Online-Nachricht - Donnerstag, 28.09.2023

Erbschaftsteuer | Steuern auf die durch Erben rück­wirkend erklärte Aufgabe eines land- und forst­wirt­schaft­lichen Betriebes (BFH)

Die Einkommen­steuer und die damit in Zusammen­hang stehenden Neben­steuern (Solidaritäts­zuschlag und Kirchen­steuer), welche aufgrund einer durch die Erben nach § 16 Abs. 3b Satz 2 und § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG rückwirkend erklärten Betriebs­aufgabe eines land- und forst­wirt­schaf­tlichen Betriebes entstehen, können nicht als Nachlass­verbind­lich­keiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Abzug gebracht werden (BFH, Urteil v. 10.5.2023 - II R 3/21; veröffent­licht am 28.9.2023).

Hintergrund: Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind als Nachlass­verbind­lich­keiten abzugsfähig die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbe­betrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, LuF-Betrieb oder Anteil an einem LuF-Betrieb in wirtschaftlichem Zusammen­hang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind.

Sachverhalt: Die Kläger sind zu gleichen Teilen Miterben des im Jahr 2016 verstorbenen E. E war Inhaber eines verpachteten land- und forst­wirtschaft­lichen (LuF-)Betriebes.

Die Erben erklärten nach dem Tod des E die Aufgabe des LuF-Betriebes auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des E unter Inanspruch­nahme der Rückwirkung von maximal drei Monaten nach § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG i.d.F. des Steuer­verein­fachungs­gesetzes 2011. Hierdurch entstand ertragsteuerrechtlich ein Aufgabegewinn gemäß § 16 Abs. 3 EStG i.V.m. § 14 Satz 2 EStG. Das für die Festsetzung der Einkommensteuer des E zuständige Finanzamt setzte mit Bescheid vom 30.8.2018 Einkommen­steuer sowie Solidaritäts­zuschlag und Kirchensteuer für den VZ 2016 unter Einbeziehung dieses Aufgabe­gewinns fest.

Das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt ließ die auf den Aufgabegewinn im VZ 2016 entfallende Einkommensteuer samt anteiligen Solidaritäts­zuschlag und Kirchensteuer entgegen des Antrags der Kläger nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zum Abzug vom Erwerb der Erbschaft zu. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: FG München, Urteil v. 16.9.2020 - 4 K 2701/19).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlass­verbindlich­keiten ist, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamt­rechts­nachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb "für den Erblasser" als Steuer­pflichtigen eine Steuer entsteht.
  • Erklären die Erben nach § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG einkommen­steuer­rechtlich rückwirkend die Aufgabe des LuF-Betriebes auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des Erblassers, können sie die Einkommensteuer, die auf den Aufgabegewinn im Sinne des § 16 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht und die damit in Zusammen­hang stehenden Neben­steuern (Solidaritäts­zuschlag und Kirchensteuer) nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Abzug bringen (gl.A. Konrad in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8. Aufl., § 10 Rz 136; a.A. Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rz 140a).
  • Zwar handelt es sich bei der gemäß § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des VZ entstandenen Einkommen­steuer um diejenige des Erblassers für sein Todesjahr. Jedoch entstand der Aufgabegewinn in Bezug auf den LuF-Betrieb nach § 16 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG erst durch die Aufgabeerklärung der Erben.
  • Der Erblasser selbst hatte vor seinem Tod keine Aufgabeerklärung im Sinne des § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG abgegeben, sodass im Zeitpunkt seines Todes ein LuF-Betrieb auf die Erben überging. Folglich setzte erst die Aufgabe­erklärung der Erben die entscheidende Ursache für die rückwirkende Aufgabe des LuF-Betriebes und die hierdurch entstandene Einkommen­steuer zuzüglich der Nebensteuern (Solidaritäts­zuschlag und Kirchensteuer).
  • Da die durch die Aufgabeerklärung der Erben begründeten Steuern nicht vom Erblasser herrühren, ist nicht entschei­dungs­erheblich, dass zum Todeszeitpunkt auch keine wirtschaftliche Belastung des Erblassers vorlag.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 10.5.2023 - II R 3/21; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im II. Senat des BFH Prof. Dr. Matthias Loose gelangen Sie hier (Login erforderlich).

Cookies erforderlich

Um fortfahren zu können, müssen Sie die dafür zwingend erforderlichen Cookies zulassen. Diese gewährleisten den vollen Funktionsumfang unserer Seite, ermöglichen die Personalisierung von Inhalten und können für die Ausspielung von Werbung oder zu Analysezwecken genutzt werden. Lesen Sie auch unsere Datenschutzerklärung.