vom 2.6.2014 vor. Darin wurde sie als Briefkastenfirma und Offshore-Gesellschaft bezeichnet, die nach Ermittlungen des FA Z keine inländische Betriebsstätte unterhalte. Auf dem Auszug hatte die Klägerin Löschungs- und Änderungswünsche vermerkt, die sich im Wesentlichen gegen eine Ansässigkeit in Deutschland richteten. Das BZSt lehrt den Antrag ab.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keine Erfolg. Nach Auffassung des FG Köln bestehe kein Anspruch auf Auskunft über den durch das BZSt nicht preisgegebenen aktuellen Datenbestand, so dass keine Grundlage für einen Korrekturanspruch gegeben sei (FG Köln, Urteil v. 18.9.2019 - 2 K 312/19).

Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision zurück:

  • Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Klägerin weder einen Anspruch auf Auskunft noch auf Änderung der Datensätze bei der IZA besitzt. Ansprüche aus der DSGVO sind in zulässiger Weise durch die AO eingeschränkt worden.
  • Die Interessen der betroffenen Person an der Informationserteilung müssen demgegenüber zurücktreten.
  • Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Abwägung bestehen nicht. Die Ausführungen des BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 120, 351, BStBl II 2009, 23 gelten fort, da die Maßstäbe sich zwischen dem BDSG a.F. und der DSGVO i.V.m. §§ 32c, 32b AO nicht wesentlich geändert haben.

 
Quelle: BFH, Urteil v.17.11.2021 - II R 43/19; NWB Datenbnak (il)

 
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