Online-Nachricht - Donnerstag, 05.10.2023

Grunderwerbsteuer | Rückgängig­machung eines Erwerbs­vorgangs (BFH)

§ 16 Abs. 5 GrEStG steht einer Aufhebung der Grund­erwerb­steuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht entgegen, wenn der Notar den Erwerbs­vorgang zwar nicht inner­halb der für ihn geltenden Frist des § 18 GrEStG anzeigt, seine Anzeige bei dem zuständigen Finanz­amt aber noch inner­halb der für den Steuerschuldner geltenden Frist des § 19 GrEStG eingeht (BFH, Urteil v. 21.6.2023 - II R 2/21; veröffent­licht am 5.10.2023).

Hintergrund: Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausge­gangenen Erwerbs­vorgang die Steuer nicht festgesetzt oder eine bereits erfolgte Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausge­gangenen Erwerbs­vorgang stattfindet. § 16 Abs. 5 GrEStG schließt den Anspruch auf Aufhebung der Steuerfest­setzung aus, wenn ein Erwerbs­vorgang im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, aber nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18, 19 GrEStG) wurde.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Steuerfest­setzung gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Nach Auffassung des FA und des FG der ersten Instanz stand der Aufhebung der Grunderwerb­steuer­festsetzung die Frist des § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen. Weder die Klägerin noch der beurkundende Notar hätten den Erwerbsvorgang der Grund­erwerb­steuerstelle des FA gemäß §§ 18, 19 GrEStG fristgerecht angezeigt.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Anzeigepflichten für den Notar nach § 18 GrEStG und für den Steuerschuldner nach § 19 GrEStG bestehen grundsätzlich selbständig nebeneinander. Die Wirkungen der Anzeigen können jedoch bei der Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG unter bestimmten Voraussetzungen dem anderen Anzeige­pflichtigen zugerechnet werden.
  • Die Anzeigepflichten gemäß §§ 18, 19 GrEStG sind innerhalb von zwei Wochen zu erfüllen, knüpfen jedoch für die verschiedenen Anzeige­pflichtigen an verschiedene Ereignisse an und können deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen.
  • Der BFH hat bereits entschieden, dass es für § 16 Abs. 5 GrEStG ausreicht, wenn einer von mehreren Anzeige­verpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungs­gemäß und fristgerecht nachkommt (vgl. BFH, Urteile v. 18.4.2012 - II R 51/11, BStBl II 2013, 830, Rz 24; vom 3.3.2015 - II R 30/13, BStBl II 2015, 777, Rz 23 und v. 22.5.2019 II R 24/16, BStBl II 2020, 157, Rz 19). Danach wirkt die Anzeige des Notars für Zwecke des § 16 Abs. 5 GrEStG auch für den Steuerschuldner. Zwar sind die Urteile zu § 16 Abs. 5 GrEStG a.F. ergangen. Jedoch ist auch die aktuelle Fassung des § 16 Abs. 5 GrEStG weiterhin passivisch formuliert. Es genügt, dass der Erwerbs­vorgang angezeigt "war".
  • Ausgehend vom Wortlaut und Zweck des § 16 Abs. 5 GrEStG reicht es danach aus, dass der Erwerbs­vorgang innerhalb der für den Notar nach § 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG oder der für den Steuerschuldner nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GrEStG geltenden Anzeigefrist in allen Teilen vollständig angezeigt war und zwar unabhängig davon, von wem und für wen die Anzeige erfolgt ist.
  • Die Anzeige muss grundsätzlich an die Grunderwerb­steuer­stelle des zuständigen Finanzamts übermittelt werden. Ist dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob die Anzeige durch den Notar oder den Steuerschuldner erfolgt ist. Unerheblich ist auch, ob der Steuer­schuldner Kenntnis davon hatte, ob und wenn ja zu welchem Zeitpunkt der Notar seiner Anzeigepflicht nach der für ihn - den Notar - geltenden Frist nachgekommen ist.
  • Maßgeblich ist, dass dem zuständigen Finanzamt innerhalb einer der gesetzlichen Fristen der steuerbare Vorgang vollständig angezeigt wurde. Ist dies der Fall, ist der Normzweck des § 16 Abs. 5 GrEStG erfüllt. Die Vorschrift schließt die Anwendung des § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG dann nicht mehr aus.
  • Es reicht daher aus, wenn der Notar eine Anzeige erstattet, die zwar nach der gemäß § 18 Abs. 3 GrEStG für den Notar laufenden Frist verspätet ist, die dem zuständigen Finanzamt aber innerhalb der nach § 19 Abs. 3 GrEStG für den Steuerschuldner geltenden Frist zugeht.
  • In einem solchen Fall wird der Zweck des § 16 Abs. 5 GrEStG gewahrt, nämlich auf Grundlage einer entsprechenden Anzeige dem Finanzamt die ordnungs­gemäße Prüfung des Steuerfalls zu ermöglichen. Dies gilt auch dann, wenn die Verwirklichung des Erwerbstat­bestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG von der Genehmigung einer Vertragspartei abhängt und diese für die Berechnung der in § 19 GrEStG benannten Fristen für die Anzeigepflicht eines Beteiligten maßgebend ist.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 21.6.2023 - II R 2/21; NWB Datenbank (il)

 
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