Online-Nachricht - Donnerstag, 11.05.2023

Gewerbesteuer | Keine Hinzu­rechnung von Leistungen im Rahmen eines Sponsoring­vertrags (BFH)

Unter den Begriff der Mietzinsen und Pachtzinsen i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG fallen nur Leistungen aufgrund solcher Verträge, die ihrem wesent­lichen Gehalt nach Miet- oder Pacht­verträge sind. Enthält der Vertrag neben der entgeltlichen Gebrauchs­überlassung wesent­liche nicht trennbare miet- oder pacht­fremde Elemente, die ihn einem anderen Vertragstyp zuordnen oder zu einer Einordnung als Vertrag eigener Art führen, scheidet eine gewerbe­steuer­recht­liche Hinzu­rechnung der Entgelte insgesamt aus (BFH, Urteil v. 23.3.2023 - III R 5/22; veröffent­licht am 11.5.2023).

Hintergrund: Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG in der für den Erhebungs­zeitraum 2015 geltenden Fassung werden zur Ermittlung des Gewerbe­ertrags (§ 7 GewStG) dem Gewinn aus Gewerbe­betrieb hinzu­gerechnet ein Viertel der Summe aus einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlage­vermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, und aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbe­weglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG 100.000 € übersteigt.

Sachverhalt: Die Klägerin betreibt einen Großhandel. Sie ist Hauptsponsor des Sportvereins A. Im Streitjahr 2015 wendete sie den Betrag X auf. Im Gegenzug durfte sie aufgrund der Sponsoring­verträge für die Saison 2014/2015 und 2015/2016 u.a. das Logo des A zu Werbezwecken nutzen. Darüber hinaus wurden ihr die Werbung auf Trikots und sonstiger Bekleidung sowie Bandenwerbung (zunächst analog, dann auf einer Bande mit licht­emittierenden Dioden (LED) in Rotation mit anderen Werbesequenzen sowie zusätzlich auf LED-Präsentations­leinwänden) eingeräumt. Zudem stand der Klägerin ab der Saison 2015/2016 eine Bodenwerbefläche zur Verfügung. Die für die Werbe­maßnahmen anfallenden Design- und Produktionskosten trug die Klägerin.

Das FA ordnete die geschätzten Aufwendungen für Banden­werbung (einschließlich Werbung auf LED-Präsentations­leinwänden und Bodenwerbe­flächen) und Trikotwerbung (und anderer Bekleidung) der Hinzu­rechnungs­vorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG (Miete für bewegliche Wirtschaftsgüter) sowie Aufwendungen für Bildmaterial (Überlassung des Vereinslogos zu Werbezwecken) der Hinzu­rechnungs­vorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (zeitlich befristete Überlassung von Rechten) zu. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil v. 11.11.2021 - 10 K 29/20).

Die Richter des BFH dagegen hoben das Urteil auf und entschieden in der Sache selbst:

