Online-Nachricht - Donnerstag, 06.07.2023
Einkommensteuer/Verfahrensrecht | Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen (BFH)
Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen im Sinne von § 34b EStG sind unter den Voraussetzungen des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO als Teil der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen (BFH, Urteil v. 9.5.2023 - VI R 12/21; veröffentlicht am 6.7.2023).
Hintergrund: Abweichend von § 157 Abs. 2 AO werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist (§ 179 Abs. 1 AO). Gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, für Steuermessbescheide, für Steuerbescheide und für Steueranmeldungen (Folgebescheide) bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO werden gesondert festgestellt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist.
Sachverhalt: Der Kläger begehrt die Anwendung der besonderen Steuersätze des § 34b EStG für Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen): Im Streitjahr 2018 erzielte der Kläger u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem Forstbetrieb. Das für die gesonderte Feststellung dieser Einkünfte zuständige FA Y erließ diesbezüglich im Juli 2020 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2018 und stellte laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von rund 118.000 € fest.
Das Wohnsitz-FA des Klägers übernahm diese Besteuerungsgrundlagen in den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Die von ihm in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten besonderen Steuersätze für die Kalamitätsnutzung gemäß § 34b EStG seien nicht angewendet worden. Von den Einkünften aus Forstwirtschaft seien rund 112.000 € aus windbruchbedingten Notverkäufen entstanden. Davon unterlägen 73,31 % der Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes und 26,69 % dem Viertel-Steuersatz. Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil v. 12.5.2021 - 3 K 3169/20 E).
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
- Die Voraussetzungen für eine gesonderte Feststellung der Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft infolge des Auseinanderfallens der örtlichen Zuständigkeit für die gesonderte Gewinnfeststellung (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 AO - FA Y als Lage-FA) und für die Steuern vom Einkommen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 AO - FA als Wohnsitz-FA) liegen für das Streitjahr dem Grunde nach unstreitig vor.
- Über die Frage, ob und - falls ja - in welchem Umfang die von einem Steuerpflichtigen als Einzelunternehmer erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft als solche aus außerordentlichen Holznutzungen im Sinne des § 34b EStG angesehen werden können, muss im Verfahren der gesonderten Gewinnfeststellung (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO) entschieden werden.
- Da vorliegend das Lage-FA Y keine tarifbegünstigten Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen, sondern nur laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt hat, kommt eine Gewährung der Tarifermäßigung des § 34b Abs. 3 EStG durch das FA nach §§ 182 Abs. 1 Satz 1, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO nicht in Betracht.
Quelle: BFH, Urteil v. 9.5.2023 - VI R 12/21; NWB Datenbank (il)
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