Online-Nachricht - Donnerstag, 30.03.2023

Umsatzsteuer | Besteuerung der Wärmeabgabe aus einer Biogas-Anlage (BFH)

Der BFH hat dem EuGH u.a. die Frage zur Vorab­ent­schei­dung vorgelegt, ob es sich um die "Entnahme eines Gegen­stands durch einen Steuer­pflich­tigen aus seinem Unter­nehmen ... als unent­geltliche Zuwendung" i.S. von Art. 16 MwStSystRL handelt, wenn ein Steuer­pflich­tiger Wärme aus seinem Unter­nehmen unent­geltlich an einen anderen Steuer­pflichtigen für dessen wirt­schaft­liche Tätigkeit abgibt (hier: Zuwendung von Wärme aus dem Block­heizkraft­werk eines Strom­lieferanten an ein land­wirtschaftliches Unter­nehmen zum Beheizen von Spargelfeldern) und ob es hierfür darauf ankommt, ob der steuerpflichtige Empfänger die Wärme für Zwecke verwendet, die ihn zum Vorsteuer­abzug berechtigen (BFH, Beschluss v. 22.11.2022 - XI R 17/20; veröffentlicht am 30.3.2023).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage. Der erzeugte Strom wird überwiegend ins Netz eingespeist und vom Strom­netz­betreiber vergütet. Die ebenfalls erzeugte Wärme dient zu einem Teil dem Produktions­prozess. Überschüssige Wärme überließ die Klägerin „kostenlos“ dem Unternehmer A zur Trocknung von Holz und der B-GbR (B) zur Beheizung ihrer Spargelfelder. In den Verträgen mit A und B ist geregelt, dass die Höhe der Vergütung je nach wirtschaftlicher Lage des Wärme­abnehmers individuell vereinbart und in den Verträgen nicht festgelegt werde.

Im Streitjahr 2008 erhielt die Klägerin für ihre Stromlieferung von ihrem Stromnetzbetreiber neben der Mindest­vergütung nach § 8 Abs. 1 EEG einen Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 3 EEG (sog. KWK-Bonus). Auch dieser Bonus wurde entsprechend der Umsatz­steuer­erklärung der Klägerin vom FA in die Bemessungs­grundlage der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen.

Da die Klägerin den Wärmeabnehmern A und B kein Entgelt in Rechnung stellte, ging das FA von einer unentgeltlichen Zuwendung der Klägerin i.S. des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG aus und berechnete die Wertabgaben nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte im ersten Rechtsgang Erfolg. Das FG behandelte die Wärmeabgaben wegen eines Zusammen­hangs mit dem KWK-Bonus als entgeltliche Leistung von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG. Der BFH dagegen hob das FG-Urteil auf und wies die Sache zur Ermittlung der Höhe der unent­geltlichen Wertabgabe an das FG zurück (BFH, Urteil v. 31.5.2017 - XI R 2/14, s. hierzu Vanheiden, USt direkt digital 17/2017 S. 4 sowie unsere Online-Nachricht v. 16.8.2017).

Im zweiten Rechtsgang wendete sich die Klägerin u.a. im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage für die Wärmelieferungen gegen die Berechnung des FA, das diese Wertabgabe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten ermittelte. Das FG gab der Klage im zweiten Rechtsgang teilweise statt. Es reduzierte die festgesetzte Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer für die unentgeltlichen Wertabgaben bemesse sich gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten, die nach der sog. Marktwertmethode zu berechnen seien. Es sei auf die Marktwerte für Strom und Wärme am konkreten Ort der Klägerin abzustellen (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 18.12.2019).

Auf die Revision des FA haben die Richter des BFH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  • Handelt es sich um die "Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen ... als unent­geltliche Zuwendung" i.S. von Art. 16 MwStSystRL, wenn ein Steuerpflichtiger Wärme aus seinem Unternehmen unent­geltlich an einen anderen Steuerpflichtigen für dessen wirtschaftliche Tätigkeit abgibt (hier: Zuwendung von Wärme aus dem Blockheiz­kraftwerk eines Strom­lieferanten an ein landwirt­schaftliches Unternehmen zum Beheizen von Spargelfeldern)? Kommt es hierfür darauf an, ob der steuer­pflichtige Empfänger die Wärme für Zwecke verwendet, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen?
  • Schränkt der Tatbestand der Entnahme (Art. 16 MwStSystRL) den Selbstkostenpreis i.S. des Art. 74 MwStSystRL in der Weise ein, dass bei seiner Berechnung nur vorsteuer­belastete Kosten einzubeziehen sind?
  • Gehören zum Selbstkostenpreis nur die unmittel­baren Herstellungs- oder Erzeugungs­kosten oder auch nur mittelbar zurechenbare Kosten wie z.B. Finanzierungs­aufwendungen?

 
Quelle: BFH, Beschluss v. 22.11.2022 - XI R 17/20; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im XI. Senat des BFH Prof. Dr. Alois Nacke gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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