Online-Nachricht - Donnerstag, 04.05.2023

Erbschaftsteuer | Erbfallkostenpauschale für den Nacherben (BFH)

Neben dem Vorerben kann auch der Nacherbe den Pauschbetrag für Erbfall­kosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Anspruch nehmen. Der Abzug des Pausch­betrags setzt nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind (Änderung der Rechtsprechung) (BFH, Urteil v. 1.2.2023 - II R 3/20; veröffentlicht am 4.5.2023).

Sachverhalt: Im Januar 2013 verstarb die Tante der Klägerin. Als Vorerbe war deren Ehemann, als Nacherbin die Klägerin berufen. Im Mai 2013 verstarb auch der Ehemann der Tante. Zu dessen Erbin war ebenfalls die Klägerin berufen, die dieses Erbe jedoch ausschlug. Der Klägerin entstanden aufgrund der Nacherb­schaft Kosten in Höhe von 40 € beim Nachlass­gericht. Der Vorerbe hatte keine Kosten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG geltend gemacht. Aufgrund des ihm zukommenden Freibetrags für Ehegatten erfolgte keine Festsetzung der Erbschaftsteuer.

Das FA setzte die Erbschaftsteuer für die Nacherbschaft gegenüber der Klägerin ohne Berück­sichtigung von Nachlass­verbindlich­keiten auf 3.960 € fest. Den Einspruch dagegen wies das FA zurück.

Im Klageverfahren machte die Klägerin den Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG geltend. Das FG gab der Klage statt (FG Münster, Urteil v. 24.10.2019 - 3 K 3549/17 Erb).

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:

  • Sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe verwirklichen den Besteuerungs­tatbestand gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG für einen Erwerb von Todes wegen.
  • Beim Erwerb des Nacherben schließt die Ermittlung der Nachlass­verbindlich­keiten auch den Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG ein.
  • Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG wird für die in § 10 Abs. 5 Satz 1 ErbStG genannten Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 € ohne Nachweis abgezogen. Der Betrag ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren, namentlich für mehrere Miterben nur einmal (vgl. BFH, Beschluss v. 24.2.2010 - II R 31/08, m.w.N.). Die Abfolge von Vor- und Nacherbfall stellt jedoch erbschaft­steuer­rechtlich nicht einen Erbfall mit mehreren Erben dar. Vielmehr sind die beiden Vorgänge als zwei getrennte Erbfälle zu behandeln. Es entspricht dieser Systematik, im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung zweimal den Pauschbetrag anzusetzen.
  • Der Umstand, dass bei Vor- und Nacherbschaft bezogen auf den ursprüng­lichen Erblasser nur ein Todesfall zu verzeichnen ist, verlangt nicht nach einer teleologischen Reduktion der Vorschrift.
  • Der Abzug des Pauschbetrags setzt nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind, die der Pauschbetrag erfasst. Das Gesetz geht zutreffend davon aus, dass mit dem Erbanfall typischerweise entsprechende Kosten entstehen. Der Abzug der Pauschale ist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich ohne Nachweis möglich. Ein Nachweis darüber, dass Kosten dem Grunde nach entstanden sind, würde dem Verein­fachungs­zweck entgegenstehen.
  • Das Urteil des FG entspricht diesen Maßstäben. Die Klägerin ist in ihrer Eigenschaft als zivilrechtliche Nacherbin nach ihrer Tante erbschaft­steuer­rechtlich als Erbin nach deren Ehemann zu behandeln. Auf die Frage, ob sie diesen auch zivilrechtlich unmittelbar beerbt hat, kommt es nicht an. Bei der Ermittlung des steuer­pflichtigen Erwerbs für die Nacherb­schaft ist der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG zu berücksichtigen.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 1.2.2023 - II R 3/20; NWB Datenbank (RD)

 
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