  • Gegenstand der Hinzurechnung sind Miet- und Pachtzinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts (vgl. §§ 535 ff., 581 ff. BGB). Der Nutzungsvertrag muss daher seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts sein (vgl. u.a. BFH, Urteil v. 14.2.1973 - I R 85/71, BStBl II 1973, 412).
  • Bei den hier vorliegenden Sponsoringverträgen handelt es sich um im BGB nicht speziell geregelte atypische Schuld­verträge, bei denen die einzelnen Leistungs­pflichten derart miteinander verknüpft sind, dass sie sich rechtlich und wirtschaftlich nicht trennen lassen. Aus diesem Grund können die Sponsoring­verträge nicht in einzelne Bestandteile zerlegt und auch keine auf Elemente der Nutzungs­überlassung entfallenden Teile des Gesamtentgelts (im Schätzungswege) ermittelt werden.
  • Daher scheidet auch eine nur teilweise Zuordnung der Pflichten zum Typus eines Miet- oder Pachtvertrags und eine darauf basierende Hinzurechnung von Miet- oder Pachtzinsen aus.
  • Die hier vorliegenden Sponsoringverträge sind Verträge eigener Art (sui generis) mit nicht trennbaren Leistungs­pflichten. Der Vertrag enthält wesentliche Vertragsbestandteile, die nicht unter die Hauptleistungspflichten eines Miet- und/oder Pachtverhält­nisses passen und sich auch nicht lediglich als Neben­leistungen zu einem Miet /Pachtvertrag darstellen.
  • Die von der Klägerin erbrachte Pauschalvergütung stand im Zusammenhang mit von der A erbrachten wesentlich miet- und pacht­fremden Leistungen, wie beispiels­weise Werbung, Firmenlogo, Netzwerk, Wirtschafts-Club, Public Relations-Aktionen, bildlicher Hinweis auf Spielankündigungen etc. Diese Leistungen enthalten werk- und dienst­vertragliche Elemente (vgl. §§ 611 ff., 631 ff. BGB), teilweise mit Geschäfts­besorgungs­charakter (vgl. §§ 675 ff. BGB).
  • Bei diesen Vertragsbestandteilen stellte die A der Klägerin nicht nur Gegenstände oder Rechte zur Verfügung. Vielmehr übernahm sie erfolgs- oder tätigkeitsbezogene Leistungspflichten, die auf die aktive Herbeiführung einer Werbewirkung zugunsten der Klägerin gerichtet waren. Die A ist bezüglich dieser Werbeträger laut Vertrag in erster Linie zur Erbringung einer Werbe-/Kommuni­kations­leistung verpflichtet, die als charakteristische Leistung den Sponsoring­vertrag prägt (Staudinger/Schaub (2018) Vorbem. zu § 581 Rz 96).
  • Darüber hinaus stellen aber auch die übrigen - und hier streitigen - vom FA hinzu­gerechneten Entgelte keine Miet- oder Pachtzinsen i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG dar.
  • Bei den (geschätzten) Entgelten für die Zurverfügungstellung von digitalen Werbeflächen und bewegten Bildern auf Leinwänden und LED-Banden handelt es sich nicht um Miet- oder Pachtzinsen, selbst wenn man die Zurverfügungstellung der Bande isoliert betrachten würde. Die A hatte sich verpflichtet, die von der Klägerin überlassene Werbesequenz an verschiedenen Stellen der LED-Bande in bestimmten Formaten während der Spiele in Rotation mit anderen Werbesequenzen zu zeigen. Es stand nicht die Benutzung der digitalen Fläche, sondern eine von der A zu erbringende Werbeleistung im Vordergrund. Damit haben die Vertragsparteien ein bestimmtes Arbeitsergebnis vereinbart.
  • Da die A der Klägerin zudem die (digitalen) Werbeflächen nicht zum eigenen Gebrauch überlassen hat, kommt auch insoweit ein Mietvertrag nicht in Betracht (vgl. BGH-Urteil in NJW RR 2008, 1155).
  • Auch soweit das FG die (geschätzten) Aufwendungen für die Trikotwerbung als Mietzinsen eingestuft hat, ist dem nicht zu folgen. Zwar enthält die Überlassung von Werbeflächen auf eigener Bekleidung des Gesponserten auch ein mietvertragliches Element. Jedoch wurde der Klägerin nicht nur die Möglichkeit eröffnet, auf einer bestimmten angemieteten Fläche werbend tätig zu werden.
  • Der wirtschaftliche Wert wird nicht allein durch die Anbringung eines Werbeaufdrucks auf den Trikots geschaffen, sondern erst durch zusätzliche Tätig­keiten des Gesponserten. Dadurch, dass der Verein seine Spieler bei den Sportveranstaltungen mit den beflockten Trikots auftreten lässt, erbringt er eine Werbeleistung (Werkvertrag, ggf. Geschäfts­besorgung) im weitesten Sinn (vgl. BFH-Urteil v. 9.12.1981 I R 215/78, BStBl II 1983, 27, juris, Rz 13). Sofern der Sponsor das Entgelt nicht nur für die Überlassung der Werbefläche - hier das Trikot zahlt, sondern auch dafür, dass der Gesponserte selbst noch zur Nutzung der Werbefläche beitragen muss - wie hier, indem die Sportler die Trikots während der Sport­veranstal­tung tragen - liegt kein reiner Pacht /Mietvertrag vor.
  • Vielmehr handelt es sich um einen gemischten Vertrag, bei dem regelmäßig das werkvertragliche Element dominiert (Staudinger/Schaub (2018) Vorbem. zu § 581 Rz 81) und keine "separierbare Vermietungsleistung" vorliegt (Diffring/Anhalt, Finanz-Rundschau FR 2022, 515, 517).
  • Auch wenn die Aufwendungen für die analoge Bandenwerbung - isoliert betrachtet - als Miet- oder Pachtzinsen einzuordnen sein können (vgl. BGH-Urteile v. 19.12.2018 - XII ZR 14/18, Wohnungs­wirtschaft und Mietrecht 2019, 74; in WM 2018, 1284, und v. 19.6.1984 X ZR 93/83, NJW 1984, 2406; Schraut/Sillich, BB 2013, 217), ändert dies nichts daran, dass eine Aufteilung der Entgelte für gewerbe­steuer­rechtliche Zwecke bei dem hier vorliegenden Sponsoring­vertrag (Vertrag eigener Art) nicht in Betracht kommt.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 23.3.2023 - III R 5/22; NWB Datenbank (il)

 
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