Online-Nachricht - Donnerstag, 17.08.2023
Investmentsteuerrecht | Freie Verwendungsentscheidung eines Investmentfonds vor der Einführung von § 3a InvStG 2004 (BFH)
Ausschüttbare Erträge eines Investmentvermögens aus den in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmearten, die nach dem Ausschüttungsbeschluss für eine Ausschüttung nicht verwendet werden, können vor Einführung von § 3a InvStG 2004 i.d.F. des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes nicht zur Vermeidung einer Substanzausschüttung als ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge behandelt werden (entgegen BMF-Schreiben v. 18.8.2009 - IV C 1 -S 1980 1/08/10019, BStBl I 2009, 931, Rz 16: BFH, Urteil v. 23.5.2023 - VIII R 3/19; veröffentlicht am 17.8.2023).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Höhe der gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b des Investmentsteuergesetzes 2004 in der für das Streitjahr 2007 anzuwendenden Fassung (InvStG 2004) gesondert und einheitlich festzustellenden ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge. Insbesondere ist streitig, ob die aufgrund der vom Investmentrecht abweichenden investmentsteuerrechtlichen Regelungen entstehende Differenz, welche zu einer investmentrechtlichen Mehrausschüttung führt, als nicht steuerbare Substanzausschüttung zu qualifizieren ist und ob es einer Investmentgesellschaft bei Fassung des Ausschüttungsbeschlusses freisteht, welche Bestandteile ihrer verfügbaren Mittel sie an die Anleger ausschüttet (Vorinstanz: Hessisches FG, Urteil v. 11.12.2018 - 4 K 867/18).
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
- Ausschüttbare Erträge eines Investmentvermögens aus den in § 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 genannten Einnahmearten, die nach dem Ausschüttungsbeschluss für eine Ausschüttung nicht verwendet werden, können vor Einführung von § 3a InvStG 2004 i.d.F. des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes nicht zur Vermeidung einer Substanzausschüttung als ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge behandelt werden (entgegen BMF, Schreiben v. 18.8.2009 - IV C 1 -S 1980 1/08/10019, BStBl I 2009, 931, Rz 16).
- Über die "Verwendung" bestimmter Beträge für die Ausschüttung ist investmentrechtlich und investmentsteuerlich gemäß § 12 InvStG 2004 durch einen vom Investmentvermögen (vertreten durch die Kapitalanlagegesellschaft) zu fassenden Ausschüttungsbeschluss zu entscheiden.
- Für den Fall, dass sich aufgrund der Verwendungsentscheidung des Fonds in der Ertragsermittlung nach § 3 Abs. 1 bis Abs. 4 InvStG 2004 ein Differenzbetrag zwischen einem höheren Ausschüttungsbetrag und niedrigeren ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen ergibt, hat der Gesetzgeber für die im Streitjahr geltende Fassung des Investmentsteuergesetzes 2004 das Entstehen von Substanzausschüttungen hingenommen.
- Er hat solche Differenzbeträge auf der Fondsebene durch die Ausgestaltung der Regelungen in § 12 InvStG 2004 und § 3 Abs. 1 bis Abs. 4 InvStG 2004 ermöglicht und zugleich keine gesetzliche Korrekturvorschrift vorgesehen, die es zur Vermeidung von Substanzausschüttungen gestatten würde, thesaurierte ausschüttbare Beträge als zusätzliche ausgeschüttete Erträge zu behandeln und entsprechend gesondert und einheitlich festzustellen.
Quelle: BFH, Urteil v. 23.5.2023 - VIII R 3/19; NWB Datenbank (il)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VIII. Senat des BFH Dr. Christian Levedag gelangen Sie hier (Login erforderlich).