Online-Nachricht - Donnerstag, 13.07.2023
Einkommensteuer | Sonderausgabenabzug für Kinderbetreuungskosten (BFH)
§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG verstößt jedenfalls dann nicht gegen die Steuerfreiheit des Existenzminimums und den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG), wenn die Betreuungsaufwendungen desjenigen Elternteils, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, durch den ihm gewährten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (§ 32 Abs. 6 EStG) abgedeckt werden (BFH, Urteil v. 11.5.2023 - III R 9/22; veröffentlicht am 13.7.2023).
Hintergrund: Abziehbare Sonderausgaben sind zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um den Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben. Nach Auffassung des Klägers ist das in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG normierte Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verfassungswidrig.
Seit dem Jahr 2018 lebte er von der Mutter des Kindes dauernd getrennt. Die Tochter besuchte im Streitjahr zunächst einen Kindergarten und nach ihrer Einschulung den Hort der Grundschule. Die Mutter überwies in diesem Jahr für den Besuch des Kindergartens insgesamt 250 € und für den Besuch des Schulhorts insgesamt 348 € an die jeweilige Einrichtung. Nach den Feststellungen des FG erstattete der "zivilrechtlich im Rahmen des Mehrbedarfs zur anteiligen Zahlung von Kindergartenbeiträgen und Hortgebühr verpflichtete Kläger" der Mutter jeweils den halben Monatsbeitrag.
Im Einkommensteuerbescheid versagte das FA dem Kläger den begehrten Sonderausgabenabzug für die Kinderbetreuungskosten. Zur Erläuterung führte es aus, die Tochter habe während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht zum Haushalt des Klägers gehört.
Die Revision des Klägers war unbegründet und wurde zurückgewiesen:
- Dem Sonderausgabenabzug des Klägers steht entgegen, dass die Tochter im Streitjahr allein zum Haushalt der Mutter und nicht auch zum Haushalt des Klägers gehörte. Der steuerliche Abzug für die konkreten vom Kläger getragenen Kosten der Betreuung der Tochter im Kindergarten und im Schulhort lässt sich auch nicht auf eine andere Vorschrift des EStG stützen.
- Dass ein Beteiligter des Klageverfahrens eine entscheidungserhebliche Norm für verfassungswidrig hält, begründet keine Vorlagepflicht des zur Entscheidung berufenen Gerichts, das von der Verfassungswidrigkeit nicht überzeugt ist. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG im Fall des Klägers ein Eltern- bzw. Familiengrundrecht (Art. 6 GG) oder den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt.
- Ein Verstoß des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG gegen Art. 6 Abs. 1 GG im Hinblick auf das Existenzminimum der Tochter, des Klägers oder seiner Familie ist im Streitfall schon wegen der in § 32 Abs. 6 EStG gewährten Freibeträge zu verneinen.
Quelle: BFH, Urteil v. 11.5.2023 - III R 9/22; NWB Datenbank (JT)
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