Online-Nachricht - Donnerstag, 20.07.2023
Einkommensteuer | Zinsschranke bei Entgelt für die zeitlich begrenzte Zurverfügungstellung von Fremdkapital (BFH)
Ein Entgelt, mit dem nicht die Möglichkeit zur Nutzung von Fremdkapital, sondern eine andere Leistung des Kreditgebers vergütet wird, ist keine Zinsaufwendung im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Eine "arrangement fee", mit der gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen einer Konsortialführerin vergütet werden und die sich nach der vertraglich vereinbarten (und nicht nach der tatsächlich in Anspruch genommenen) Darlehenssumme bemisst, unterfällt nicht der Abzugsbeschränkung des § 4h EStG (BFH, Beschluss v. 22.3.2023 - XI R 45/19; veröffentlicht am 20.7.2023).
Hintergrund: Zinsaufwendungen, die der Abzugsbeschränkung der sog. Zinsschranke gemäß § 4h EStG in Verbindung mit §§ 8a, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG unterliegen, sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben, § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG.
Sachverhalt: Streitig ist, ob eine sog. Arrangement Fee als Zinsaufwand im Sinne der Zinsschranke zu behandeln ist: Die Klägerin beauftragte eine Bank, einen Bankenkonsortialkredit für eine neue Fremdfinanzierung zu vermitteln sowie alle notwendigen Maßnahmen hierfür zu übernehmen. Die Bank brachte die Vermittlung erfolgreich zum Abschluss. Es wurde ein Konsortialkreditvertrag zwischen der Klägerin und einem Bankenkonsortium abgeschlossen. Die vermittelnde Bank wurde zum Konsortialkreditführer und beteiligte sich z.T. an dem Gesamtdarlehensbetrag. Für den erfolgreichen Abschluss des Kreditgeschäfts stand der Bank eine Arrangement Fee zu. Die Arrangement Fee orientierte sich der Höhe nach prozentual an dem maximalen Zielvolumen der Fremdfinanzierung und war mit Abschluss des Kreditvertrags in voller Höhe fällig. Die Laufzeit oder eine etwaige vorzeitige Beendigung des Kreditvertrags war nicht Kalkulationsgrundlage. Zusätzlich stand dem Konsortialkreditführer eine sog. Security Agency Fee zu. Diese Fee entstand jährlich und orientierte sich im Unterschied zur Arrangement Fee am tatsächlichen Finanzierungsvolumen und der Laufzeit des Darlehensvertrags. Die Security Agency Fee fiel erheblich geringer aus als die Arrangement Fee.
Abweichend von den Steuererklärungen und den bisherigen Steuerfestsetzungen behandelte das FA nach einer Betriebsprüfung sowohl die Arrangement Fee als auch die Security Agency Fee als Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke nach § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in Bezug auf die Arrangement Fee Erfolg (s. hierzu FG Münster, Urteil v. 12.4.2019 - 10 K 2859/15 K, ausführlich hierzu Schallock/Liermann, NWB 50/2019 S. 3701).
Die Richter des BFH wiesen die Revision des FA zurück:
- Für die Einstufung einer Vergütung als Zinsaufwendung kommt es darauf an, dass sich das Entgelt bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit darstellt. Die Bezeichnung des Entgelts, zum Beispiel als Zins oder Gebühr, ist nicht maßgeblich (vgl. R 8.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR).
- Entgelte, die für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, stellen keine Zinsaufwendungen dar (BFH, Urteil v. 7.10.2021 - III R 15/18, BFHE 274, 567, BStBl II 2022, 625, Rz 27). Solche speziellen Entgelte werden nicht, wie vom Gesetz gefordert, "für" die Zurverfügungstellung des Fremdkapitals, sondern aus anderem Rechtsgrund gezahlt.
- Nach diesen Maßstäben ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die "arrangement fee" keine Zinsaufwendung im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG darstellt.
- Es hat die "arrangement fee" dahingehend gewürdigt, dass mit ihr gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen der Bank als Konsortialführerin vergütet wurden.
- In diese Würdigung hat das FG die rechtlich maßgeblichen Gesichtspunkte einbezogen, wie z.B. die fehlende Bemessung an der Höhe des zur Nutzung überlassenen Fremdkapitals, die fehlende Laufzeitabhängigkeit und die Art der von der Bank erbrachten Leistungen.
- An diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung der Vorinstanz ist der Senat gebunden.
Quelle: BFH, Beschluss v. 22.3.2023 - XI R 45/19; NWN Datenbank (il)
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