Online-Nachricht - Donnerstag, 10.11.2022
Einkommensteuer | Kürzung des Werbungskostenabzugs bei steuerfreien Leistungen aus einem Stipendium (BFH)
Werbungskosten setzen eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Eine endgültige Belastung verlangt der Werbungskostenbegriff hingegen nicht. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen. Leistungen aus einem Stipendium führen zu Arbeitslohn, wenn das Stipendium dem Ersatz von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen dient (BFH, Urteil v. 29.9.2022 - VI R 34/20; veröffentlicht am 10.11.2022).
Sachverhalt: Die Klägerin war nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Zweiten juristischen Staatsprüfung bis Mai 2013 am … tätig. Vom xx.xx.2013 bis zum xx.xx.2014 absolvierte sie in den USA ein Masterstudium (LL.M.). Seit August 2014 ist die Klägerin als Rechtsanwältin tätig.
Für das Masterstudium erhielt die Klägerin ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes e.V. (DAAD). Das Stipendium umfasste einen Betrag von 9.000 €, der in neun monatlichen Raten von jeweils 1.000 € zahlbar war, einen Reisekostenzuschuss von 1.075 €, die Übernahme der Studiengebühren bis zu einer Höhe von 18.000 € nach Vorlage der Originalrechnung sowie eine Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung. Bestandteile der Zusage waren die "Allgemeine[n] Bedingungen für deutsche Stipendiatinnen und Stipendiaten des DAAD" Stand 05/2013 (AB DAAD) und die "Besonderen Bedingungen".
In ihren Einkommensteuererklärungen und in den Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Streitjahre 2013 und 2014 machte die Klägerin Aufwendungen für das Masterstudium als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen als (vorweggenommene) Werbungskosten an, zog hiervon jedoch die Stipendienleistungen des DAAD ab.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (FG der ersten Instanz: FG München, Urteil v. 16.6.2020 - 5 K 1936/19):
- Die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium in den USA sind dem Grunde nach als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) abziehbar.
- Allerdings führt die Erstattung von Werbungskosten zu steuerbaren Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen zuvor als Werbungskosten abgezogen wurden.
- Im Zeitpunkt der Erstattung wird damit im Ergebnis der Werbungskostenabzug rückgängig gemacht. Dies gilt auch für die von der Klägerin vom DAAD bezogen Stipendienleistungen, da diese eine hinreichend innere Verknüpfung mit der angestrebten zukünftigen Berufstätigkeit aufwiesen und damit der Aufwand abgegolten wurde, den die Klägerin zu Recht als Werbungskosten gelten gemacht hatte.
- Da das Stipendium des DAAD nach § 3 Nr. 44 EStG jedoch steuerfrei war, schied eine Kompensation des Werbungskostenabzugs durch eine Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus.
- In diesem Fall durften die Werbungskosten gemäß § 3c Abs. 1 EStG, soweit dafür das Stipendium gewährt worden ist, von vornherein nicht abgezogen werden.
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 10.11.2022 zu BFH, Urteil v. 29.9.2022 - VI R 34/20; NWB Datenbank (il)
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