Online-Nachricht - Donnerstag, 19.05.2022

Schenkungsteuer | Amortisation von Geschäftsanteilen (BFH)

§ 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst die Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch jegliche Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG und ist nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt (BFH, Urteil v. 17.11.2021 - II R 21/20; veröffentlicht am 19.5.2022).

Hintergrund: § 7 Abs. 7 ErbStG stellt bestimmte gesellschaftsrechtlich veranlasste Wertverschiebungen bei Ausscheiden eines Gesellschafters der Schenkung gleich, in Satz 1 solche durch Übergang dessen Anteils, in Satz 2 solche durch Werterhöhung der anderen Anteile.

Sachverhalt: Der Kläger sowie drei weitere Personen (A, B und C) waren im Jahre 2007 Gesellschafter einer GmbH mit einem Stammkapital von insgesamt 324.000 €. Sie hielten jeweils einen Geschäftsanteil mit einer Stammeinlage von 81.000 €. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters jederzeit zulässig, ohne Zustimmung war sie unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Auch konnten die Gesellschafter die Übertragung des Gesellschaftsanteils auf die Gesellschaft oder eine zu benennende Person beschließen.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22.5.2007 beschlossen die vier Gesellschafter einstimmig die Einziehung des Geschäftsanteils des A zum 31.12.2007. Als Einziehungsvergütung hatte die GmbH an A 75.000 € in 75 gleichen Monatsraten zu zahlen. Die Nennbeträge der verbleibenden drei Geschäftsanteile wurden jeweils um 27.000 € auf 108.000 € aufgestockt.

Das FA erließ gegenüber dem Kläger wegen der Werterhöhung, die sein GmbH-Anteil erfahren habe, einen Schenkungsteuerbescheid. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA zurück. Zur Begründung seiner Klage machte der Kläger geltend, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei mangels Freigebigkeit, § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG wegen der Freiwilligkeit der Einziehung nicht anwendbar.

Das FG hat die Klage abgewiesen (Thüringer FG, Urteil v. 23.10.2019 - 4 K 72/18).

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:

  • § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst die Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch jegliche Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG und ist nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt.
  • Wird auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einer GmbH der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden eingezogen und übersteigt der sich nach § 12 ErbStG ergebende Wert seines Anteils zur Zeit seines Ausscheidens den Abfindungsanspruch, gilt nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG die insoweit bewirkte Werterhöhung der Anteile der verbleibenden Gesellschafter als Schenkung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Mit dem Merkmal "eingezogen" knüpft die Norm an die in § 34 GmbHG geregelte Einziehung von Geschäftsanteilen bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer GmbH an. Die Einziehung (Amortisation) bedarf nach § 34 Abs. 1 GmbHG stets einer Grundlage im Gesellschaftsvertrag, ist nach Maßgabe von § 34 Abs. 2 GmbHG aber auch ohne Zustimmung des Anteilsberechtigten möglich.
  • § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst beide Formen der Einziehung. Weder dem Wortlaut ("eingezogen") noch der Systematik oder dem Telos der Vorschrift ist eine Beschränkung auf die Einziehung nach § 34 Abs. 2 GmbHG zu entnehmen.
  • Nach diesen Maßstäben ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Einziehung des GmbH-Anteils des ausgeschiedenen Gesellschafters nach § 7 Abs. 7 Satz 2 FGO der Schenkungsteuer unterliegt.
  • Es ist im Rahmen der ihm nach § 118 Abs. 2 FGO obliegenden Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gesellschafter am 22.5.2007 eine Einziehung mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters i. S. des § 34 Abs. 1 GmbHG beschlossen haben.
  • Die Einziehung unterfällt dem Anwendungsbereich des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG. Der Wert des eingezogenen Anteils wurde mit bindender Wirkung nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gesondert festgestellt. Bei künftigen Änderungen des Feststellungsbescheids ist der Schenkungsteuerbescheid nach Maßgabe von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ggf. i. V. mit § 171 Abs. 10 Satz 1 AO zu ändern. Die Abfindung, deren kapitalisierter Wert ebenfalls unstreitig ist, bleibt deutlich hinter dem gesondert festgestellten Wert des Anteils zurück. Hinsichtlich der Differenz ist der Vorgang anteilig für jeden der Gesellschafter steuerbar und steuerpflichtig.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 17.11.2021 - II R 21/20; NWB Datenbank (RD)

 
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